Pressemitteilung zur aktuellen Situation in Brasilien

Anlässlich einer Delegationsreise der Landlosenbewegung MST vom 10. bis 21. April 2018 haben die FreundInnen der brasilianischen Landlosenbewegung MST die folgende Pressemeldung herausgebracht.
| von FreundInnen der brasilianischen Landlosenbewegung MST
Pressemitteilung zur aktuellen Situation in Brasilien

Voller Sorge nehmen wir die Ereignisse der letzten Wochen und Tage in Brasilien zur Kenntnis. Bereits 2016 wurde die demokratisch gewählte Präsidentin Dilma Roussef (PT) auf eine höchst fragwürdige Weise ihres Amtes enthoben, nun wurde auch der ehemalige Präsident Brasiliens, Luís Inácio Lula da Silva (PT) ,
der mit seinen Sozialprogrammen Millionen Menschen  aus dem Elend befreite, ohne konkrete Beweiseverurteilt und sitzt seit Samstag, 8. April in Haft.


Die Arbeiterpartei und ihre Anhänger, zahlreiche Intelektuelle, Künstler*innen, Gerwerkschaftler*innen und Vertreter*innen progressiver sozialer Bewegungen und Parteien sehen in dem Verfahren gegen Lula einen zweiten Putsch. Es soll verhindert werden, dass Lula, der in den Umfragen für die Wahlen zum Präsidentendeutlich in Führung liegt, kandidieren kann. 2018 ist Wahljahr.


Die Veruteilung ist ein starker Einschnitt in die Demokratie und rechtstaatliche Errungenschaften, basiert sie bislang auf keinerlei vorgelegten Beweisen. Sie ist zugleich ein Affront gegen die Bevölkerung, ihre nach der Militardidaktur (1964–1985) hart erkämpfte Demokratie und vorbildhafte Verfassung von 1988, wie auch ihreHoffnungen auf eine bessere Zukunft.


Delegationsreise aus Brasilien
Vom 10.-21.April 2018 haben wir mit Ceres Hadich, Bereich Gender und politische Bildung und Matheus Gringo de Assunção, Generalsekretär der MST; Sao Pãulo zwei Vertreter*innen der brasilianischen Bewegung der Landlosen, einer der stärksten und größten sozialen Bewegungen Lateinamerikas, eingeladen
und bieten im Rahmen dessen Pressegespräche und Interviews über die Bewegung wie auf die aktuelle politische Lage in Brasilien an. Zu den Veranstaltungsterminen


Bei Interesse an einem Gespräch bitten wir im eine kurze Rückmeldung an:
Pressekontakt: brasilien@treemedia.org
Constanze Lemmerich, Projektorganisation

 

Über die Landlosenbewegung MST
Seit vielen Jahren begleiten und beobachen wir die Situation in Brasilien und stehen konkret mit der Landlosenbewegung MST im Austausch. Die Landlosenbewegung MST, der es in ihrer über dreißigjährigen Geschichte gelungen ist, für über 500.000 Familien für die Agrarreform durch ihre Methode der Landbesetzung Zugang zu Land zu bekommen, und die einen erheblichen Beitrag für die Ernährungssouveränität des Landes beigetragen hat, steht nach dem parlamentarischen Putsch von 2016 und den derzeitigen politischen Umstrukturierungen vor einer ihrer größten geschichtlichen Herausforderungen.

 

  • rund 100.000 Familien leben derzeit auf besetztem Land und haben den langwierigen Prozeß einer rechtlichen Anerkennung noch vor sich.
  • Millionen von Familien – im Rahmen der Agrarreform angesiedelte Familien im MST und traditionelle Kleinbäuer*innen (die in der befreundeten MPA – der Bewegung der Kleinbauern organisiert sind) – hatten in den letzten Jahren dank der nationalen Schulspeisungsprogramme (die einen hohen Anteil regionaler und kleinbäuerlicher Produkte enthalten mussten) einen guten und garantierten Absatz ihrer Produkte. Mit der Einstellung dieser Programme durch die neue Regierung müssen sie neue Märkte aufbauen.
  • Die Landlosenbewegung hat mit ihrer Nationalschule Florestan Fernandes ENFF in Brasilien ein einzigartiges Schulungszentrum aufgebaut und seit 2005 mehrere tausend Lehrer*innen,Agrartechniker*innen, Leiter*innen von Kooperativen, aber auch Geograf*innen, Historiker*innen und Jurist*innen ausgebildet. Die Ausbildungen sind staatlich anerkannt, aber das Programm ist gefährdet.
  • Dank der Absolvent*innen kann die Landlosenbewegung heute aus den eigenen Reihen Lehrer*innen in die Agrarreformsiedlungen und Landbesetzungen schicken, durch eigene Agrartechniker*innen den agrarökologischen Landbau vorantreiben, sich gerichtlich selber verteidigen, ein gut funktionierendes Gesundheitsprogramm für die Bewegung aufbauen, etc.. Angesichts der zunehmend drastischen Menschenrechtslage in Brasilien und der Gewalt gegen Menschenrechtsverteidiger*innen und Umweltaktivist*innen, politisch motivierter Morde, Zunahme der Gendergewalt und institutionellem Rassismus, melden zivilgesellschaftliche Gruppen und deren Vertreter*innen alamierende Zustände. Umso wichtiger ist es, auch international auf die Lage aufmerksam zu machen, diese zu beobachten und hierzulande über die Situation in Brasilien zu berichten.


Für den Freundschaftsverein Amigos do MST/treemedia e.V.
Constanze Lemmerich (Projektorganisation)
und Wolfgang Hees (Vorstand amig@s do MST, Deutschland)


Kontakte:
Constanze Lemmerich: Wolfgang Hees
Projektorganisation: brasilien@treemedia.org amig@s do MST, Deutschland
Mobil: +49 176 54 3233 92 mobil 0176-39872928
+55 11 956305215 (Whatsapp) www.mstbrasilien.de
www.treemedia.org


Eichstetten/ São Paulo im April 2018