Ashaninka schreiben Brief an Regierungen

In einem Brief an die brasilianische und peruanische Regierung haben indigene Gemeinschaften der Ashaninka und Apolima Arara auf die Morde an vier Ashaninka Anführern und die damit verbundenen Konflikte im Grenzgebiet aufmerksam gemacht.
| von Benki Piyãko (Übersetzt von KoBra)

Brief an die führenden Personen der Regierungen, die sich den Menschenrechten der Vereinten Nationen verbunden fühlen und diese verteidigen, über die Probleme der Terras Indígenas (anerkannte Indigenengebiete) der Ashaninka und Apolima Arara in Brasilien (Region Alto Jurão) und der Ashaninka in Peru (Region Ucayali). Hiermit fordern wir die rechtmäßige Aufarbeitung dieser Morde und ein staatliches Eingreifen in diese Konflikte.

Ich, Benki Piyãko, Anführer der Ashaninka, schildere anhand von diesem Brief die Probleme der Terras Indígenas der Ashaninka und der Apolima Arara in der Region Alto Jurão (Acre) in Brasilien und der Ashaninka in der Region Ucayali in Peru, welche durch Vorhaben beider Länderregierungen, wie z.B. illegale Entnahme von Holz, Erdöl und Gold sowie durch Drogenhandel, bedroht sind. Dieser Geist im Sinne des Raubbaus greift direkt unsere Territorien an und zerstört die Völker, die an diesen Orten leben.

Als Menschenrechtsaktivist bekam ich 2004 von der brasilianischen Regierung und 2013 von der Stadt Weimar in Deutschland den „Preis für Menschenrechte“ verliehen. Ich stelle daher einige Forderungen an die weiteren Mitglieder der Vereinten Nationen, die die Rechte der Indigene Völker verteidigen, die heute von unseren Ländern auf so gewaltsame Art und Weise verletzt werden. Dies führte zur Ermordung unserer Anführer und bedroht andere Anführer, die ihre Rechte und die Rechte der im brasilianischen und peruanischen Amazonas lebenden Völker verteidigen.

Wir, die indigenen Völker aus dem brasilianisch-peruanischen Grenzgebiet, befehlen, dass unsere Rechte als Menschen respektiert werden, die bereits seit Hunderten von Jahren in diesen Wäldern leben ohne sie zu zerstören. Seit mehr als 26 Jahren, seit der brasilianischen Verfassung von 1988, kämpfen wir für die Demarkation unserer Territorien mit dem Ziel die Abgrenzung aller Terras Indígenas in Brasilien zu erreichen. Dieses Vorhaben mit Hunderten von Gemeinschaften, die noch darauf warten, dass ihr Land demarkiert wird, liegt aber bis heute in den Händen der Regierung und geht nur sehr langsam voran.

Ich möchte, dass die Organisation der Vereinten Nationen von unseren Ländern verlangt, dass sie die Sicherheit dieser Gebiete gewährleisten, welche heute einige der wenigen Gebiete mit der größten Biodiversität der Welt darstellen, eine Überlebenskultur ohne Zerstörung besitzen sowie die Wasserquellen, Wälder, Tiere und Fische sichern. Es ist sehr traurig zu sehen, dass wir trotz alledem bedroht werden, wenn wir diesen Naturreichtum schützen, weil wir  von vielen Entwicklungsmaßnahmen vergessen werden.

Auch nach einer 14-jährigen Geschichte des Kampfes der Verteidigung unserer Gebiete hier in unserem Amazonas an der brasilianisch-peruanischen Grenze, gegen die Holzfällerinvasionen, haben wir Ashaninka noch nicht das gewünschte Ergebnis für unser indigenes Volk erreicht.

Aufgrund dessen fordern wir auf diesem Wege, dass unsere Rechte von den Vereinten Nationen respektiert und berücksichtigt werden, auch um unsere Gebiete zu verteidigen.

Durch unseren Einsatz im Grenzgebiet haben wir unseren Landesregierungen Unterstützungsmöglichkeiten aufgezeigt. Wir kämpfen für die Überwindung einer Welt, der das Bewusstsein für Bewahrung/Wiederherstellung und Revitalisierung fehlt. Wir wenden uns an alle, denen ein ganzheitlicher Zugang zum Leben fehlt, deren Leben von Drogen, Waldzerstörung oder der Zerstörung des Planeten geprägt ist. Unsere Lebensweise dient dem Erhalt unserer Wälder, der Flüsse und menschlichen Lebens.

Im Folgenden stelle ich den Ablehnungsbrief der indigenen Organisationen Ashaninka und Apolima Arara aus dem brasilianisch-peruanischen Grenzgebiet vor, in dem unsere Verzweiflung über den Verlust der wichtigen Ashaninka Anführer aufgrund der Invasionen in unsere Gebiete dargelegt wird.

 


 

Hochachtungsvoll,

Benki Piyãko Ashaninka,

Ashaninka Führer des Vereins „Ashaninka do Rio Amônia“

Apiwtxa, Brasilien

 

Ablehnungsschreiben der Repräsentanten Terras Indígenas Ashaninka und Apolima Arara aus der brasilianisch-peruanischen Grenzregion.

Wir, die Führungen der vier Gemeinschaften des Grenzgebietes von Terras Indígenas Ashaninka und Apolima Arara in Brasilien und Terras Indígenas Ashaninka de Sawawo und Shawaya auf peruanischer Seite, welche alle am Fluss Amônia liegen, haben uns am 11. September 2014 in dem Dorf Apiwtxa versammelt, um von der peruanischen und brasilianischen Regierung angemessene Vorkehrungen über die Morde an den vier führenden Ashaninka von Terras Indígenas Saweto vom Fluss Alto Tamaya in Peru, Edwin Chota, Leoncio Meléndez, Francisco Pinedo und Jorge Peres zu verlangen.

Die Morde an den vier Führern, die Anfang September 2014 geschahen, vor allem die an Edwin Chota und Jorge Peres, stellen Gräueltaten dar, welche wir als eine Form der Holzarbeiter und Drogenhändler sehen, nicht nur die Gemeinschaft Saweto zu schwächen, sondern auch die weiteren Führer aufs Stärkste einzuschüchtern, welche ebenfalls dafür kämpfen um zu verhindern, dass diese Kriminellen in unsere Gebiete eindringen und in diesen in Form von Holzausbeutung und Drogenhandel tätig sind. Wir sind uns darüber bewusst, dass die Mörder auch nach den Taten noch Morddrohungen über Funkgeräte an weitere Einwohner des Dorfes Saweto richten, wenn diese versuchen sich mit Verwandten zu verständigen und ihr Leid über die Morde zu beklagen.

Wir sehen diese Taten als eine starke Provokation und fühlen uns ebenfalls bedroht. Wir verlangen von der Justiz beider Länder, Brasilien und Peru, dass sie diesen Fall schnellstmöglich aufklären, ansonsten sehen wir uns gezwungen selbst zu handeln, um zu verhindern, dass weitere Führer und unschuldige Personen ermordet werden.

Jedes Jahr sterben Ashaninka an der Grenzlinie in Peru und wir wollen dem so schnell wie möglich ein Ende setzen. Abgesehen von der Forderung, dass sowohl die brasilianische Bundespolizei als auch die peruanische Polizei diesen Fall umgehend überprüfen, verlangen wir auch von der peruanischen Regierung, dass in der Nähe vom Tatort am Fluss Tamaya ein Standort der peruanischen Nationalpolizei errichtet wird, um so die Rechtschaffenheit aller Spuren dieses kriminellen Aktes und den Schutz der Leichname unserer Führer zu gewährleisten. Da es sich außerdem noch um ein internationales Verbrechen handelt, bei dem kriminelle Brasilianer peruanische Führer auf peruanischem Boden ermordet haben, und diese Verbrecher ebenfalls die Gemeinschaften Ashaninka und Apolima Arara am Fluss Amônia bedrohen, ist es von höchster Wichtigkeit, dass dieses Verbrechen umgehend und angemessen bestraft wird.

Wir können nicht länger warten, denn unsere Hunderten Jugendlichen erleben verängstigende Taten, welche die Zukunft aller Ashaninka Gemeinschaften, die unter dieser Angelegenheit schon seit Jahren leiden, in Gefahr bringt.

Wir werden alle Instanzen, sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene, einschalten, damit wir in unseren Territorien in Frieden leben können.

Wir fordern:

  • Wir fordern die umgehende Deklaration des Titels der „Terra Ashaninka do Alto Tamaya“ und den Schutz der Angehörigen der Opfer. Außerdem fordern wir, dass alle Personen, die dieses Verbrechen begangen haben, angemessen bestraft werden und dass alle illegalen Aktivitäten in der Grenzregion aufgeklärt und bekämpft werden, damit die indigenen Gemeinschaften Ashaninka und Apolima Arara sowie nicht-indigene Einwohner der Region in Frieden und ohne Bedrohungen auf ihren Gebieten leben können. Abgesehen davon ist es notwendig, dass die vorhandenen Bedrohungen durch die verantwortlichen Regierungsbehörden aufgeklärt werden und dass sowohl die Führer der Ashaninka in Peru und Brasilien als auch die Führer des Volkes Apolima Arara Schutz erhalten.
  • Abgesehen von der Gefangenschaft der Verbrecher in der Region auf peruanischer Seite, ist es ebenfalls wichtig generell zu identifizieren wer in der Region Saweto wohnt. Wir haben Informationen darüber, dass die Mehrheit der Personen, die in der Region vom Alto Tamaya und seinen Nebenflüssen Putaya und Kañaña agieren, Brasilianer sind.
  • Es ist notwendig, dass von der brasilianischen Regierung dringend Stellen der Funai, der Bundespolizei und der IBAMA in dem Munizip Marechal Thaumaturgo eingerichtet werden, um so bei der Kontrolle und Beratung bezüglich der Nutzung der natürlichen Ressourcen behilflich zu sein.
  • Zuletzt fordern wir, dass die bestehenden Abkommen zwischen Brasilien und Peru, die zum Gegenstand den Schutz der indigenen Völker in der Grenzregion und aller natürlichen Ressourcen haben, von beiden Ländern respektiert und bekräftigt werden.

Auf Bitte der Angehörigen der Opfer der ermordeten Führer, die in Brasilien leben, sollen dir Körper der Opfer so schnell wie möglich durch die verantwortlichen peruanischen Behörden identifiziert werden, damit sie unter Berücksichtigung der Rituale und Tradition der Ashaninka am Ort des Geschehnisses begraben werden können.

Da es sich um die Grenzregion handelt, ist es sehr dringend notwendig, dass eine Kommission beider Länder, Brasilien und Peru, den Ermittlungsprozess von diesem Fall begleiten.

Abschließend ist es von großer Wichtigkeit, dass die in diesem Fall nachlässigen Regierungsbehörden und Nicht-Regierungsbehörden untersucht werden. Außerdem ist es wichtig, die Wege, Routen und Orte, an denen die illegalen Holzarbeiter und Drogenhändler tätig sind, zu identifizieren und zu kontrollieren.

Dieses Ablehnungsschreiben wird von Vertretern folgender Terras Indígenas in Brasilien und Peru unterschrieben:

  • Terra Indígena Kampa vom Fluss Amônia, Volk der Ashaninka, Brasilien.
  • Terra Indígena Apolima Arara vom Fluss Amônia, Volk der Apolima Arara, Brasilien.
  • Terra Indígena Sawawo, Hito 40, Volk der Ashaninka, Peru.
  • Terra Indígena Shawaya, Hito 40, Volk der Ashaninka, Peru.

Dorf Ashaninka Apiwtxa, Marechal Thaumaturgo, Acre, Brasilien, 12.09.2014