Auf die Straße für Frauen- und Minderheitenrechte

„Am 8. März wird es zu einem landesweiten Aufschrei der Frauen gegen die Regierung von Präsident Bolsonaro kommen“, prognostizieren die Kolleg*innen von SOS Corpo, dem feministischen Institut für Demokratiefragen mit Sitz in Recife. Große Kundgebungen und Demonstrationen für Rio de Janeiro, São Paulo, Recife, Fortaleza, Brasilia und Porto Alegre sind angekündigt. Bolsonaro sei ein Erbe des 2016 vollzogenen Putsches gegen Dilma Rousseff, der bereits frauenfeindlich motiviert gewesen sei und aufs Übelste eine Machtdemonstration der weißen und männlichen Regierungselite in die Öffentlichkeit spülte. Die Frauen werfen Bolsonaro vor, nur über Manipulation und illegalen Zugang zu privaten Whatsapp-Konten an die Wähler*innen und die Macht gelangt zu sein und nun den Sozialstaat und die Demokratie auszuhöhlen.
| von Uta Grunert
Auf die Straße für Frauen- und Minderheitenrechte
Frauenkampf am 8. März Quelle: SOS Corpo

Viele brasilianische Partnerorganisationen berichten von neuen Sicherheitsvorkehrungen, um sich zu schützen. Kommunikationskanäle müssen neu abgesichert werden, bei öffentlichen Kundgebungen wird mit Gewalt und Übergriffen gerechnet. Nicht jede*r will noch laut Kritik oder seine Meinung äußern. Drohungen und offene Gewalt führen zu einer neuen Angst unter linken Aktivist*innen, die für Frauen- und Minderheitenrechte einstehen. Einige wie der linke Parlamentsabgeordnete Jean Wyllis oder die Wissenschaftlerin Maria Clara Dias entscheiden sich sogar, das Land zu verlassen, um dem permanenten Druck von Beschimpfungen, Rufmord und Morddrohungen zu entgehen.

Am 14. März 2019, fast zeitgleich mit dem Internationalen Frauentag jährt sich die Ermordung der linken Stadträtin Marielle Franco in Rio de Janeiro. Ihr Mord hat sich ins kollektive Gedächtnis der sozialen Bewegungen eingebrannt, weil Marielle für vieles stand und kämpfte, was ihren Nachfolger*innen bis heute wichtig ist. Der Kampf der Politikerin um Rechte sowie gegen Rassismus und Polizeigewalt provozierte die Mächtigen. Marielle wurde von paramilitärischen Milizen hingerichtet, ohne dass das Verbrechen aufgeklärt oder die Täter zur Rechenschaft gezogen worden wären. Die mutmaßlichen Täter weisen zudem Verbindungen zu Flavio Bolsonaro, dem Sohn des Präsidenten auf.

Gewalt gegen Frauen und Minderheiten ist in Brasilien auf dem Vormarsch. In den ersten sechs Wochen des Jahres 2019 wurden in 188 Städten 151 Morde an Frauen verübt. Die Opfer sind in der Mehrzahl Afrobrasilianerinnen.

Auch im deutschsprachigen Raum wird es Demonstrationen, Gedenkfeiern für Marielle und Proteste gegen Bolsonaros Politik geben. In Berlin und Bern und in vielen anderen Städten. (siehe Termine)