Besetzung der Wasserkraftwerke Sobradinho und XingBesetzung der Wasserkraftwerke Sobradinho und Xingâ

Rund 700 VertreterInnen verschiedener sozialer Bewegungen und Landlosen-Organisationen besetzten am 10. Juni das Wasserkraftwerk Sobradinho im Norden des Bundesstaates Bahia.
| von Andrea Zellhuber

Diese Protestaktion ist Teil der Aktionswoche der Via Campesina (die Dachorganisation ländlicher sozialer Bewegungen und Landlosen-Organisationen) gegen das Entwicklungsmodell der Regierung für die semiaride Region des Nordostens, gegen Großprojekte, den Bau von neuen Staudämmen und die Umleitung des Rio São Francisco. Die beteiligten Organisationen fordern Entwicklungsprojekte, die an das Klima und die natürlichen Bedingungen der semiariden Region angepasst sind und die die Ernährung und Wasserversorgung der lokalen Bevölkerung sicher, anstatt das exportorientierte Agrobusiness zu fördern.

Die VertreterInnen von Basisorganisationen, Landpastorale (CPT), Fischerpastorale (CPP), NGOs und Kleinbauernvereinigungen kamen in den frühen Morgenstunden mit 12 Bussen aus mehr als 20 verschiedenen Landgemeinden der Bundesstaaten Pernambuco und Bahia in Sobradinho an. Die Besetzung des Kraftwerks verlief friedlich.
Der Staudamm und das Kraftwerk wurden vor 30 Jahren von der CHESF (Wasserkraft-Stromkonzern des Rio São Francisco) gebaut. Damals wurden mehr als 70.000 Menschen aus ihren durch den ca. 300 km langen Stausee überschwemmen Wohnorten vertrieben und umgesiedelt. Die Protestaktion am 10. Juni war die erste Besetzung des Kraftwerks seit seinem Bau.
Ein weiterer Protest am Rio São Francisco im Zuge der Aktionswoche der Via Campesina fand am Unterlauf des Flusses statt. In der Nähe der Stadt Piranhas (Alagoas) wurde das Flusskraftwerk Xingó besetzt. Bereits früh am Morgen versperrten 1.500 VertreterInnen von Basisorganisationen der Bundesstaaten Alagoas, Sergipe, Pernambuco und Bahia den Eingang des Wasserkraftwerkes. Sie protestierten damit gegen das Agrobusiness und setzten sich für den Erhalt der kleinbäuerlichen Landwirtschaft ein.
In zahlreichen anderen Bundesstaaten Brasiliens fanden am 11. Juni Protestaktionen der sozialen Bewegungen und Landlosen-Organisationen statt, so in Ceará mit rund 1.000 VertreterInnen der Via Campesina, die in den Morgenstunden die Abfertigungsbereiche des Exporthafens Pecém im Großraum Fortaleza besetzten. Auch dieser Protest richtete sich gegen die Umleitung des Rio São Francisco und den Bau des Stahlindustrie-Komplexes von Pecém, sowie gegen fünf geplante Heizkraftwerke und eine Raffinerie. Dieser Industrie-Komplex ist einer der großen zukünftigen Profiteure der Flussableitung.
Auch in weiteren Bundesstaaten gab es Protestaktionen. In Minas Gerais blockierten 500 AktivistInnen die Bahnlinie des privatisierten Minen-Betreibers Vale do Rio Doce, in Pernambuco 200 Landarbeiter eine Zuckerrohr-Versuchsanlage in der Gemeinde Carinpinhan. Sie protestierten damit gegen die Expansion des Zuckerrohranbaus, der eine zunehmende Landkonzentration und ländliche Armut verursacht. In Parnaíba besetzten 200 VertreterInnen der Via Campesina den Großgrundbesitz Senhora de Lourdes nahe der Stadt Marí. Dort wird auf 1.100 ha Zuckerrohr angebaut. In São Paulo beteiligten sich 600 AktivistInnen der Via Campesina an der Besetzung des Firmengebäudes des Industriekonglomerats Votorantim, um gegen die Umweltschäden durch den Bau des Staudamms Tijuco Alto am Rio Ribeira de Iguape in den Bundesstaaten São Paulo und Paraná zu protestieren.