Bundesstaatsanwaltschaft fordert im Fall Taquaril dos Fialhos: "Freie, vorherige und informierte Konsultation immer obligatorisch"

Bundesstaatsanwaltschaft MPF reicht gegen die brasilianische Bundesbergbaubehörde ANM, gegen das Institut für Umwelt und Wasserressourcen von Bahia Inema sowie gegen ein Bergbauunternehmen eine öffentliche Zivilklage ein, um die traditionelle Gemeinschaft von Taquaril dos Fialhos gegen die Folgen einer Ausbeutung durch Bergbau zu schützen.
| von Christian.russau@fdcl.org
Bundesstaatsanwaltschaft fordert im Fall Taquaril dos Fialhos: "Freie, vorherige und informierte Konsultation immer obligatorisch"
Grafik: AMDH

Ende Mai dieses Jahres hat die Bundesstaatsanwaltschaft MPF eine öffentliche Zivilklage zum Schutze der Rechte der Bevölkerung von Taquaril dos Fialhos im nordostbrasilianischen Bundesstaat Bahia eingereicht. Die Klage der Staatsanwaltschaft richtet sich gegen die brasilianische Bundesbergbaubehörde ANM, gegen das Institut für Umwelt und Wasserressourcen von Bahia Inema sowie gegen das Unternehmen Vale do Paramirim Participações S.A. Ziel der Klage sei es, so die Bundesstaatsanwaltschaft auf ihrer Internetseite, die Rechte der traditionellen Gemeinschaft Taquaril dos Fialhos in Licínio de Almeida, Bahia, zu garantieren. Über die Klage berichteten u.a. zusätzlich das Menschenrechtsnetzwerk AMDH und das Landarbeitende unterstützende Rechtsanwält:innennetzwerk AATR. Der Fall von Taquaril dos Fialhos ist im vergangenen Jahr auch in Deutschland publik gemacht worden (hier und hier).

Die Bundesstaatsanwaltschaft erläutert zu ihrer Klage auf ihrer Internetseite:

"In der Klage fordert die Bundesstaatsanwaltschaft MPF die Justiz auf, eine einstweilige Verfügung zu erlassen, um alle Aktivitäten im Zusammenhang mit dem Bergbauexplorationsforschungsprojekt in dem Gebiet unverzüglich auszusetzen, bis eine ordnungsgemäße vorherige Konsultation durchgeführt wurde. Sie fordert auch, dass neue Genehmigungen im Zusammenhang mit dem Projekt in der Region verboten werden. Darüber hinaus fordert die MPF, dass die Beklagten zur Zahlung von 5 Millionen R$ kollektiven moralischen Schadensersatzes verurteilt werden, ein Betrag, der der betroffenen Gemeinschaft zugute kommen soll.
Trotz des Widerstands der Gemeinde und verschiedener Proteste gegen die Bergbautätigkeit setzte das Unternehmen die Forschungsarbeiten fort, einschließlich der Entnahme von Proben und der Unterdrückung der Vegetation, ohne den Dialog mit den Anwohnern zu fördern.
In Beantwortung von Schreiben der MPF behaupteten sowohl die ANM als auch Inema, dass eine vorherige Konsultation nicht erforderlich sei, da es sich lediglich um die Forschungsphase und nicht um die Durchführung eines Projekts handele. Die MPF bestreitet dies jedoch und argumentiert, dass eine Konsultation immer dann obligatorisch ist, wenn es mögliche Auswirkungen auf traditionelle Gemeinschaften gibt, unabhängig von der Phase der Aktivität."

Die Gemeinschaft Taquaril dos Fialhos, die vor über einem Jahrhundert in der Gemeinde Licínio de Almeida gegründet wurde, ist ein Beispiel für ein harmonisches Zusammenleben mit der Natur, so beschreiben die Menschenrechtsverteidiger:innen von AMDH die Gemeinschaft Taquaril dos Fialhos. Die Region der Gemeinschaft befinde sich in einem ökologischen Übergangskorridor zwischen der Caatinga und dem Cerrado und sei eine Wiege der biologischen Vielfalt. Ihre Bewohner:innen - Erben des überlieferten Wissens von Pedro und Luzia Fialho, daher der Name Taquaril dos Fialhos - bauen eine Vielfalt an agrarökologischen Produkten an, die lokale und überregionale Märkte bis nach São Paulo beliefern. Neben der nachhaltigen Produktion ist Taquaril dos Fialhos auch als Hüterin der Quellen von Serra do Salto bekannt, der einzigen Wasserquelle, die die Gemeinden Licínio de Almeida, Caculé, Guajerú und Rio do Antônio mit Trinkwasser versorge. Die Gemeinschaft demonstriere dabei eine Art von Entwicklung, die das Leben von Menschen und anderen Lebewesen respektiert und den Reichtum ihres Wissens und der biologischen Vielfalt ihrer Nahrungsmittel schätzt.

Aber seit 2018 sei die Gemeinschaft von Taquaril dos Fialhos mit einer Reihe von Menschenrechtsverletzungen konfrontiert, die auf die Interessen des Bergbauunternehmens Vale do Paramirim Participações S.A. zurückzuführen sind, so beschreibt es u.a. auch das Menschenrechtsnetzwerk AMDH. Die Nationale Bergbaubehörde ANM und das Landesinstitut für Umwelt und Wasserressourcen von Bahia Inema genehmigten die Erforschung von Bergbauexplorationen in einem ständigen Schutzgebiet (Área de Preservação Permanente - APP) und missachteten dabei die durch Brasiliens Ratifikation der ILO-Konvention Nr. 169 zum Schutze der Rechte der indigenen und weiteren traditionellen Völkern und Gemeinschaften vorgeschriebenen freien, vorherigen und informierten Konsultation (auf englisch kurz: FPIC) der Gemeinschaft.

Seit 2020 erhält die Gemeinschaft Taquaril dos Fialhos Rechtsberatung von der Associação de Advogados/as de Trabalhadores/as Rurais (AATR), einer Organisation, die auch dabei hilft, das Protokoll der Gemeinde für eine vorherige, freie und informierte Konsultation zu erstellen. Die Initiative arbeitet mit der Bewegung der vom Bergbau Betroffenen MAM Movimento Pela Soberania Popular na Mineração, Cáritas Brasileira und der staatlichen Universität Bahia (UNEB) zusammen. Und auch das Menschenrechtsnetzwerk AMDH unterstützt die Arbeit der Gemeinschaft zur Garantierung ihrer Rechte.

// Christian Russau

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