Stahlwerkstaub, heikle Partner, Waffen für Konfliktregionen: Thyssenkrupp muss umlenken!
 
	  
	• Thyssenkrupp-Stahlwerk in Brasilien bald ohne Genehmigung
• Konzern kommt seiner Sorgfaltspflicht als Zulieferer nicht nach
• Menschenrechtsprüfung bei Export von Rüstungsgütern: »Fehlanzeige«
Essen, 28.1.16 Zur  Thyssenkrupp-Hauptversammlung am Freitag fordert ein Bündnis von  Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen den Konzern zu einem  ernstzunehmenden Kurswechsel auf. Seit mehr als fünf Jahren betreibt  Thyssenkrupp (TK) im brasilianischen Rio de Janeiro das Stahlwerk  Thyssenkrupp Companhia Siderúrgica do Atlântico (TKCSA) mit einer  behelfsmäßigen Genehmigung. »Grundlage ist ein sogenannter TAC-Vertrag,  der bereits mehrmals verlängert wurde. Die vom Gesetzgeber definierte Maximalfrist von  48 Monaten endet somit am 16. April 2016«, sagt Christian Russau vom  Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre. Er hält eine  Verlängerung für unwahrscheinlich. Der letzte Fortschrittsbericht offenbart,  dass TKCSA eine ganze Reihe der 132 behördlichen Auflagen zur Behebung  des auf die Anwohner niederregnenden Stahlwerkstaubs noch »nicht  erfüllt« hat. »Thyssenkrupp hat kaum Chancen, in den verbleibenden knapp  60 Tagen das zu schaffen, was der Konzern in fünfeinhalb Jahren nicht  geschafft hat«, kommentiert Russau, der seit 2009 die Umweltschäden  durch das Werk anprangert.
Thyssenkrupp steht auch als Zulieferer  in der Kritik. »Zu Thyssenkrupps Sorgfaltspflichten gehört die  vorherige Überprüfung der Abnehmer seiner Produkte«, so Igor Birindiba  Batista vom Netzwerk Kooperation Brasilien (KoBra) aus Freiburg. TK  lieferte Equipment an die umstrittene Kupfermine Tintaya Antapaccay in  Peru und an den brasilianischen Bergbaukonzern Samarco, u.a.  Rohrleitungen für eine ca. 400 km lange Eisenerzpipeline. »Der von Samarco fahrlässig herbeigeführte Dammbruch der Bergbaudeponie bei Mariana im November ist die größte Umweltkatastrophe in der Bergbaugeschichte  Brasiliens«, so Batista. Das Unternehmen ist ein denkbar schlechter  Geschäftspartner: »Samarco operiert jenseits des legalen Rahmens. Einen  Notfallplan für einen Dammbruch gab es nicht, obwohl der kritische  Zustand des Auffangbeckens seit 2013 durch einen Gutachter bestätigt  wurde. Der Santarém-Damm an der Mine Germano wird außerdem nach Angaben  der Umweltbehörde des Bundesstaats Minas Gerais seit Mai 2013 illegal  betrieben«, so Batista.
Auch beim Thema Rüstung handelt der Konzern weiter verantwortungslos. Thyssenkrupp verzeichnete dem Stockholmer Friedensforschungsinstitut Sipri zufolge  im vergangenen Jahr ein starkes Umsatzwachstum beim Geschäft mit  Kriegsschiffen. »Dabei schreckt der Konzern auch nicht vor der Lieferung  seiner U-Boote und Fregatten in Krisenregionen wie Algerien, Ägypten  und Israel zurück«, so Barbara Happe von der Umwelt- und  Menschenrechtsorganisation urgewald. »Angesichts der angespannten  weltpolitischen Lage und der brisanten Situation im arabischen Raum sind  derartige Exportgeschäfte ein Skandal. Sie heizen den regionalen  Rüstungswettlauf weiter an«, sagt Happe. »Milliardendeals mit Ländern  wie Ägypten, wo aktuell massiv Menschenrechte verletzt werden, sind  unverantwortlich.«
