Brasilien: Kampf für indigene Rechte und den Erhalt des amazonischen Regenwaldes Perspektiven und Sichtweisen sozialer Bewegungen vor den Wahlen

Gespräch mit: Alessandra Korap Munduruku (Aktivistin, Associação Indígena do Médio Tapajós – Parirí, Brasilien) Raione Lima (Aktivistin, Comissão Pastoral da Terra, Brasilien) Maria de Jesus dos Santos Gomes (Aktivistin, Movimento dos Sem Terra, Brasilien) Moderation: Andrea Dip (Journalistin, Agência Pública de Jornalismo Investigativo, Brasilien)
Brasilien: Kampf für indigene Rechte und den Erhalt des amazonischen Regenwaldes Perspektiven und Sichtweisen sozialer Bewegungen vor den Wahlen
  • Wann 06.09.2022 von 18:00 bis 20:00 (Europe/Berlin / UTC200)
  • Wo Brot für die Welt (Raum 0.K.06 Christian Berg), Caroline-Michaelis-Str.1, 10115 Berlin
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Präsidentschaftswahlen in Brasilien im Oktober

Im Oktober stehen in Brasilien richtungsentscheidende Präsidentschaftswahlen an. Derzeit liegt der ehemalige Präsident Luiz Inácio Lula da Silva von der Arbeiterpartei PT in Wahlumfragen vor dem amtierenden Präsidenten Jair Bolsonaro. Die Referentinnen werden einen Überblick zu den Sichtweisen der sozialen Bewegungen auf die Wahlen geben und ihre Perspektiven, Hoffnungen und Befürchtungen darlegen. Welche Chancen sehen sie mit einem möglichen Sieg Lula da Silvas für Amazonien und den Tapajós, für Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit, welche Perspektiven für die Agrarreform und agrarökologische Alternativen?

 

Bolsonaros Angriff auf Amazonien und Indigene und soziale Bewegungen

„Keinen Zentimeter Landes mehr an Indigene!“, hatte Brasiliens Präsident, Jair Bolsonaro, vor seiner Wahl 2018 gesagt. Bolsonaro hat die Institutionen zum Schutz der Indigenen gezielt geschwächt und plant die Freigabe ihrer Territorien für den Bergbau. Sein Diskurs verstärkt illegale Invasionen und Landnahme in indigene Territorien: Brandrodungen in Amazonien sind seit seinem Amtsantritt  auf neue Höchststände angestiegen. Holzfäller:innen und Goldsucher:innen dringen in geschützte Gebiete Indigener ein und plündern Ressourcen. Die Agrarindustrie macht sich immer mehr auch im angrenzenden Savannengebiet des Cerrados breit. Die Sprecher:innen der indigenen Gemeinschaften, wie auch andere Menschenrechtsverteidiger:innen, berichten über eine massive Zunahme an Drohungen und Gewalt bis hin zu Morden. Die Vergabe kollektiver Landtitel im Rahmen der Agrarreform ist unter Bolsonaro nahezu zum Stillstand gekommen.

 

Brennpunktregion Tapajós und der Widerstand der Munduruku

Die bedrohliche Situation betrifft auch das Siedlungsgebiet der Indigenen Munduruku am Tapajós-Fluss, das durch die für den Export bestimmte Soja-Produktion und den Bau von Wasserkraftwerken massiv bedroht ist. Zudem plant Brasília den Bau der Eisenbahnstrecke Ferrogrão zum Transport von Soja und mineralischen Rohstoffen an die Überseehäfen im Norden. Die Bahnlinie wird durch die Tapajós-Region und den Jamanxim-Nationalpark laufen. Der Goldabbau in der Region stieg von 2010 bis 2021 um 500 Prozent an. Das dafür verwendete Quecksilber verseucht die Flüsse und somit die Fische, die Hauptnahrungsmittel der Munduruku sind.

Die Munduruku setzen sich zur Wehr gegen zerstörerische Großprojekte wie Staudämme, Wasserstraßen, Eisenbahnlinien und Großbergbau und fordern den integralen Schutz ihrer Territorien. Bekannt sind sie auch für ein 2016 veröffentlichtes Dokument, in dem sie erklären, wie eine rechtlich korrekte Konsultation der Munduruku im Falle von Großprojekten jeder Art auszusehen habe, die auch die von Brasilien 2004 unterzeichnete ILO-Konvention 169 respektiere. Präsident Bolsonaro droht aktuell mit dem Ausstieg aus dieser Konvention.

 

Unsere Gäste

Alessandra Korap Munduruku ist die Präsidentin der „Associação Indígena do Médio Tapajós – Parirí“ und Vize-Präsidentin der FEPIPA, „Federação do Povos Indígenas do Pará“. Zum Aufgabenbereich von Raione Lima als Rechtsanwältin der kirchlichen Fachstelle für Landfragen CPT gehört die rechtliche Unterstützung des Volkes der Munduruku und der anderen Bewohner:innen des Tapajós. Die beiden werden vom Widerstand der Munduruku berichten. Maria de Jesus dos Santos Gomes von der Bewegung der Landlosen (Movimento dos Sem Terra, MST) aus Ceará berichtet vom Widerstand gegen das rohstoffbasierte Agrobusiness-Modell, das zur Zerstörung nicht nur des amazonischen Regenwaldes und zur Verschärfung von Land- und Umweltkonflikten direkt beiträgt.

 

Die Veranstaltung findet in Präsenz statt und wird simultan Deutsch <> Portugiesisch übersetzt . Die Teilnahme ist kostenlos. Eine Anmeldung ist nicht notwendig.

 

 

Veranstaltet von:

Initiative „Berlin aktiv im Klima-Bündnis“ in Kooperation den FreundInnen der brasilianischen Landlosenbewegung MST Deutschland und den Organisationen der Veranstaltungsreihe Berliner Brasiliendialoge // Diálogos Brasil-Berlim:
Die „Berliner Brasiliendialoge” sind eine Initiative des
Lateinamerika-Instituts der Freien Universität Berlin in Zusammenarbeit
mit: Heinrich-Böll-Stiftung (hbs), Friedrich-Ebert-Stiftung (FES),
Rosa-Luxemburg-Stiftung (RLS), Kooperation Brasilien e.V. (KoBra),
Lateinamerika-Forum Berlin (LAF), Merian Centre Conviviality-Inequality
in Latin America (Mecila), Misereor, Brot für die Welt, Brasilien
Initiative Berlin (BIB)
und dem Forschungs- und Dokumentationszentrum Chile-Lateinamerika (FDCL).