Gesetzesinitiative PL 191 zu Bergbau und Wasserkraft in indigenen Gebieten: Kurz vor Verabschiedung?

PL 191 würde Bergbau und Wasserkraft in indigenen Territorien erlauben.
| von Christian.russau@fdcl.org
Gesetzesinitiative PL 191 zu Bergbau und Wasserkraft in indigenen Gebieten: Kurz vor Verabschiedung?
Nicht nur Bergbau, auch Staudämme würde die PL 191 in indigenen Territorien erlauben. Hier: Belo Monte, Foto: christian russau [2016]

Der Gesetzentwurf PL 191 in Brasilien befasst sich laut Gesetzestext mit: "Regelt § 1 des Art. 176 und § 3 des Art. 231 der Verfassung, um die besonderen Bedingungen für die Erforschung und den Abbau von Bodenschätzen und Kohlenstoffen sowie für die Nutzung von Wasserressourcen zur Stromerzeugung auf indigenem Land festzulegen, und sieht eine Entschädigung für die Einschränkung des Nießbrauchs an indigenem Land vor."

Amazônia Real berichtet, wie die Bolsonaro-Regierung samt ihrer Unterstützer:innen diese PL 191 mit dem Argument auf die Kriegssituation Russlands in der Ukraine durchsetzen will. Auch in europäischen Medien wird darüer berichtet, wie Bolsonaro den drohenden Mangel an Kali-Dünger-Importen aus Russland nach Brasilien ausgleichen will, indem er den Bergbau in indigenen Territorien vorantreiben wolle. Der brasilianische Bundesabgeordnete Ricardo Barros von der Partei PP sammele demnach seit Donnerstag, 3. März, im internen System der Abgeordnetenkammer Unterschriften für den größten anti-indigenen Angriff der Regierung von Jair Bolsonaro, die PL 191. Bolsonaro sei es gelungen, beim Exekutivbüro einen Antrag zu stellen, damit der von der Exekutive verfasste Gesetzentwurf PL 191/2020 in Dringlichkeit bearbeitet werde. Wenn die Genehmigung erteilt werde, so Amazônia Real, werde der Bergbau in indigenem Land in Brasilien genehmigt werden. Die ökologische und soziale Katastrophe steht somit unmittelbar bevor.

Die Regierung nutze die Empörung über den Krieg Russlands gegen die Ukraine, um das Gesetz PL 191 zu verabschieden, das die Artikel 176 und 231 der Verfassung regelt und den Bergbau zulassen soll, der jetzt in den indigenen Gebieten (noch) als illegal gilt. Bolsonaros Argument ist, dass es im Amazonas Kali gebe, ein Mineral, das für die Herstellung von Düngemitteln verwendet wird, und ein Teil davon befände sich in indigenem Land. Durch die russische Invasion im Nachbarland werde es für Brasilien und den Rest der Welt schwierig werden, in der Landwirtschaft verwendete Düngemittel aus Russland zu beziehen.

"Wenn dieses Gesetz verabschiedet wird, ist es das Ende vieler indigener Völker in Brasilien", verurteilte der Abgeordnete Nilto Tatto von der oppositionellen Arbeiterpartei PT dieses Vorpreschen bei der Gesetzesinitiative PL 191. "Sie nutzen den Moment aus, in dem alle von der Kriegssituation bewegt sind und sagen, dass der Bergbau auf indigenem Land genehmigt werden sollte, um Brasilien nicht zu schaden." Auch der Abgeordnete Rodrigo Agostinho von der PSB warnt, es bestehe "die reale Gefahr, dass über diesen Gesetzentwurf in den kommenden Wochen abgestimmt wird. Die Regierung übt Druck aus. Unter dem Vorwand, die Düngemittelindustrie zu unterstützen, sollen in Wirklichkeit die Garimpeiros freie Hand bekommen", so Agostinho. Die Kräfteverhältnisse im brasilianischen Nationalkongress scheinen derweil darauf hinzudeuten, dass die PL 191 durchgehen könnte, befürchten Beobachter:innen.

Am morgigen Dienstag findet in Brasilia eine große Kundgebung statt, zu der auch der Sänger Caetano Veloso aufgerufen hat und an der Hunderte von Institutionen, Künstler:innen und Persönlichkeiten teilnehmen werden. Diese Mobilisierung zusammen mit intrenationalem Druck mag die letzte Hoffnung sein, die Abgeordneten zum Schutz der indigenen Völker zu bewegen, aber andere umweltfeindliche Gesetzesentwürfe, wie die zur Erleichterung des Landraubs und der Zulassung von Agrargiften, wurden von diesem Kongress bereits mit deutlichen Mehrheiten durchgewunken und verabschiedet. Bolsonaro hatte bereits lange vor seiner Wahl angekündigt, wie seine indigenenfeindliche Politik aussehen werde. "Keinen Zentimeter Land mehr!" für die Indigenen, das war einer seiner zentralen Wahlsprüche. Und dies setzt er jetzt um. Seit 2019 wurde kein neues indigenes Territorium mehr ausgewiesen, und die bestehenden geraten jetzt ebenfalls unter Druck, sei es durch die noch anstehende Entscheidung des Obersten Gerichtshofes STF zur Stcihtagsregelung "Marco Temporal" oder wie jetzt diese Tage durch den Gesetzesentwurf PL 191. Düstere Zeiten.

// Christian Russau