Kontrolle für Verkauf von Flugbenzin gegen illegalen Goldbergbau in Roraima zum Schutz der Yanomami gefordert

Flugbenzinverkauf an Kleinflugzeuge soll zur Bekämpfung der Logistikkette des illegalen Goldbergbaus im Yanomami-Gebiet strenger kontrolliert werden, dies fordert die Bundesstaatsanwaltschaft.
| von Christian.russau@fdcl.org
Kontrolle für Verkauf von Flugbenzin gegen illegalen Goldbergbau in Roraima zum Schutz der Yanomami gefordert
Ein Kleinflugzeug zum Transport von Personen, darunter auch Tourist:innen wie den Autor. Dieses Foto ist demnach nur ein Symbolphoto für Kleinflugzeuge in Amazonien und steht in keinem weiteren Zusammenhang mit dem Text. Foto: christian russau

Der illegale Goldbergbau in den Indigenen Territorien der Kayapó, Munduruku und Yanomami hat einer Greenpeace-Erhebung zufolge allein im Jahr 2023 1.410 Hektar Land der Indigenen Territorien zerstört. Dies entspräche laut Greenpeace-Berechnungen vier Fußballfeldern je Tag. Die damals zusammengerechnete, vom illegalen Goldbergbau in den drei Gebieten verwüstete Fläche belief sich Greenpeace-Angaben damals zufolge auf über 26.000 Hektar indigenen Landes (KoBra berichtete). Vor allem der illegale Bergbau im indigenen Land der Yanomami hatte große Medienöffentlichkeit erzeugt: Denn dieser hatte sich gegen Ende der Amtszeit von Jair Bolsonaro im Vergleich zum Jahr 2020 fast verdreifacht. Den Daten zufolge waren im Jahr 2020 14 km² des Gebiets vom Bergbau betroffen, 2021 waren es 23,73 km² und 2022 41,83 km², was einem Anstieg von 76 % in einem Jahr und 198 % seit 2020 entspricht. Regierung und Medien gingen von zwischenzeitlich 40.000 illegal vor Ort tätigen Goldschürfer:innen aus, teils mit modernster (und kapitalintensiver) Technik, was den Blick auf die Frage nach der Finanzierung dieser Operationen seitens mächtiger Kapitalfraktionen (legaler oder illegaler Herkunft) verweist. Und die Lula-Regierung hat zur Bekämpfung des illegalen Goldbergbaus mehrere verschiedene Maßnahmen getroffen: Dazu zählte der Einsatz von Militärkräften in Amazonien zur Absicherung der Arbeit der Umweltbehörde IBAMA zur Unterbindung der illegalen Goldgräberei; der Einsatz der Bundespolizei zur chemischen Herkunftanalyse von Golderzen aus dem Yanomami-Territorium zur späteren Identifizierung von Goldproben aus illegalen Quellen wie dem Yanomami-Gebiet; die Abschaffung durch den Obersten Gerichtshof der sogenannten Erklärung auf Treu und Glauben beim Ersterwerb von Gold aus unbekannter Quelle; die Einführung durch die Bundessteuerbehörde einer neuen normativen Anweisung, in der sie die elektronische Rechnung für die Vermarktung von Gold aus dem Bergbau ab Juli 2023 einführt, um die Nachverfolgbarkeit des Goldes zu verbessern. Im Juni 2023 erliess Präsident Lula zudem ein Dekret, dass den Einsatz des Militärs in der Yanomami-Region auf breitere Basis stellte und den Militärs auch die Möglichkeit gab, illegale Goldgräber:innen in flagranti zu verhaften, was sonst nur Polizeikräften gestattet wäre.

Aber selbst die Regierung in Brasília selbst gesteht mittlerweile öffentlich ein, dass der Garimpo vor allem im Yanomami-Territorium noch immer im vollen Gange ist. Und offensichtlich auch in weiteren Indigenen Territorien. Der am Weltmarkt so hoch wie nie quotierte Goldpreis trägt dazu sicherlich auch seinen Teil dazu bei. Es braucht also offensichtlich noch andere Maßnahmen, um den illegalen Goldbergbau aus den Indigenen Territorien zu verbannen. Die investigativen Journalist:innen von Repórter Brasil hatten vor Jahren bereits eine Liste mit neun Empfehlungen zur Bekämpfung des illegalen Goldbergbaus vorgestellt. (KoBra berichtete). Repórter Brasil hatte unter Empfehlung Nr. 9 gefordert: Kontrolle des Lufttransports im Amazonasgebiet.

Einen Ansatz in diese Richtung verfolgt nun die Bundesstaatsanwaltschaft MPF. Denn dese fordert die Überwachung des Verkaufs von Flugbenzin als Strategie zur Eindämmung des illegalen Goldabbaus im Gebiet der Yanomami. Die Maßnahme zielt auf eine wirksamere Vorgehensweise der Nationalen Erdölagentur ANP gegen illegalen Bergbau in Schutzgebieten ab. "Die Idee war, nicht nur reaktiv und repressiv zu handeln, sondern strukturelle Präventionsmaßnahmen zu ergreifen, um zu verhindern, dass der für den illegalen Bergbau unverzichtbare Treibstoff zu den Goldminen gelangt", erklärt die Staatsanwaltschaft auf ihrer Internetseite.

Kleine Flugzeuge transportieren Vorräte, Treibstoff und Ausrüstung zu Enklaven mitten im Wald und werden auch für den Abtransport der illegalen Produktion genutzt, so die Bundesstaatsanwaltschaft weiter. Eine 2023 vom MPF eingeleitete zivilrechtliche Untersuchung ergab demnach, dass die Menge des in Roraima verkauften Flugbenzins nicht mit der legalen Nachfrage vereinbar war, die durch Flugzeuge und Lufttaxiunternehmen repräsentiert wurde, die für den Betrieb in diesem Bundesstaat zugelassen waren. Die Untersuchung ergab demnach auch, dass die Kontrollmängel der Erdölagentur ANP erheblich zum Betrieb der illegalen Goldminen beitrugen, so die Staatsanwaltschaft. Es handele sich dabei um mehr als bloße Fahrlässigkeit, sondern um eine echte Unterlassung seitens des Staates, so die MPF. Die Bundesstaatsanwaltschaft stellte beispielsweise fest, dass eines der Unternehmen, das zum Verkauf von Flugkraftstoff in Roraima berechtigt war, fast die Hälfte der Gesamtmenge (mehr als 860.000 Liter) an nicht identifizierte Käufer verkaufte, was gegen das Gesetz verstößt. Zudem wurden in der Region 13 Flugzeugbetankungsstationen gefunden, die ohne Genehmigung betrieben wurden. Die unzureichende Überwachung ermöglichte es diesen Stationen, ihren Betrieb fortzusetzen, und wenn die Zapfsäulen gesperrt wurden, wurden die Siegel kurz darauf wieder aufgebrochen und der Betrieb lief ungehindert weiter, so die Staatsanwaltschaft. Andere Unternehmen, die bereits wegen Unregelmäßigkeiten mit Bußgeldern belegt worden waren, wurden dann von Strohmännern geführt - und setzten das einträgliche Business fort.

Bei der Überprüfung der Arbeitsverfahren der ANP stellte die Bundesstaatsanwaltschaft laut eigenen Angaben fest, dass die Behörde über keinen Plan für permanente und regelmäßige Kontrollen verfügte, um die Flugbenzin-Tankstellen und deren Käufer zu überprüfen. Daher war es unmöglich zu wissen, welche Maßnahmen die Händler ergriffen, um zu verhindern, dass der Kraftstoff in illegale Goldminen gelangte. Die Kontrollmaßnahmen der ANP erfolgten, wenn überhaupt, nur reaktiv, nachdem andere Behörden interveniert hatten, und beschränkten sich auf die Aufhebung von Zulassungen oder die Verhängung von Bußgeldern, ohne schwerwiegendere Strafen oder konkrete Maßnahmen zur Verhinderung von Wiederholungsfällen, so die Staatsanwaltschaft.

Die bereits im Februar dieses Jahres eingereichte Klage der Bundesstaatsanwaltschaft gegen die Erdölagentur ANP fordert das Gericht auf, die ANP zu verpflichten, eine Reihe von strukturellen Maßnahmen zu ergreifen, um die Überwachung des Verkaufs von Flugbenzin im Bundesstaat Roraima zu verbessern. So soll der Flugbenzinverkauf künftig digital dokumentiert werden, um so die gleichzeitige Eingabe der Daten in das System bei Verkauf, den Abgleich und die Analyse der Registrierungen in Echtzeit zu ermöglichen, auch unter Verwendung technologischer Werkzeuge der künstlichen Intelligenz, so die Vorstellung der klagenden Staatsanwaltschaft. Die Bundesstaatsanwaltschaft möchte, dass die Justiz die ANP letztlich dazu verpflichtet, den Verkauf, Weiterverkauf und die Lieferung von Flugbenzin in der Nähe der Yanomami-Territorien wirksam zu überwachen und ihre Polizeigewalt effektiv auszuüben. Die Klage fordert außerdem, dass die Behörde zur Zahlung von 100.000 R$ als Entschädigung für kollektiven immateriellen Schaden verurteilt wird - ein symbolischer Betrag, kein Zweifel. Die Klage läuft im Dringlichkeitsverfahren ab. Das Ziel der Klage der Bundesstaatsanwaltschaft ist es, so die MPF, "die Umweltüberwachung, den Schutz der Grundrechte der indigenen Völker und die Eindämmung der Umweltzerstörung in ökologisch besonders sensiblen Gebieten zu verstärken und so institutionelle Fortschritte bei der Bekämpfung einer kriminellen Aktivität zu gewährleisten, die der Yanomami-Bevölkerung und dem Amazonas-Regenwald schweren Schaden zufügt."

// Christian Russau

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