Entwaldungsstatistik Brasilien 2013 – Illegale Abholzung wieder angestiegen

Nach vier Jahren vermeintlicher Entwarnung von Seiten der brasilianischen Regierung hat die illegale Entwaldung in Brasilien in den offiziellen Einschätzungen wieder zugenommen. Am stärksten betroffen sind die Bundesstaaten Mato Grosso und Pará.
| von Uta Grunert
Entwaldungsstatistik Brasilien 2013 – Illegale Abholzung wieder angestiegen

Die Waldfläche der Amazonasregion erstreckt sich über mehrere Bundesstaaten; auf Portugiesisch werden dieses Gebiet unter dem Begriff Amazônia Legal zusammengefasst. Vom August 2012 bis Juli 2013 sind in Amazônia Legal weitere 5.843 km2 illegal abgeholzt worden. Das ist mehr als das Doppelte des Saarlands. Diese Beobachtung bedeutet einen Anstieg um 28% gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Die Waldentwicklung wird per Satellitenbildern von der Weltraum-forschungseinrichtung INPE (Instituto Nacional de Pesquisas Espaciais) dokumentiert. Jährlich im November gibt das Umweltministerium die Zahlen bekannt. Das PRODES-System erfasst Entwaldungsflächen ab einer Größe von 6,25 Hektar, wenn keine Einzelbäume mehr stehen. Um als illegal entwaldet erfasst zu werden, müssen ein Kahlschlag oder andere Faktoren (z.B. Feuer) vorliegen, die zur restlosen Entfernung des Baumbestands geführt haben.

Die oben im Bild wiedergegeben Tabelle belegt die Entwaldungszahlen der einzelnen Bundesstaaten und der Gesamtentwaldung von Amazônia Legal1:

Laut Waldschützer*innen von Greenpeace und WWF bestätigen die Zahlen die niedrige Priorisierung von Umweltschutzthemen auf der Agenda der Regierung Dilma Rousseff. Während ihrer Amtszeit konnte die politisch stark vertretene Agrarlobby das Waldschutzgesetz Código Florestal2 entschärfen. Die Rodung privaten Landes wurde gesetzlich erleichtert, Auflagen für private Waldbesitzer abgemildert. "In Mato Grosso liegt der Wald fast ausschließlich in Privathand. Es ist kein Zufall, dass Abholzung und Brandrodung gerade hier nach oben geschnellt ist", stellt WWF-Südamerika-Referent Roberto Maldonado fest. Soja und Rindfleisch sind schlichtweg lukrativer als Walderhalt. Neben der nach Norden wandernden Grenze des Agrobusiness sieht Paulo Adario von Greenpeace3 die Ursachen im unplanmäßigen Holzeinschlag, illegalem Straßenbau und fehlender Präsenz des Staates in der Region. Pará ist der Bundesstaat in dem die brasilianische Regierung den Bau von riesigen Staudämmen vehement vorantreibt. Waldverluste werden bei diesen Prestigeobjekten billigend in Kauf genommen.

Die Regierung interpretiert den Entwaldungs-Wert neben dem Vorjahr als das zweitbeste Ergebnis seit Aufzeichnung der Daten Ende der achtziger Jahre. Lediglich die zwei Bundesstaaten Mato Grosso und Pará müsse man noch in den Griff bekommen, ansonsten sei der Waldschutz weiterhin auf dem Vormarsch.

Bedrohlich ist bei diesen Beobachtungen, dass Waldflächen der Trockensavanne des Cerrados bei der Interpretation dieser Statistik kaum Erwähnung finden. In den meisten Abhandlungen ist nur vom Regenwald die Rede. Zahlen aus der jährlichen Waldbrandstatistik des INPE4 belegen jedoch, dass die Biome Amazonasregenwald und Wälder der Cerrados mit jeweils fast 40% gleich stark von Waldbränden/Brandrodung beeinträchtigt sind.

Laut Greenpeace5 hat die Zeitschrift Science eine prognostizierende Studie zur weltweiten Waldflächenentwicklung von Peter Potopov von der Universität Maryland veröffentlicht. Danach sollen innerhalb der nächsten zwölf Jahre 2,3 Millionen Quadratkilometer Waldfläche zerstört werden, was im Vergleich der Landesfläche von Argentinien entspricht. Dennoch hält die Umweltorganisation Greenpeace an ihrer Forderung der Null-Entwaldung fest. Paulo Adario betont, dass es keiner weiteren Abholzungen bedürfe, um ausreichend Nahrungsmittel produzieren zu können.

1 http://www.inpe.br/noticias/noticia.php?Cod_Noticia=3443 und KoBra, Uta Grunert, Projektbericht Tropenwald Dez. 2012

2 Das brasilianische Waldschutzgesetz wurde 2012 von den politischen Gremien überarbeitet verabschiedet, die ursprüngliche Fassung von 1965 hatte hohe Standards, um Wald- und Gewässerschutz zu garantieren. Mit der neuen Fassung erhalten private Landbesitzer erweiterte Nutzungsmöglichkeiten – verbleibende Waldschutzinseln sowie der Quell- und Gewässerschutz wurden dezimiert.