Tapajós-Staudamm: Ministerium rudert zurück

Das Ministerium für Bergbau und Energie hat am 16. Sept. die für Mitte Dezember anberaumte Lizenzversteigerung des Tapajós-Staudamms abgeblasen.
| von Christian Russau
Tapajós-Staudamm: Ministerium rudert zurück
Photo: Ruy Sposati (CC BY SA 2.0)

Dies teilte das Ministerium für Bergbau und Energie MME am Dienstag mit. Begründung: "Die Rücknahme des Erlasses [zur Ausschreibung der Lizenversteigerung, Anm.d.Red.] ist durch die Notwendigkeit der Anpassung der die Indigenen betreffenden Studien begründet, obschon die Technische und Wirtschaftliche Folgenabschätzungsstudie EVTE sowie die Umweltfolgenstudie EIA/RIMA durch das Baukonsortium innerhalb der vorgesehenen Termine abgeschlossen wurde".

Das brasilianische Ministerium für Bergbau und Energie hatte am Freitag vergangene Woche die Lizenzversteigerung für den Bau des umstrittenen Staudamms São Luiz do Tapajós für den 15. Dezember angekündigt. Das berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Agência Brasil. Selbst die konservative Tageszeitung Globo hatte in ihrem Bericht darauf verwiesen, dass der nun festgelegte Zeitraum für die Beurteilung des Staudammvorhabens durch die Bundesindigenenbehörde FUNAI denkbar kurz sei: die vom Gesetz her vorgeschriebene Frist, die der FUNAI zur Analyse des die Indigenen betreffenden Teils der Umweltverträglichkeitsprüfung zusteht, hätte demnach 90 Tage nach Eingang der Studie bei der Behörde gedauert. Das Dokument traf laut Zeitungsangaben am vergangenen Freitag Nachmittag in der Behörde ein.

Globo errechnete, dass zwischen Abgabe der Stellungnahme durch die FUNAI und der Lizenzversteigerung so der Öffentlichkeit ganze vier Tage verblieben wären, sich selbst ein Bild zu machen. Gravierender noch ist, dass eigentlich erst nach Erscheinen der FUNAI-Stellungnahme die gesetzlich vorgeschriebenen öffentlichen Anhörungen abgehalten werden müssten, damit die betroffene Bevölkerung angemessen konsultiert werde.

Bereits im vergangenen Jahr hatten hunderte von Munduruku gegen die Staudammpläne der Regierung protestiert und dabei die Bauarbeiten des derzeit bekanntesten Staudammprojekts in der Region, Belo Monte, durch mehrfache Bauplatzbesetzungen zwischenzeitlich lahmgelegt.

Im Juni 2013 hatte die brasilianische Bundesregierung noch erklärt, die für Tapajós vorbereitenden Studien auszusetzen, nachdem die Munduruku die von Brasília in ihr Gebiet entsandten Wissenschaftler kurzzeitig als "Invasoren" ihres Landes festgesetzt hatten. Wenige Tage nach dieser Zusage äußerte der Vorsitzende der staatlichen Energieforschungsagentur Maurício Tolmasquim, dass Tapajós 15 Prozent größer als geplant werde. Binnen Monatsfrist hatte Brasília zudem die Wissenschaftler wieder vor Ort entsandt, diesmal bewacht durch Militäreinheiten.

Am Montag hatten die Munduruku in einem Offenen Protestbrief der Regierung in Brasília wiederholten Wortbruch vorgeworfen.

Der Staudamm São Luiz do Tapajós ist mit acht Gigawatt nach Belo Monte mit elf Gigawatt der zweitgrößte der derzeit in Planung beziehungsweise in Bau befindlichen Staudämme in Brasilien. Beide Staudämme liegen im amazonischen Bundesstaat Pará. São Luiz do Tapajós soll jüngsten Schätzungen zufolge umgerechnet rund zehn Milliarden Euro kosten.

Bei der Lizenzversteigerung reichen alle interessierten Firmen oder Firmenkonsortien ihre Angebote vor. Das Konsortium mit dem später günstigsten Preis je Megawattstunde erhält den Zuschlag für die Lizenz. Europäische Umwelt- und Menschenrechtsgruppen haben europäische Konzerne in den vergangenen Monaten wiederholt gewarnt, sich an dieser Lizenzversteigerung oder später an den Baumaßnahmen, Zuliefertätigkeiten oder Versicherungen zu beteiligen und den entsprechenden Konzernen öffentlichkeitswirksame Gegenkampagnen angekündigt.