Folter-Vorwürfe gegen Biodiesel-Firma und deren Chefs

Die Ende April von der Bundesstaatsanwaltschaft von Pará beantragte Haft des Brasil Biofuels-Chef wegen des Foltervorwurfs aus dem Jahre 2021 ist noch immer anhängig bei der Justiz.
| von Christian.russau@fdcl.org
Folter-Vorwürfe gegen Biodiesel-Firma und deren Chefs
Symbolbild: Dendê-Palmölernte in Brasilien. Foto: Kurt Damm (FDCL)

Ende April beantragte die Bundesstaatsanwaltschaft des Bundesstaates Pará bei der Justiz die Verhaftung von Eduardo Schimmelpfeng da Costa Coelho, dem Eigentümer von Brasil Biofuels (BBF), dem größten Palmölproduzenten Lateinamerikas (Zur Geschichte der Konflikte um BBF und das angestammte Territorium der dort lebenden Quilombolas siehe die KoBra-Meldung vom 25.04.2022). Dies berichtete das Nachrichtenportal G1, der Fall wird nun auch noch einmal von Amazônia Real in einem langen Hintergrundbericht aufgerollt und dargelegt, dass die Justiz in diesem Fall der Unternehmenskriminalität wieder einmal verdächtig langsam arbeitet.

Die Vorwürfe gegen Brasil Biofuel (BBF) und deren Chefs sind schwerwiegend: Folterung von elf Menschen, allesamt Mitglieder der traditionellen Gemeinde Vale do Bucaia im Nordosten von Pará. Der Sicherheitschef des Unternehmens in der Stadt Acará, Walter Ferrari, wurde ebenfalls wegen derselben Verbrechen angeklagt, zu denen die Zerstörung von Häusern, Autos und Lastwagen und der Diebstahl von Mobiltelefonen von Gemeindemitgliedern gehören. Die Opfer seien mit Tritten und Knüppelschlägen geschlagen, und gezwungen worden, Pfefferspray zu inhalieren, wurden gefesselt und mehr als sieben Stunden lang gefoltert worden, so heißt es in der Anzeige der Bundesstaatsanwaltschaft von Pará (MPPA) laut dem Hintergundbericht von Amazônia Real. Der Fall ereignete sich im Oktober 2021. Seitdem leben die Gemeindemitglieder in der Angst vor neuen Angriffen, so Amazônia Real. In der von Emério Mendes da Costa, dem zuständigen Staatsanwalt von Igarapé-Miri, unterzeichneten Klage wird laut Amazônia Real erklärt, dass die vom Unternehmen beauftragten Sicherheitskräfte als "Gruppe mit paramilitärischen Merkmalen" agiere, um Gemeindemitglieder zu unterdrücken, die auf dem von BBF beanspruchten Land leben. Laut der Bundesstaatsanwaltschaft von Pará habe BBF auf staatliche Sicherheitskreise illegalerweise Einfluss ausüben können, was bis hin zum Vorwurf reiche, die Firma versuche, "die Behörden zu täuschen, sowie um kriminelle Situationen zu fälschen, um Dritten die falsche Begehung von Straftaten zuzuschreiben". Das Unternehmen BBF widersprach allen Vorwürfen und nannte sie erfunden und nichtig, so G1.

Das Unternehmen BBF liefert das Palmöl an die großen Unternehmen des Energiesektors zur Herstellung von Biodiesel und des Lebensmittelsektors, u.a. an Cargill, Hershey’s, Kellogg, Nestle and PepsiCo, wie ein im September 2022 von Global Witness herausgebrachter Bericht darlegte. BBF ist in den Bundesstaaten Amazonas, Acre, Pará, Rondônia und Roraima vertreten. Das Unternehmen besitzt laut Amazônia Real über rund 56.000 Hektar Ölpalmenplantagen in Pará, und die Verarbeitungsproduktionskapazität der Industrieanlagen der Firma liege bei 285 Tonnen Palmölfruchtrohstoff pro Stunde. Die Ölpalmenplantage, die den Ursprung der Konflikte in Acará im Nordosten von Pará bilden, wurden im November 2020 durch die BBF gekauft, nachdem sie zuvor einer Tochtergesellschaft des Vale-Konzerns, Biopalma, gehört hatten. Laut Aussagen von Indigenen und Quilombolas begannen die Probleme der traditionellen Gemeinschaften bereits zur Zeit von Biopalma unter Vale-Besitz, aber die Konflikte hätten sich in den letzten Monaten aufgrund von Schwierigkeiten im Dialog mit der BBF verschärft. Die Region Acará habe sich zu einem der wichtigsten nationalen Zentren für die Produktion dieser Frucht entwickelt, deren Anpflanzung die Gemeinden umzingelt, wie im Fall des Dorfes Turé Mariquita und der benachbarten Quilombola-Gemeinde Turé III. Um diese Territorien zu erreichen, muss man weite Teile der Palmenplantagen durchqueren, die Bewohner:innen werfen der Firma vor, ihr traditionelles Land für den Plamölanbau zu mißbrauchen.

// Christian Russau