Nach erneuten Schüssen auf Indigene Tembé fordert Nationaler Menschenrechtsrat CNDH Finanzierungsstop und Entzug des Sozialsiegels für Palmölfirma BBF

Infolge des sich zuspitzenden Konflikts um Land zwischen Indigenen und der Ölpalmfima BBF, bei dem in den vergangenen Tagen vier Indigene Schusswunden erlitten, schaltet sich nun Brasiliens Nationaler Menschenrechtsrat CNDH ein.
| von Christian.russau@fdcl.org
Nach erneuten Schüssen auf Indigene Tembé fordert Nationaler Menschenrechtsrat CNDH Finanzierungsstop und Entzug des Sozialsiegels für Palmölfirma BBF
Palmölernte (Symbolbild). Foto: Kurt Damm (FDCL)

Nachdem in den letzten Tagen vier Indigene des Volkes der Tembé in Tomé-Açu (PA) angeschossen wurden, hat das vom Staat eingesetzte Gremium des Nationalen Menschenrechtsrats CNDH dringende Empfehlungen gegen den multinational vernetzten Konzern Brasil BioFuels (BBF) ausgesprochen. Der CNDH ist ein durch das Gesetz Lei n° 12.986 vom 2. Juni 2014 als paritätisch gemischter Rat - 11 von der Regierung entsandte Mitglieder, 11 von der organisierten Zivilgesellschaft Entsandte - eingesetztes Gremium, dessen Ziele die Förderung und der Schutz der Menschenrechte in Brasilien durch Präventiv-, Schutz-, Wiedergutmachungs- und Sanktionsmaßnahmen vorsehen.

Zu den vom CNDH geforderten Maßnahmen zählen, dass Banken die Finanzierung des Unternehmens aussetzen und dass das Ministerium für Landwirtschaft, Viehzucht und Versorgung MAPA das Sozialsiegel für Biokraftstoffe, das in Brasilien unter der Abkürzung SBS fungiert, BBF entziehen müsse, solange der Konflikt anhält und die jeweiligen Verantwortungen nicht geklärt sind. Hintergrund ist, dass vor rund einer Woche in Tomé-Açú im Nordosten des Bundesstaats Pará auf Indigene geschossen wurde - zunächst war noch unklar, ob die Schüsse von Militärpolizist:innen oder von privaten Sicherheitskräften der Ölpalmfima BBF ausgingen, die Bundesstaatsanwaltschaft hatte die Justiz aufgefordert, die Vorgänge rasch aufzuklären, und die Behörden aufgefordert, für ein "Ende der Polizeigewalt in der Region" zu sorgen (KoBra berichtete). Nachdem am Freitag, dem 4. August, ein Indigener in Tomé-Açú angeschossen wurde, wurden zu Beginn der vergangenen Woche drei weitere Indigene der Tembé angeschossen - wiederum steht die Klärung aus, von wem genau diese Schüsse ausgingen. Das Sekretariat für öffentliche Sicherheit und soziale Verteidigung von Pará SEGUP ließ verlauten, es werde den Fall untersuchen.

Der Konflikt zwischen den lokalen Gemeinschaften und der Biopalmölfirma BBF schwelt seit Jahren und spitzt sich offensichtlich nun weiter zu (KoBra berichtete wiederholt hier und hier und hier). Erst im April dieses Jahres war bekannt geworden, dass die Bundesstaatsanwaltschaft von Pará gegen die Verantwortlichen der Firma BBF wegen Foltervorwürfen ermittelt. In der Anzeige der Bundesstaatsanwaltschaft geht es auch um die Klärung der Frage, ob BBF auf staatliche Sicherheitskreise illegalerweise Einfluss ausübe, was zu der Frage nach Verhältnis bzw. Beziehung der privaten Sicherheitskräfte und Angehörigen der Militärpolizei zur Firma BBF führt, die laut Ansicht der Bundesstaatsanwaltschaft dringend untersucht werden müsse.

Das Unternehmen BBF, das Palmöl an die großen Unternehmen des Energiesektors zur Herstellung von Biodiesel und des Lebensmittelsektors liefert, ist in den Bundesstaaten Amazonas, Acre, Pará, Rondônia und Roraima vertreten. Das Unternehmen besitzt über rund 56.000 Hektar Ölpalmenplantagen in Pará, und die Verarbeitungsproduktionskapazität der Industrieanlagen der Firma liegt nach Unternehmensangaben bei 285 Tonnen Palmölfruchtrohstoff pro Stunde. Die Ölpalmenplantage, die den Ursprung der Konflikte im Nordosten von Pará bilden, wurden im November 2020 durch die BBF gekauft, nachdem sie zuvor einer Tochtergesellschaft des Vale-Konzerns, Biopalma, gehört hatten. Laut Aussagen von Indigenen und Quilombolas begannen die Probleme der traditionellen Gemeinschaften bereits zur Zeit von Biopalma unter Vale-Besitz, aber die Konflikte hätten sich in den letzten Jahren weiter verschärft.

// Christian Russau