Abkommen von Escazú von brasilianischer Abgeordnetenkammer verabschiedet
Gestern hat die brasilianische Abgeordnetenkammer als erste der zwei dafür zuständigen Kammern des Nationalkongresses für die Ratifizierung des Abkommens von Escazú, dem regionalen Umweltabkommen in Lateinamerika, zugestimmt. Sollte nun auch die zweite Kammer des Nationalkongresses, der Senat, zustimmen, so wäre Brasilien der 13. Staat Lateinamerikas, der den "Regionalen Vertrag über den Zugang zu Informationen, über die Beteiligung der Öffentlichkeit und über die juristische Prüfung in Umweltangelegenheiten in Lateinamerika und der Karibik", kurz: das Abkommen von Escazú ratifiziert hätte.
Bei der gestrigen Abstimmung hatte laut dem Bericht der Agência Câmara de Notícias der zuständige Berichterstatter, der Abgeordnete der PV-Partei aus Pernambuco, Clodoaldo Magalhães, zuvor im Parlamentsplenum die Annahme der Verordnung 209/23 empfohlen, die in der Abgeordnetenkammer als Gesetzgeberisches Dekret Decreto Legislativo (PDL) 934/25 geführt wird. In seiner Stellungnahme betonte der Berichterstatter, dass das Abkommen zur Bekämpfung der Umweltkriminalität beitrage, insbesondere im Amazonasgebiet, wo illegale Aktivitäten wie Goldabbau und Abholzung mit anderen kriminellen Praktiken verbunden seien. "Das Escazú-Abkommen unterbindet die komparativen Vorteile krimineller Organisationen, insbesondere in Grenzgebieten, und stärkt die Fähigkeit des brasilianischen Staates, seiner Pflicht zum Umweltschutz und zur öffentlichen Sicherheit unter Achtung der Menschenrechte nachzukommen", sagte Clodoaldo Magalhães dem Bericht der Agência Câmara de Notícias zufolge.
Das Abkommen von Escazú wurde von Brasilien bereits 2018 unterzeichnet. Erst jetzt aber nimmt der Ratifizierungsweg in Brasilien seinen abschliessenden Weg durch die zwei Instanzen des Nationalkongresses. Das Abkommen von Escazú selbst ist seit 2021 in Kraft und kann von allen lateinamerikanischen und karibischen Staaten unterzeichnet werden. Die jeweils aktualisierte Liste derjenigen Staaten, die das Abkommen ratifiziert haben, findet sich hier.
Das Abkommen selbst sieht als Ziele vor, dass die Bevölkerung kostenlosen Zugang zu Umweltinformationen habe, dass die gesellschaftliche Beteiligung bereits in den Anfangsphasen von Projekten mit Auswirkungen auf die Umwelt gewährleistet sei und dass es robustere Mechanismen für den Zugang zur Justiz, wie einstweilige Verfügungen und kostenloser Rechtsbeistand, gebe.
Mit der Zustimmung zur Ratifizierung des Escazú-Abkommens ist der überparteilichen Fraktion der die Umwelt schützenden Ambientalistas ein wichtiger Erfolg im sonst so konservativ bis reaktionär dominierten Abgeordnetenhaus in Brasília gelungen. Beobachter:innen gehen davon aus, dass jetzt, so kurz vor Beginn der 30. Weltklimakonferenz der COP 30 ein günstiges Zeitfenster im Nationalkongress bestand, um das Abkommen von Escazú zu verabschieden. Erst vor wenigen Monaten war der Antrag zu dem Escazú-Abkommen in der Kommission für Außenbeziehungen und Nationale Verteidigung (Comissão de Relações Exteriores e de Defesa Nacional (CREDN)) auf Druck des Agrobusiness gescheitert. Diese Verabschiedung seitens der Abgeordnetenkammer nun ist umso mehr auch ein großer Erfolg der brasilianischen Menschenrechts- und Umweltorganisationen, denn es setzt um, was 157 Organisationen der brasilianischen Zivilgesellschaft bereits im März 2024 zum wiederholten Male gefordert hatten: Ratifizierung des Abkommens von Escazú! Denn, so das Dokument mit der Forderung: "Das Escazú-Abkommen soll die vollständige und wirksame Umsetzung der Rechte auf Zugang zu Informationen, öffentliche Beteiligung und Zugang zur Justiz in Umweltangelegenheiten in Lateinamerika und der Karibik gewährleisten. Es ist auch das erste verbindliche Abkommen mit spezifischen Bestimmungen über die Verpflichtungen der Staaten, sichere Bedingungen für Personen, Gruppen und Organisationen zu gewährleisten, die sich für Menschenrechte in Umweltfragen einsetzen und diese verteidigen, einschließlich der Gewährleistung von Ermittlungen und Rechenschaftspflicht in Fällen von Angriffen, Drohungen oder Einschüchterungen gegen Menschenrechtsverteidigerinnen und -verteidiger."
Bleibt nun also noch das Warten und Hoffen auf den Senat, das sicherlich begleitet wird durch zivilgesellschaftlichen Druck von Außen und in den Medien. Damit das Abkommen von Escazú ratifiziert wird - und dessen Umsetzung mit Leben gefüllt wird.

