Brasiliens Wasserbehörde wirft Staudammbetreiber Mißachtung von Auflagen vor

Brasiliens nationale Wasserbehörde Agência Nacional de Águas (ANA) wirft der Betreiberin des umstrittenen Staudamms Jirau am Rio Madeira im Bunsstaat Rondônia vor, die bereits 2009 bei der Baugenehmigung erteilten Auflagen zum Hochwasserschutz noch immer nicht umgesetzt zu haben.
| von Christian Russau
Brasiliens Wasserbehörde wirft Staudammbetreiber Mißachtung von Auflagen vor
Staudamm Jirau während der Bauphase. Photo: PAC (CC BY-NC-SA 2.0)

Dies berichtet die Tageszeitung Estado de São Paulo. Der Präsident der Wasserbehörde, Vicente Andreu, sagte, dass "die seitens der Firma erfolgte nicht-umfassende Umsetzung der strukturellen Hochwasserschutzmaßnahmen" dazu führt, dass nun extra erweiterte Maßnahmen in die Wege geleitet werden müssten, um die Vorgaben des Hochwasserschutzes umzusetzen. Dazu gehöre in Konsequenz auch, dass der Staudammbetreiberin, dem Konsortium Energia Sustentável do Brasil, verschärfte Auflagen zur operativen Betriebsführung des 3750-MW-Staudamms vorzuschreiben seien.

Im vergangenen Jahr war es zu den größten Überschwemmungen am Rio Madeira seit über 100 Jahren gekommen. Die Staudammbetreiberinnen mussten den von den Fluten betroffenen Menschen Entschädigungen zahlen, da die Gerichte es als erwiesen ansahen, dass die beiden neuen Großstaudämme Jirau und Santo Antonio zu den neuen Überschwemmungen beigetragen beziehungsweise diese verschärft hätten. Zudem hatten Gerichte festgestellt, dass die vorangegangenen Umweltverträglichkeitsprüfungen unzureichend waren und deswegen wiederholt werden müssten.

Bei dem Staudamm Jirau war es zudem zu einem in Brasilien eigentlich ungewöhnlichen Vorkommnis gekommen. Zu einer Klage nationaler und internationaler Versicherungskonzerne vor einem internationalen Schiedsgericht. Dies ist deswegen brisant, weil Brasilien eines der wenigen Länder weltweit ist, dass noch keines dieser sogenannten Bilateralen Investitionsschutzabkommen (BITs) geschlossen hat - 14 davon hat Brasilien in den 1990er Jahren unter der Regierung von Fernando Henrique Cardoso unterzeichnet, aber der Kongress hat nie eines dieser BITs ratifiziert. BITs sind meistens (neben einigen Freihandelsabkommen mit entsprechenden Investor-to-State-"Schutz"-Bestimmungen) die Basis für die Klagemöglichkeit ausländischer Investoren vor internationalen Schiedsgerichten wegen "diskriminierenden" oder "enteignenden" oder "Enteignung ähnelnden" Verhaltens. Wieso aber gelang es 2011 dem internationalen Versicherungskonsortium, Brasilien vor ein internationales Schiedsgericht zu ziehen?

In Brasilien hatten im Jahr 2011 Bauarbeiter des Staudamms Jirau aus Wut über die Arbeitsbedingungen einen Großteil der Einrichtungen auf dem Staudamm- und Baugelände zerstört. Das Baukonsortium forderte hinterher von den Versicherungskonzernen vertraglich zugesicherte Entschädigungen in Höhe von 550 Millionen Reais. Der Versicherungsverbunds, zudem auch die deutsche Allianz und die spanische MapfRe zählten, weigerte sich, diesen Betrag zu ersetzen. Die Versicherer argumentieren, die Proteste der Arbeiter seien ein "politischer Akt" gewesen. Das Baukonsortium argumentierte, dass die Proteste ein "krimineller Akt" und von daher durch die Police der Versicherung abzudecken sei. Die Versicherer zogen vor ein brasilianisches Gericht, da sie sich aber vor einem internationalen Schiedsgericht mehr Erfolg versprechen, zogen sie auch vor ein internationales Schiedsgericht in Großbritannien. Bislang sind über die Gerichtsentscheide noch keine Neuigkeiten vermeldet worden.