Brasiliens Bundesjustiz zwingt FUNAI und IBAMA, neue Impaktstudien des geplanten Staudamms Tabajara auf indigene und traditionelle Gemeinschaften vom Staudammbauer erstellen zu lassen

Bundesgericht folgt mit dieser Entscheidung dem Klageantrag der Bundesstaatsanwaltschaft und gibt dem widerständigen Protest der betroffenen Indigenen Recht.
| von Christian.russau@fdcl.org
Brasiliens Bundesjustiz zwingt FUNAI und IBAMA, neue Impaktstudien des geplanten Staudamms Tabajara auf indigene und traditionelle Gemeinschaften vom Staudammbauer erstellen zu lassen
Staudämme blockieren nicht nur zuvor frei fliessende Flüsse (Symbolbild). Foto: Verena Glass

Brasiliens Bundesjustiz hat bestimmt, dass Funai und Ibama von dem für den Bau des Tabajara-Staudamms (am Machado-Fluss gelegen, die Indigenen nennen diesen Fluss Ji-Paraná, einem Nebenfluss des Madeira, an der Grenze zwischen den Bundesstaaten Rondônia und Amazonas) verantwortlichen Bauunternehmen verlangen müssen, dass dieses die technischen Berichte über die Umweltauswirkungen, die das Projekt auf die indigenen Völker und traditionellen Gemeinschaften in Rondônia haben wird, überarbeitet und vervollständigt. Die einstweilige Verfügung wurde vom Bundesgerichtshof in einer öffentlichen Zivilklage erlassen, die die Bundes- und Landesstaatsanwaltschaften gemeinsam eingereicht hatten, wie die Bundesstaatsnwaltschaft auf ihrer Internetseite berichtet.

Das Bundesgericht gab den Anträgen der Bundesstaatsanwaltschaft MPF und der Landesstaatsanwaltschaft von Rondônia MPRO teilweise statt und wies die Indigenenbehörde FUNAI an, die Studie über die indigene Komponente neu zu erstellen: es sei geboten, Studien über die indigenen Gebiete Jiahui, Tenharim Rio Sepoti, Tenharim do Igarapé Preto, Pirahã, Ipixuna, Nove de Janeiro sowie Igarapé Lurdes neu zu erstellen, wobei aus den indigenen Gebieten Jiahui, Igarapé Preto (50 km vom Projekt entfernt) und Igarapé Lourdes (im hydrographischen Becken des Machado-Flusses, in dem das Wasserkraftwerk gebaut wird) durch Feldforschung Primärdaten eingeholt werden müssten, bei den anderen der oben genannten Gebieten darf teilweise auch auf Sekundärdaten, also auf Quellenforschung bei Dritten ohne eigene Felderhebung zurückgegriffen werden, so die Bundesjustiz in ihrem Urteil.

Des Weiteren verwiesen die Richter:innen in ihrem Urteil darauf hin, dass in Anbetracht der Tatsache, dass die ethnische Gruppe der Tenharim-Marmelos bereits unter den noch nicht behobenen Auswirkungen der ab den 1960, 1970er gebauten Transamazônica-Autobahn leidet, die FUNAI die kumulativen Auswirkungen der Auswirkungen auf die nördlichen und südlichen Regionen des jeweiligen indigenen Landes eingehender und detaillierter bewerten sollte, da es die bisher erhobenen Daten als zu oberflächlich ansah.

In Bezug auf die Bundesumweltbehörde Ibama beschloss das Bundesgericht, dass das Institut die den Staudamm betreibenden Unternehmen auffordern muss, eine weitere Studie über die Komponente der Umweltfolgenauswirkung des Staudammbaus auf weitere traditionelle Gemeinschaften zu erarbeiten, die ähnlich wie die Studie zu den Folgen auf indigenen Gemeinschaften aufgebaut ist, um Primärdaten von den traditionellen Gemeinschaften im Einflussgebiet des geplanten Staudammes Tabajara zu sammeln, diese zu bewerten und gegebenenfalls Vorschläge für Ausgleichs- und Abhilfemaßnahmen für traditionelle Gruppen, die in den 16 Sammelreservaten und anderen Schutzgebieten für nachhaltige Entwicklung leben, in denen es traditionelle Gruppen gibt, einschließlich der Gebiete der Landlosen-Siedlungsprojekte in den Gemeinden Machadinho do Oeste und Vale do Anari, deren Bewohner von den Auswirkungen des Staudammbaus ebenfalls betroffen sind. Diese Komponente sollte nach Ansicht der Justiz Teil der Umweltverträglichkeitsstudie (UVP/RIMA) sein.
Bereits Anfang April dieses Jahres hatten mehr als 40 Vertreter:innen sozialer Bewegungen und anderer zivilgesellschaftlicher Organisationen zusammen mit Wissenschaftler:innen und Forscher:innen eine Protestnote veröffentlicht, in der sie ihre Besorgnis über die schwerwiegenden Unregelmäßigkeiten bei der Erteilung der Umweltgenehmigung für das Wasserkraftwerk Tabajara zum Ausdruck brachten, das von der staatlichen Firma Eletronorte am Machado-Fluss geplant wird. Auch die indigenen Völker der Tenhamrim, Arara, Gavião und Jiahui protestierten gegen die Nichtbeachtung der freien, vorherigen und informierten Konsultation und hatten seit April ihre Teilnahme am Konsultationsprozess suspendiert. Laut den Tenharim gibt es im betroffenen Gebiet zudem in freiwilliger Isolation lebende Indigene, die ebenfalls nicht in den Studien zum Staudammbau Tabajara berücksichtigt wurden. Indigene Völker der Arara, Gavião und Jiahui werfen der Staudammfirma Eletronorte vor, ihr Recht auf freie, vorherige und informierte Konsultation (FPIC) überhaupt nicht beachtet zu haben. Die Bewohner:innen der Vila Tabajara, zum Teil eine von vormaligen Landlosen im Rahmen der Agrarreform gegründeten und staatlich anerkannten Siedlung, wurden in den 1970er Jahren schon einmal zwangsumgesiedelt, damals wegen des Staudamms Itaipu.

// Christian Russau