Bundesgericht in Brasília verlangt mehr Transparenz für staatliche Entwicklungsbank BNDES

Bank für soziale und wirtschaftliche Entwicklung BNDES darf sich laut Gerichtsurteil nicht auf das Bankgeheimnis berufen, sondern muss dem Informationsfreiheitsgesetz Folge leisten und alle Daten zur ihrer Kreditvergabe künftig veröffentlichen.
| von Christian Russau
Bundesgericht in Brasília verlangt mehr Transparenz für staatliche Entwicklungsbank BNDES
BNDES-Hauptsitz, Rio de Janeiro. (Photo: Christian Russau)

Ein Bundesgericht im brasilianischen Bundesdistrikt Brasília hat laut einem Pressebericht in einem Urteil die staatliche Bank für soziale und wirtschaftliche Entwicklung BNDES aufgefordert, ab sofort alle Informationen bezüglich ihrer Kreditvergabe an private oder öffentliche Institutionen offenzulegen. Die Richterin Adverci Rates Mendes de Abreu wies die Argumentation der BNDES zurück, nach welcher diese Informationen durch das Bankgeheimnis gedeckt seien. Der Richterin der 20. Kammer des Bundesgerichts in Brasília zufolge dürfe sich die BNDES nicht auf das Bankgeheimnis berufen, da sie als Kreditanstalt öffentliche Gelder vermittele und daher unter das Gesetz zur Informationsfreiheit falle. Die BNDES-Bank muss dem Urteil zufolge alle Informationen über ihre Kreditvergabe der vergangenen zehn Jahre sowie aller künftigen Kreditvergabegeschäften auf ihrer Internetseite der Öffentlichkeit zugänglich machen. Im Falle einer Zuwiderhandlung der Staatsbank gegen diesen Gerichtsentscheid legte die Richterin ein Strafgeld in Höhe von 50.000 Reais (umgerechnet 17.000 Euro) je Tag fest. Die BNDES-Bank kündigte Berufung an.

Die BNDES-Bank zählt zu den größten staatlichen Kreditinstituten weltweit. Lag das von der Bank an Dritte vergebene Kreditvolumen 2011 noch bei 139,7 Milliarden Reais, so stieg die Kreditvergabe 2012 auf 156,0 Milliarden und im Jahr 2013 auf 190,4 Milliarden Reais (63 Milliarden Euro). Die Kredite, die die BNDES an private Firmen, Privatleute und öffentliche Institutionen vergibt, sind gegenüber den Marktsätzen zinsvergünstigt.

Kritiker bemängeln diese Praxis als staatliche Subvention, da die BNDES sich ihre Mittel wiederum von privaten Banken zu handelsüblichen Zinssätzen borgt und so letztlich die öffentliche Hand die Differenz zu tragen habe. Kritiker aus der brasilianischen Zivilgesellschaft und der sozialen Bewegungen kritisieren vielmehr die vorrangige Zielgruppe der BNDES-Bank. Seit Jahren fließt der weitaus größte Teil der staatlichen Kreditvergabe an die umstrittenen Projekte des umfangreichen „Programms zur Beschleunigung des Wachstums“ (PAC). So hinterfragen soziale Bewegungen, was das „Soziale“ an der Bank sei, wenn sie vor allem Staudamm- und Bergbauprojekte oder das Agrobusiness durch die Kreditvergabe zinsgünstig fördere.

Seit 2007 kritisiert das brasilienweite Netzwerk „Plataforma BNDES“ diese Politik und hinterfragt den Begriff „soziale Entwicklung“: „Wir glauben, dass ein öffentliches Kreditinstitut transparent und sozialer Kontrolle gegenüber zugänglich sein muss sowie als Leitlinie seiner Programme und Finanzierungen die Überwindung der Ungleichheiten, die Verantwortung gegenüber der Klimafrage ebenso haben muss wie die Förderung einer Entwicklung, die als Ziel ökologische Nachhaltigkeit und die Verbesserung der Lebensbedingungen der brasilianischen Bevölkerung in Einklang bringen muss.“ Der Weg zu diesem Ziel ist steinig und steil, aber die AktivistInnen dieser neuen Plattform sind unterwegs, mit dem Wahlspruch: „Debater o BNDES é querer outro Brasil“ – „BNDES zu debattieren bedeutet, ein anderes Brasilien zu wollen“.