Antra-Studie 2020: Lebensbedrohliche Trans- und Genderdiversität

Unter der rechtsradikalen und ultrakonservativen Regierung Bolsonaro sind Trans- und genderdiverse Personen eine der gesellschaftlich verfolgten und gefährdeten Gruppen. Politische und gesellschaftliche Ausgrenzung und Intoleranz senken die Hemmschwelle für Gewalttaten. Sexuelle Identität als normierter Begriff verstellt dabei den Blick auf den Menschen und seine Geschichte. 82 Prozent aller weltweit registrierten Morde an Trans- und genderdiversen Personen geschahen in Mittel- und Südamerika, allein 43 Prozent in Brasilien. Weltweit werden 98 Prozent dieser Mode an Transfrauen oder transfemininen Menschen begangen.
| von Uta Grunert
Antra-Studie 2020: Lebensbedrohliche Trans- und Genderdiversität
Alle 48 Stunden wird in Brasilien eine Trans Person ermordet. Grafik: www.cut.org.br

Die Heinrich-Böll Stiftung hat ein Dossier zur Geschlechterdemokratie in Lateinamerika erstellt und zusätzlich ein Factsheet mit Zahlen und Fakten 2020 publiziert. Danach sind in Brasilien zwischen 01.10.2019 und 30.09.2020 152 Trans- und genderdiverse Personen ermordet worden. 175 Morde sind es im Jahr 2020 nach einer Studie von Antra, der brasilianischen Vertretung von Transvestis und Transsexuellen. Die meisten Morde in absoluten Zahlen wurden 2020 im Bundesstaat Sao Paulo begangen, gefolgt von Céara, Bahia, Minas Gerais und Rio de Janeiro. Die größte Konzentration ist allerdings im Nordosten zu beobachten. 56% der Opfer waren zwischen 15 und 29 Jahre alt. 78% der Opfer waren Afrobrasilianer.72% aller Täter hatten keine persönliche Beziehung zu ihrem Opfer. 47% der Morde wurden mit Handfeuerwaffen begangen, für deren Verbreitung die Waffenliberalisierung Bolsonaros gesorgt hat.

Unter den Opfern waren auch Menschenrechtsverteidiger*innen, denn zuletzt wurden immer mehr Trans- und genderdiverse Personen in politische Ämter gewählt. Dies schützt sie allerdings nicht vor virtueller und realer Hetze und Bedrohung. So mussten einige von ihnen ihre Lebensgewohnheiten ändern, um sich zu schützen.

Laut der Antra-Studie verdienten 65% der Opfer ihren Lebensunterhalt mit Sexarbeit. 71% von ihnen starben in offiziellen Einrichtungen. Für mehr Schutz und Rechte in der Sexarbeit arbeitet auch das Coletivo Rebu mit einem virtuellen Kalender von Sexarbeiter*innen und einem Video, in dem diese ihre Geschichte von ihrer Arbeit, ihrem Leben, dem Kampf gegen Vorurteile und Diskriminierung erzählen.