Konzernkritik an Vale seit nunmehr 15 Jahren

Vale musste zum 15. Mal kritischen Aktionärinnen und Aktionären des Internationalen Netzwerkes der von Vale Betroffenen Rede und Antwort stehen.
| von Christian.russau@fdcl.org
Konzernkritik an Vale seit nunmehr 15 Jahren
Hauptsitz von Vale S.A. Foto: christian russau

Am 26. April dieses Jahres nahmen Kritische Aktionäre des Internationalen Netzwerkes der von Vale Betroffenen (Articulação Internacional dos Atingidos e Atingidas pela Vale (AIAAV) an der Jahreshauptversammlung von Vale S.A. teil, dem Bergbaukonzern aus Rio de Janeiro. Die Aktivist*innen der Articulação Internacional dos Atingidos e Atingidas pela Vale prangerten auf der diesjährigen Hauptversammlung erneut die Rechtsverletzungen des Bergbauunternehmens in Anwesenheit des Vorstands und Aufsichtsrates sowie der anwesenden Kleinaktionär*innen an. Jede/r kritische Aktionär*in hat mindestens eine Aktie des Unternehmens gekauft, um auf der Versammlung das Rede- und Stimmrecht zu erhalten und so die vom Bergbauunternehmen vorgelegten Daten zu missbilligen. Dieser kritische Aktionärsaktivismus wird von der Articulação seit dem jahre 2010 alljährlich begangen. Eine umfassende Analyse der ersten zehn Jahre Erfahrungen mit dieser Art der Menschenrechtsverteidigung gegen Konzerne bietet die Studie “Acionistas Críticos: os 10 anos de atuação da Articulação Internacional dos Atingidos e Atingidas pela Vale” aus dem Jahre 2020.

In der ersten Abstimmung wurde von den Aktivist*innen unter anderem das Versäumnis des Bergbauunternehmens angeprangert, die Risiken seiner noch in Betrieb befindlichen Absetzbecken zu beseitigen, sowie seine Bereitschaft, ein neues Bergbauprojekt in der Serra do Gandarela (MG) zu verwirklichen, auch auf die Gefahr hin, dass Millionen von Menschen dadurch in Trinkwassernot geraten. Es wird erwartet, dass das Projekt des Bergbauunternehmens den Grundwasserspiegel senkt, die Wasserverfügbarkeit verändert, Quellen austrocknet und Wasserfälle gefährdet, was sich negativ auf die Wasserversorgung in der Metropolregion Belo Horizonte auswirken wird.

In der zweiten Abstimmung wurde unter anderem das Fehlen von Informationen über die Wiedergutmachungsmaßnahmen angeprangert, die Vale im Zusammenhang mit dem in Brumadinho im Bundesstaat Minas Gerais begangenen Verbrechen direkt und langfristig durchgeführt hat. „Bei der Bemessung der Kosten, die durch den Einsturz der Absetzbecken B-1, B-IV und B-IVA entstanden sind, hat es Vale S.A. auch versäumt, Angaben zu seiner Verurteilung für individuelle Schäden zu machen, eine Verpflichtung, die in dem globalen Abkommen, das sich mit kollektiven Schäden befasst, nicht vorgesehen ist“, heißt es in einem Auszug aus dem kritischen Votum. (Zu diesem Fall des Dammbruchs bei Brumadinho vom 25. Januar 2019 und der Frage der strafrechtlichen Mitverantwortung der deutschen Firma TÜV Süd, die die Sicherheit des kurz darauf gebrochenen Dammes zwei Mal attestiert hat, wird eine Delegation vom 13. Mai bis 18. Mai in Deutschland in den Städten München, Köln und Berlin zu Veranstaltungen und Gesprächen sein. Weitere Infos dazu finden sich hier).

In der dritten Abstimmung wurde unter anderem das Fehlen von Informationen über Unfälle - insbesondere Zusammenstöße - angeprangert, die von Zügen auf der Carajás-Bahn verursacht werden, die dem Unternehmen Vale gehört und Eisenerz zwischen Pará und Maranhão transportiert. Die Bahnlinie durchquert 22 Gemeinden, vier in Pará und 18 in Maranhão. Auf vielen Streckenabschnitten durchschneidet die logistische Struktur die Gebiete der indigenen Völker, der Quilombolas und der traditionellen Gemeinschaften, was dazu führt, dass Menschen und Tiere überfahren werden, was zu Todesfällen und Verstümmelungen führt.

In der vorletzten Abstimmung wurde das Fehlen detaillierter Informationen über die Methodik und den Inhalt des Schulungsprogramms zum Thema Menschenrechte sowie über die Durchführung der Due-Diligence-Prüfung bemängelt. „Das Unternehmen Vale S.A. hat in seinem Verwaltungsbericht 2023 einige Punkte mit positiven Ergebnissen aufgezeigt, indem es ‚Maßnahmen zur Stärkung seines Engagements für die Achtung und Förderung der Menschenrechte in seinen Betrieben‘ hervorgehoben hat und dass es in die Schulung der direkten und indirekten Mitarbeiter investiert hat, die für die Integration in die Unternehmenspolitik erforderlich ist“, heißt es in einem Auszug aus dem Votum.

In der fünften und letzten Abstimmung wurde berichtet, dass Vale versucht hat, sich über seine Holdinggesellschaft Vale Base Metals (VMB) als Weltmarktführer bei der Gewinnung und Verarbeitung von Nickel zu positionieren, das unter anderem für die Herstellung von Batterien für Elektrofahrzeuge verwendet wird. Diese Art des Bergbaus, die unter sozial-ökologischen Gesichtspunkten angeblich „nachhaltig“ ist, bildet keine Ausnahme von der Regel des Bergbaus insgesamt: Aneignung der natürlichen Ressourcen und Ausplünderung der materiellen Produktionsbedingungen und der Reproduktion des Lebens der traditionellen Völker und Gemeinschaften, so dass 5. und abschliessende Votum der Konzernkritiker*innen.

// Christian Russau