"Gesetzesprojekt der Verwüstung": Senat stimmt auch im Plenum für das "Generalgesetz zur Umweltlizenzierung" 2159/21

Der Senat Brasilien hat am gestrigen Mittwoch mit 54 gegen 13 Stimmen den Gesetzentwurf zur Einführung des Allgemeinen Umweltgenehmigungsgesetzes angenommen, nachdem am Tag zuvor bereits die im Senat dafür zuständigen Kommissionen für Umwelt und Landwirtschaft dafür gestimmt hatten (KoBra berichtete). Der Gesetzentwurf 2159/2021, der seit 2004 im Kongress diskutiert wird, enthält allgemeine Regeln und Leitlinien für die Erteilung von Baugenehmigungen. Ziel sei es, so die Webseite des Senats, "die Verfahren für die Erteilung von Umweltgenehmigungen landesweit zu vereinheitlichen und die Erteilung von Genehmigungen für Projekte mit geringeren Auswirkungen zu vereinfachen." Der mit Änderungen angenommene Text wird nun an die Abgeordnetenkammer zurückgehen. Laut der Berichterstatterin des Plenums, Senatorin Tereza Cristina von der PP-Partei aus dem Bundesstaat Mato Grosso do Sul, die zur Amtszeit des rechtsextremen Präsidenten Jair Bolsonaro von Januar 2019 bis März 2022 dessen Landwirtschaftsministerin war, bevor sie sich für den Senatssitz in ihrem Heimatbundesstaat bewarb, erklärte laut der Webseite des Senats, die aktuell geltenden Umweltgenehmigungsvorschriften umfassten "ein wahres Labyrinth von etwa 27.000 Vorschriften".
Der Senat hat nun einige Änderungen an dem Ursprungstext aus dem Abgeordnetenhaus vorgenommen. So wurde eine neue Art von Genehmigungen mit einem vereinfachten Verfahren für Projekte eingeführt, die von der Regierung dann als vorrangig eingestuft werden. Einige Senator:innen gehen laut dem Bericht auf der Webseite des Senats beispielsweise davon aus, dass eine solche Art von Lizenz mit ihrem vereinfachten Verfahren und dem Verzicht auf Etappen die Suche nach Öl im Amazonasgebiet ermöglichen werde. Die von Senator Davi Alcolumbre von der União-Partei aus dem Bundesstaat Amapá, dem Präsidenten des Senats, vorgeschlagene Änderung sieht die Einführung eben einer solchen Umwelt-Sondergenehmigung vor. Bei diesem Verfahren, das auf einer einzigen Genehmigung basiert, wird auf Etappen verzichtet wird. Diese Art von Genehmigung solle laut mehrheitlichem Senatswunsch auf Projekte angewandt werden, die zuvor von der Exekutive auf der Grundlage einer Erklärung des Regierungsrats als vorrangig eingestuft wurden. Der maximale Analysezeitraum für die Erteilung der Genehmigung dürfe ein Jahr betragen.
Eine weitere Änderung, die der Senat an einem umstrittenen Punkt des Gesetzentwurfs vornahm, war die Einbeziehung von Bergbauaktivitäten in großem Maßstab oder mit hohem Risiko in das Generalgesetz zur Umweltlizenzierung 2159/21. Der von der Abgeordnetenkammer verabschiedete Text hatte diese Tätigkeiten aus dem Geltungsbereich des Gesetzes herausgenommen und die Genehmigung von Bergbau in großem Maßstab bis zum Erlass eines spezifischen Gesetzes den Bestimmungen des Nationalen Umweltrates (CONAMA) unterstellt. Der vom Senat verabschiedete Gesetzentwurf sieht nun vor, dass die Umweltlizenz vereinfacht und durch eine Art Selbsterklärung des Unternehmers zur Einhaltung und Verpflichtung erteilt werde, wobei die Anforderungen von der Genehmigungsbehörde vorab festgelegt werden. So wird also die Unternehmer:innenschaft quasi von der Beweislast der Umweltfolgenkonformität per Selbsterklärung erstmal pauschalisiert freigesprochen. Mit dem Gesetzentwurf wird das Selbst-Lizenzieren für die meisten Projekte in Brasilien freigegeben, da es generell für die Erteilung von Genehmigungen gilt, mit der einzigen Ausnahme von Projekten mit starken Auswirkungen auf die Umwelt. Nach dem Text der Kammer wäre die einzige Bedingung für das Selbst-Lizenzierungsverfahren, dass die Tätigkeit oder das Unternehmen nicht zu einer erheblichen Umweltbeeinträchtigung führen kann. LAC werden für Projekte zugelassen, die als klein oder mittelgroß und mit geringem oder mittlerem Verschmutzungspotenzial eingestuft werden und bei denen die Genehmigungsstelle keine Umweltrelevanz oder Anfälligkeit festgestellt hat. Der Gesetzestext sieht zudem die automatische Verlängerung von Umweltlizenzen vor. Diese Regel würde für jede Art von Lizenz oder Unternehmen gelten, unabhängig von der Analyse durch die Genehmigungsstelle, mit eben nur solch einer Art Selbsterklärung des Unternehmers.
Eingeführt werden soll auch, dass es für die Unternehmensprojekte eine automatische Lizenz-Verlängerung gebe, dies jedoch nur dann, wenn sich die Merkmale oder die Größe des Unternehmens nicht geändert haben, wenn sich die geltenden Umweltvorschriften nicht geändert haben und wenn die Bedingungen der Lizenz nach Vorlage eines von einem Fachmann unterzeichneten Berichts weiterhin erfüllt werden.
Als symbolische Gegenleistung zur unternehmenswillfährigen Selbst-Lizenzierung gleichsam sieht die PL 2159/21 eine Erhöhung der Strafe bei Verstößen vor: So hat der Senat die Strafe für den Straftatbestand des Baus oder der Renovierung umweltbelastender Anlagen oder Dienstleistungen ohne Umweltgenehmigung erhöht. Derzeit beträgt das Strafmaß nach dem Gesetz 9.605 aus dem Jahr 1998, das Sanktionen für umweltschädigendes Verhalten und umweltschädigende Tätigkeiten vorsieht, ein bis sechs Monate Gefängnis. In der Abgeordnetenkammer wurde das Strafmaß auf zwei Monate bis ein Jahr erhöht. Im Senat wurde das Strafmaß auf sechs Monate bis zwei Jahre erhöht. Die Strafe kann auch verdoppelt werden, wenn für die Tätigkeit oder das Unternehmen eine vorläufige Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt wurde.
Zu dieser Verabschiedung der Gesetzesinitiative PL 2159/21 äußerte sich gestern auch Brasiliens Bundesumweltministerium auf ihrer Webseite:
"Der dem Kongress vorliegende Gesetzentwurf 2159/2021, der sich mit der Erteilung von Umweltgenehmigungen befasst, stellt einen erheblichen Abbau der bestehenden Vorschriften zu diesem Thema dar und gefährdet die ökologische und soziale Sicherheit des Landes. Darüber hinaus verstößt er direkt gegen die Bundesverfassung, die in Artikel 225 den brasilianischen Bürgern das Recht auf eine ökologisch ausgewogene Umwelt garantiert und eine vorherige Umweltverträglichkeitsprüfung für alle Arbeiten oder Aktivitäten vorschreibt, die Umweltschäden verursachen könnten."
Die Kritik des Umwetministeriums bezieht sich des Weiteren auf Punkte wie das Nicht-Rückschrittsgebot und verweist auf allfälligen Widerspruch zu Entscheidungen des Obersten Bundesgerichtshofs STF. Zudem schweige sich der Gesetzentwurf zur Klimakrise aus, ohne das Thema auch nur zu erwähnen.
Zusammenfassend bewertet Brasiliens Umweltministerium den Gesetzesvorschlag PL 2159/21 dahingehend, dass "sich der Vorschlag negativ auf das sozio-ökologische Management auswirken und möglicherweise zu einem hohen Grad an Rechtsprechung führen [werde], was das Umweltgenehmigungsverfahren für die Gesellschaft und den brasilianischen Staat zeitaufwändiger und kostspieliger machen wird. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass die Legislative ein Gleichgewicht zwischen dem von den Produktionssektoren gewünschten Tempo und der Notwendigkeit, die wesentlichen Instrumente des Umweltschutzes zu erhalten, sicherstellt. Ein wirksamer rechtlicher Rahmen muss eine nachhaltige Entwicklung fördern, die auf technischen Kriterien, Transparenz und institutioneller Verantwortung beruht und mit den verfassungsmäßigen Grundsätzen des Umweltschutzes in Einklang steht."