Brasilianisches Exportmodell Bioökonomie – Top oder Flop?

Workshop beim Weltsozialforum organisiert von Rosa-Luxemburg-Stiftung, Heinrich-Böll-Stiftung, Brot für die Welt, FDCL und KoBra.
  • Wann 15.03.2018 von 15:00 bis 17:00 (Europe/Berlin / UTC100)
  • Wo Salvador de Bahia, Brasilien
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Mit dem Slogan „Agro é tech, é pop, é tudo“ (Landwirtschaft ist Technologie, ist Pop, Landwirtschaft ist alles) hat der Fernsehsender Globo in einem Werbespot getönt. Die Agrarexportbilanzen Brasiliens scheinen dieses Loblied zu bestätigen. 2017 war der Agrarsektor für 44,1% der gesamten brasilianischen Exporte verantwortlich. 96 Milliarden US$ wurden umgesetzt, wobei allein fast 60 Milliarden US$ von drei Sektoren erwirtschaftet wurden: Soja, Fleisch und Zucker (einschließlich Ethanol). Ein brasilianisches Erfolgsmodell, das man womöglich in die Welt tragen könnte? Es lohnt genauer hinzuschauen. Ist Brasiliens Agrobusiness wirklich ein Vorbild für eine „Bioökonomie“? Welchen Standards und Paradigmen folgt dieses Entwicklungsmodell? Ist es „grün“ oder gar „bio“, was in Europa ja häufig mit „gesund“ assoziiert wird?

Vieles in Brasilien ist auf eine Hochleistungsagrarproduktion ausgelegt. Die Landkonzentration der Flächeneinheiten, auf denen produziert wird, die Menge an Agrargiften, die zum Einsatz kommt (Brasilien ist hier Weltmeister), Arbeitsrechte in der Landwirtschaft, die mit Sklaverei verglichen werden können. Und schließlich die Macht der Politiker der sogenannten bancada ruralista, der Agrarlobby im Parlament, nicht zuletzt hat das südamerikanische Land mit Blairo Maggi derzeit einen Landwirtschaftsminister, der gleichzeitig Sojakönig Brasiliens ist.

Höher, schneller, weiter – oder in den Kategorien der Agrarindustrie: mehr Produktion, perfektere Ware und höhere Erträge durch mehr Gentechnik ergeben steigende Exportgewinne. Dass das nur die eine Seite der Medaille sein kann, ist klar.

Auf der anderen Seite stehen die Kämpfe für Nahrungsmittelsouveränität, für gentechnikfreies Essen, für sauberes Wasser und gesunde Böden. Für kleinbäuerliche Landwirtschaft im lokalen Kontext. Für einen nachhaltigen Umgang mit Natur und Mensch. Es geht um den Export von sogenannten Biokraftstoffen, die in Europa einen Beitrag zum Klimaschutz leisten sollen. Aber auch um die Einsicht, dass Natur nicht rücksichtslos zur Ware degradiert und zu Markte getragen werden darf. Und dass im Zeitalter der Globalisierung längst Verbraucher*innen in Europa durch ihren Konsum die Bedingungen im Süden mit verantworten.

In einem Workshop beim Weltsozialforum von Rosa-Luxemburg-Stiftung, Heinrich-Böll-Stiftung, Brot für die Welt, FDCL und KoBra diskutieren Wissenschaftler*innen und Aktivist*innen, welche neuen Entwicklungen sich in Sachen Bioökonomie abzeichnen. Mit dabei sind Camila Moreno, Naiara Bittencourt (terra de direitos), Thomas Fatheuer (FDCL und KoBra) und Stig Tanzmann (Brot für die Welt).

Das Forum findet am Dienstag, 15.3.2018 ab 13 Uhr in der UFBA, PAF 5, sala 5 statt.

Wer es nicht bis nach Salvador schafft und sich trotzdem für die Materie interessiert, kann entweder an der KoBra-Frühjahrstagung in Köln (17.-19.4.) zum Thema „Wahlen, Wut und Widerstand … und die neue Macht des Agrobusiness“ teilnehmen oder das aktuelle Brasilicum bei KoBra bestellen, das im März inhaltlich passend zur Tagung erscheint.