Staudämme gefährden Amazonien

Unter dem Werbeslogan von „billiger, sauberer Energie“ plant Brasilien mehr als 100 weitere Staudammbauten an Amazoniens Flüssen.
| von Glenn Switkes

Bei weiter steigender Energienachfrage wird dies auch Auswirkungen auf den amazonischen Regenwald der Nachbarländer haben. In Peru und Bolivien sind bereits Staudämme in Planung, um Elektrizität nach Brasilien zu exportieren.

Selbst Brasiliens Umweltminister Carlos Minc ist ein begeisterter Befürworter von Staudämmen im Amazonasgebiet. Die unter ihm eingeführte Gesetzgebung soll die Lizenzvergabe für neue Staudammbauten beschleunigen und Projekte bewilligen, die unter dem Vorwand, von „strategischer Wichtigkeit“ für Brasiliens Zukunft zu sein, die strenge Umweltgesetzgebung Brasiliens umgehen.
Amazoniens bestehende Staudämme sind einige der klimaschädlichsten unseres Planeten. Balbina- der schlimmste Staudamm Amazoniens bis heute- stößt zehn mal mehr Treibhausgase durch verottende Vegation im Reservoir aus, als ein Kohlekraftwerk der gleichen Kapazität.
Das Balbina-Reservoir deckt heute 4337 km² ab, und ist damit fast doppelt so groß ursprünglich, d.h. dass die Emissionen sogar stark unterschätzt sein dürften.
Die Globale Erderwärmung lenkt den Fokus auf die Zukunft Amazoniens, zumal seine Flüsse eine grundlegende Rolle in der Erhaltung des Regenwaldes spielen.
Die Anzahl der geplanten Staudämme würde die anfällige Wasserbalance der Region gefährden, das Waldsterben forcieren, mehr als 100.000 Flussbewohner aus ihrer Umgebung vertreiben und Dutzende indigener Schutzgebiete dauerhaft zerstören.
Belo Monte am Xingu (Fluss) wäre mit einer Lieferkapazität von 11.300 MW das dritt größte Wasserkraftwerk der Welt und das zweit größte Brasiliens. Begleitende Umweltstudien sind bereits abgeschlossen und die Regierung gab bekannt, das Projekt im Oktober privaten Investoren anzubieten.
Belo Monte würde fast den gesamten Xingu durch zwei große, künstliche Kanäle zum Kraftwerk leiten, davon betroffen wären 1.552 km² der Region. Ein 130 km langer Flussabschnitt des Xingu würde trockenfallen. Unabhängige Studien bezweifeln die Wirtschaftlichkeit des 9 Billionen US$ teuren Projekts, da das Wasserwerk wenig oder keine Elektrizität während der viermonatigen Niedrigwasserperiode erzeugen würde.
Im letzten Mai versammelten sich 800 indigene Volksstämme des ganzen Xingu-Tals in Altamira um ihre Stimmen im Widerstand gegen den Staudammbau am Xingu zu erheben. Sie tanzten, sangen und warnten davor, dass „ein dritter Weltkrieg im Amazonas“ ausbrechen würde, falls die Projekte nicht unterbrochen werden würden. Für einen kriegerischen Volksstamm ist dies keine leicht zu nehmende Warnung.

Viele andere geplante Staudammbauten würden ebenfalls indigene Einzugsbereiche tangieren. Fast die Hälfte der geplanten Projekte würde direkten Einfluss auf Schutzgebiete haben. Der Marabá oder der Serra Quebrada-Damm am Tocantins würden unmittelbar indigene Territorien fluten. Andere würden Fischbestände zerstören und damit den Lebensunterhalt der Indigenen. Sieben der geplanten Staudämme am Tapajós würden indigenes Gebiet und den Nationalpark in Amazonien berühren mit seiner weltweit größten Säugetier-Diversität.