Betroffene gegen die Umleitung des Rio São Francisco brauchen Unterstützung

Die letzten Wochen waren gekennzeichnet von weiteren Protestaktionen in Salvador und Reaktionen auf die Missachtung des zugesagten Dialogs mit der Zivilgesellschaft.
| von Andrea Zellhuber (CPT-Bahia)

Das Medien-Echo der Protestbewegung ist jedoch noch bescheiden im Vergleich zu den fast täglichen Pressemitteilungen des Integrationsministers über den baldigen Baubeginn.

Der Dialog-Prozess, der nach dem Hungerstreik des Bischofs von Barra in Oktober 2005 von der Regierung angekündigt worden war, wurde vor wenigen Tagen von der Stabschefin des Präsidenten, Dilma Rousseff als beendet erklärt (in Wirklichkeit beschränkte sich dieser Dialog auf wenige Treffen zwischen Regierungsrepräsentanten und Vertretern der Zivilgesellschaft, die keinerlei konkrete Auswirkungen auf das Projekt hatten). Vor diesem Hintergrund hat Dom Luiz Cappio für den Aschermittwoch eine Stellungnahme angekündigt. Denn die Taktik der Regierung ist nun offengelegt: der versprochene Dialog- Prozess war nichts weiter als eine Beschwichtigungsstrategie, mit der die Projektgegner ruhig gestellt werden sollen. Nun wird das pharaonische Vorhaben durchgezogen, völlig ungeachtet der ökologischen und sozialen Folgen.
Was das Genehmigungsverfahren betrifft, steht jedoch noch eine endgültige Entscheidung des Obersten Gerichtshofes aus. Die Aufhebung der Einspruchsverfahren durch den Bundesrichter Pertence Ende Dezember 2006 muss noch von weiteren elf Bundesrichtern bestätigt werden, um endgültig wirksam zu
werden. Darin sehen die Projektgegner eine Bresche, noch intervenieren zu können.
Dafür muss jedoch die öffentliche Meinung auf nationaler Ebene auf die Problematik aufmerksam gemacht werden. Die öffentliche Debatte in Brasilien ist derzeit noch dominiert von den Mythen und
Heilsversprechungen, die seit Jahren von der Regierung um das Mega-Projekt konstruiert werden. Die wahren Interessen, die hinter dem gigantischen Vorhaben stehen, allen voran die Interessen der
Bauindustrie, der Großgrundbesitzer, der exportorientierten Bewässerungslandwirtschaft und der Garnelenzuchtbranche, werden nicht hinterfragt.
Die große Schwierigkeit besteht derzeit darin, dem Protest der zahlreiche Bürgerinitiativen, Umweltgruppen, Indianer- und Fischer-Gemeinden in den entlegenen Regionen des São Francisco
öffentlich Gehör zu verschaffen. Es muss darauf aufmerksam gemacht werden, dass das Projekt der Transposição die Interessen der Flussanrainer systematisch ignoriert. Die indigenen Stämme (in der Region des São Francisco leben insgesamt 34 Indigenen-Stämme), die Fischer und traditionellen Bevölkerungsgruppen sind mit in ihren ursprünglichen Nutzungsformen vom Rio São Francisco abhängig
und kämpfen für den Schutz und die Renaturierung des bereits stark degradierten Flusses.
Die CPT Bahia (Comissão Pastoral da Terra) unterstützt die von der Debatte um das Mega-Projekt ausgegrenzten Bevölkerungsgruppen darin, ihre Bürgerrechte einzufordern. Um die brasilianische Öffentlichkeit auf die drohende soziale und ökologische Katastrophe aufmerksam zu machen, planen die
sozialen Bewegungen São Francisco Region große Protestaktionen in der Hauptstadt. Im März soll mit
einem Protest-Camp in Brasília Druck auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes ausgeübt werden.
Da die indigenen Gruppen, Fischer und Kleinbauern aus der São Francisco Region mit eigenen Mitteln nicht nach Brasília kommen, startet die CPT Bahia eine Unterstützungsaktion, mit der vor allem Beiträge für die Transportkosten für die Protestaktion gewonnen werden sollen. Dabei wird auch auf internationale
Solidarität gehofft! Die CPT Bahia bittet die Solidaritätsgruppen in Europa um finanzielle Unterstützung für die Protestaktionen. Auch die internationale Verbreitung der Protest-Aktion ist eine große Hilfe. Eine Protestbrief-Aktion an die brasilianische Regierung von Europa aus ist in Arbeit.