Marielle Franco - 5 Jahre und immer noch ohne Antworten

Die Ermordung von Marielle Franco und ihrem Fahrer Anderson Gomes jährt sich heute zum fünften Mal, und die zentrale Frage bleibt: Wer hat den Mord an Marielle befohlen und warum?
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Marielle Franco - 5 Jahre und immer noch ohne Antworten
"Wer hat den Mord an Marielle befohlen?" Zeichnen von Cris Vector @crisvector

von Aurea Thatyanne Ferreira*

Die schwarze, bissexuelle, in der Favela Maré geborene und aufgewachsene Stadträtin, die sich für die schwarze, arme und Favela-Bevölkerung von Rio de Janeiro einsetzte, wurde in der Nacht des 14. März 2018 erschossen. Das Verbrechen, das sie zu einer Märtyrerin machte, demonstrierte die sich verschlechternde soziopolitische Lage in Brasilien, die gerade begann - im Oktober desselben Jahres wurde Jair Bolsonaro zum Präsidenten gewählt.

Die Entwicklung der Ermittlungen verlief parallel zur Entwicklung des Bolsonarismus im Land, der die Aufklärung des Verbrechens auf direkte und indirekte Weise erschwerte. In der ersten Phase der Ermittlungen, die von der Zivilpolizei und dem Staatsministerium von Rio de Janeiro geleitet wurden, wurden die beiden ehemaligen Militärpolizisten Ronnie Lessa und Élcio de Queiroz als Täter angeklagt. Kurioserweise war Lessa ein Nachbar Bolsonaros in seinem geschlossenen Wohnkomplex, was dazu führte, dass der auf den Straßen und im Internet skandierte Slogan "Wer hat den Mord an Marielle befohlen?" von vielen durch "Wer befahl dem Nachbarn des Präsidenten, Marielle zu töten?" ersetzt wurde. Beide warten auf ihren Prozess, beteuern aber trotz der unzähligen Beweise ihre Unschuld, die Hintermänner der Morde und ihre Motive sind bis heute ungeklärt.

Im Jahr 2020 wurde ein Versuch unternommen, die Ermittlungen auf die Bundesebene zu verlegen. Marielles Familie war dagegen, da man befürchtete, die Regierung Bolsonaro könnte sich in irgendeiner Weise einmischen. Es wird vermutet, dass die Ermittlungen während seiner Amtszeit zu verschiedenen Zeiten und auf verschiedene Weise vernachlässigt wurden. Die neu gewählte Lula-Regierung schafft nun neue Hoffnung für die Lösung des Falles. Der neue Justizminister Flavio Dino erklärte, die Aufklärung des Todes des Ratsmitglieds und die Beantwortung der Fragen, die nach fünf Jahren immer noch bestehen, sei eine „Frage der Ehre“ für sein Mandat. Am 22. Februar wies Dino die Bundespolizei an, eine Untersuchung des Verbrechens einzuleiten, eine Maßnahme, die von Marielles Familie unterstützt wurde.

Die neue Regierung brachte nicht nur neue Möglichkeiten für die Untersuchung des Attentats, sondern bedeutete auch die Rückkehr ihres Nachnamens in die brasilianische Politik. Anielle Franco, Marielles Schwester, wurde als Ministerin für die Gleichstellung ethnischer Gruppen ernannt. Die neue Ministerin, die bis zum Tod ihrer Schwester nie in der Politik tätig war, gründete 2018 das Marielle-Franco-Institut, eine Nichtregierungsorganisation, die sich auf die Erstellung von Berichten über Rassismus, Sexismus und politische Gewalt gegen schwarze Frauen konzentriert. Aufgrund ihrer Arbeit, die sich mit dem Erbe ihrer Schwester befasst, sowie ihrer neuen Position als Ministerin, wurde Anielle vom Time Magazine als eine der „Women of the Year“ ausgezeichnet - als erste und bisher einzige Brasilianerin auf dieser Liste.

Anielles politischer Werdegang, die neue Amtszeit des Präsidenten und die neue Phase der Ermittlungen zum Mord an Marielle stehen erst am Anfang. Mögen sie sich in Sicherheit entwickeln und gedeihen, damit wir am nächsten 14. März Antworten erhalten und die Verantwortlichen für dieses politische Verbrechen der Gerechtigkeit unterziehen lassen können. Marielle presente, hoje e sempre!

#5AnosSemRespostas

#JustiçaPorMarielleEAnderson

*Aurea Thatyanne Ferreira ist Soziologin mit Abschluss an der UFRJ und der Uni Freiburg und interessiert sich für brasilianische Populärkunst und -kultur, Globalisierung und geopolitische Dynamiken des globalen Nordens und Südens. Geboren und aufgewachsen in Rio de Janeiro, lebt sie derzeit in Deutschland und ist Mitarbeiterin von KoBra.