Indigene reichen Anklage Bolsonaros vor dem Internationalen Gerichtshof von Den Haag ein

Indigene Anwälte des Verbands indigener Völker APIB reichen am internationalen Tag der indigenen Völker ein umfangreiches Dokument beim Internationalen Gerichtshof von Den Haag ein. Sie werfen Präsident Bolsonaro und seiner Regierung Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Völkermord vor. Das Gericht der Vereinten Nationen prüft den Vorwurf.
| von Uta Grunert
Indigene reichen Anklage Bolsonaros vor dem Internationalen Gerichtshof von Den Haag ein
Quelle: Repam: Internationaler Tag der Indigenen Völker

Das Dossier von APIB bildet das indigenenfeindliche Handeln der Regierung Bolsonaro seit 2019 im Detail ab:

Die Ausweisung indigener Territorien wurde eingestellt, fehlende Bekämpfung illegaler Entwaldung oder sogar Ausweitung von Entwaldung, Bergbauaktivitäten und Goldgräberei auf indigenen Territorien bedrohen indigenes Leben. Da diese Tätigkeiten sich gegen indigene Völker richten und oft mit Gewalt und Mord verbunden sind, klagt die indigene Minderheit auf Völkermord.

Seit Regierungsantritt von Bolsonaro ist der Waldverlust in Amazonien um 70% angestiegen, wie Daten des Instituts für Fernerkundung Inpe belegen. Zum Vergleich wurde der Zeitraum 2009-2018 herangezogen. Zwischen August 2019 und Juli 2020 wurde mit 11.000 km² die größte Entwaldungsfläche seit 12 Jahren gemessen.

Morde wie der am indigenen Waldhüter Paulino Guajajara in der Terra Indígena Arariboia werden im jährlichen Bericht über Tötungen und Gewalt im Zusammenhang mit Landkonflikten der Landpastorale CPT festgehalten. Im Jahr 2020 wurden 18 führende Mitglieder der sozialen Bewegungen in Landkonflikten getötet, sieben davon gehören indigenen Völkern an.

KoBra hat gewalttätige Übergriffe gegen die Munduruku (Pará) und die vielfältigen Probleme des Eindringens von Goldgräbern in indigene Territorien im zurückliegenden Jahr dokumentiert. Die Yanomami (Roraima und Amazonas) wehren sich gegen 20.000 Eindringlinge in ihr Territorium (Malaria, Umweltgifte, Übergriffe, Waldzerstörung) Einschüchterungen und Morddrohungen von Seiten der Goldgräber sind die Regel.

Die Regierung Bolsonaro verschärft mit ihrer Politik und ihrem Diskurs die indigenenfeindliche Stimmung in Amazonien. Assimilierung wird gefordert, Politik und Gesetzgebung arbeiten hart gegen indigene Rechte, die bislang in der brasiliansichen Verfassung verbrieft sind. Die Gefahr, an eingeschleppten Krankheiten zu sterben oder umgebracht zu werden, ist ständig da.

Aktuell gibt es 305 indigene Völker in Brasilien. 114 leben in freiwilliger Isolation oder haben Kontakt minimiert. Über 270 indigene Sprachen werden gesprochen. Aktuell gibt es 1.300 Terras indígenas - 408 davon sind formell vom Staat als solche anerkannt.

Die Staatsanwaltschaft in Den Haag wird nun die Vorwürfe prüfen und entscheiden, ob sie für eine Anklage Bolsonaros reichen. Im anderen Fall wird das Gesuch archiviert. In jedem Fall dient der jurtische Schritt als Alarmsignal, der bis in brasilianische Gerichte eine Auswirkung haben kann.