Der Sojakönig kommt nach Berlin

Der brasilianische Landwirtschaftsminister Blairo Maggi soll zur Auftaktveranstaltung der „Internationalen Grünen Woche“ nach Berlin kommen. Ein paar kritische Anmerkungen.
| von Thomas Fatheuer
Der Sojakönig kommt nach Berlin
Zwei, die sich verstehen: Blairo Maggi [re.] und Michel Temer [li.]. Alles für das Agrobusiness. Foto: Flickr Michel Temer (CC BY 2.0)

Foto: Flickr Michel Temer (CC BY 2.0)

Blairo Maggi ist aber mehr als ein Minister. International bekannt ist er eher als „Sojakönig“. Das Unternehmen seiner Familie, die Gruppe Amaggi, ist einer der größten Sojaanbauer weltweit. Blairo Maggi kann sich über die Soja nicht beklagen. Die Pflanze hat ihn zu einen sehr reichen Mann gemacht. 2014 schafften es sowohl er wie auch seine Mutter, in die Forbes-Liste der brasilianischen US$ Milliardäre zu kommen. Die 2015 sich verschärfende Wirtschaftskrise ließ sein Vermögen aber wieder knapp unter die Milliarden-Grenze fallen.

Nicht gewonnen haben Natur und Umwelt bei der Ausdehnung des Sojaanbaus. Im Bundesstaat Mato Grosso ist der Sojaanbau in den letzten 20 Jahren geradezu explodiert und hat die natürlichen Ökosysteme Regenwald und Feuchtsavanne (Cerrado) zerstört sowie kleinbäuerliche Landwirtschaft und traditionelle Gemeinschaften marginalisiert. Kein anderer Bundesstaat Amazoniens ist heute so durch den Sojaanbau in endlosen Monokulturen geprägt wie Mato Grosso.

Daran hat Maggi nicht nur als Sojaproduzent, sondern auch als Politiker mitgewirkt: von 2002 bis 2010 war er Gouverneur von Mato Grosso. Als 2003-2004 die Entwaldungsraten explodierten, geriet er in die internationalen Schlagzeilen und gewann 2005 die von Greenpeace verliehene Auszeichnung der „goldene Kettensäge“

Dies tat seiner Popularität keinen Abbruch. 2006 wurde er mit einem triumphalen Wahlergebnis im Amt des Governeurs bestätigt.

Dennoch hat der international ruinierte Ruf die weitere Karriere von Blairo Maggi beeinflusst. Seit 2007 versucht er, seine Negativimage zu revidieren. Maggi besuchte die internationalen Klimaverhandlungen, unterschrieb Bekenntnisse zu Waldschutz und seine Firma beteiligte sich an einem mit Greenpeace ausgehandelten Moratorium, das den Anbau von Soja auf in jüngerer Zeit entwaldeten Flächen in Amazonien unterbindet. Der neue Maggi ist mit den internationalen Debatten vertraut und versucht, das brasilianische Agrobusiness von einem Problem für Umwelt und Klima zu einem Teil der Lösung zu machen.

Unverändert bleibt aber das Agrarmodell, das Blairo Maggi und seine Familie verkörpern und verbreiten: die Expansion von riesigen Monokulturen, der Einsatz von Gensoja und Pestiziden. Dieses Modell hat Brasilien zum weltweit größten Konsumenten von Agrargiften („agrotóxicos“) gemacht. Mit einem jährlichen Verbrauch von 12 – 16 kg agrotóxicos pro Hektar gehört Mato Grosso zu den Spitzenreitern unter den brasilianischen Bundestaaten.

Blairo Maggi verkörpert auch wie kein anderer die politische Macht des Agrobusiness in Brasilien. In seiner Person vermischt sich eine beispiellose wirtschaftliche Macht mit einem politischen Amt. Aber die Macht des Agrobusiness ist in Brasilien kaum noch an eine bestimmte Regierung gebunden. Maggi hatte auch die vorangegangenen Regierungen (von Luiz Inácio Lula da Silva und Dilma Rousseff) unterstützt und war durchaus zufrieden mit deren Agrarpolitik. Noch 2014 sprach er sich für die Wiederwahl von Dilma Rousseff zur Präsidentin aus, um dann 2016 das umstrittene Impeachment-Verfahren gegen sie zu unterstützen. So lobte er vor kurzem die brasilianische Landwirtschaft als „die nachhaltigste der Welt“ um im gleichen Atemzug Amazoniens Schutzgesetzgebung als großes Hindernis für die landwirtschaftliche Entwicklung zu kritisieren.

Nun kommt er als also als Minister der Regierung von Michel Temer nach Berlin – einer Regierung, deren demokratische Legitimität weltweit bezweifelt wird, die von der brasilianischen Bevölkerung massiv abgelehnt wird und international in die Schlagzeilen gerät, weil sie Umwelt- und Indigenenpolitik kaputtspart.

In dieser Situation steigt die Gewalt auf dem Land. Auch 2017 war wieder ein blutiges Jahr in Brasilien: 65 Tote in Landkonflikten hat die katholische Landpastorale identifiziert.

All dies scheint aber den Geschäften der Gruppe Amaggi nicht zu schaden. In den letzten Tagen machte sie wieder durch eine spektakuläre Übernahme Schlagzeilen. Für über 300 Millionen US$ kaufte die Gruppe 105.000 Hektar Land eines Großgrundbesitzers in Mato Grosso.

Und zu alledem ist Blairo Maggi auch im Visier der brasilianischen Justiz. Belastet durch Aussagen des ehemaligen Gouverneurs von Mato Grosso, Silval Barbosa, eröffnete die Staatsanwaltschaft ein Verfahren gegen Maggi als „Kopf einer kriminellen Vereinigung“. Im September letzten Jahres durchsuchte die Polizei sein Apartment.

Welches Zeichen setzt eigentlich der Auftritt Blairo Maggis bei der „Grüne Woche“?