Rücktritt von Marina Silva

Am 13. Mai legte Marina Silva ihr Amt als Umweltministerin nieder. Sie begründete dies mit dem "wachsenden Widerstand in Regierung und Gesellschaft", wobei sie namentlich Blairo Maggi (Gouverneur von Mato Grosso) und Ivo Cassol (Gouverneur von Rondôndia) erwähnte.
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Sie wies auf den Druck auf das Ministerium hin, Umweltlizenzen zu vergeben, auf den Widerstand gegen neue Umweltschutzgebiete und den Versuch, das Abholzungsverbot von 20% für Landeigentum in Amazonien aufzuweichen(1).

Als Ministerin hatte Marina Silva eine Niederlage nach der anderen einstecken müssen. Das Fass zum Überlaufen brachte am 08. Mai Lulas öffentliche Nominierung von Roberto Mangabeira Unger, dem Minister für strategische Angelegenheiten, als Koordinator des Entwicklungsplanes für Amazonien – ohne Marina Silva zuvor informiert zu haben. Mangabeira sieht die Zukunft Brasiliens in der wirtschaftlichen Erschließung des Amazonasgebietes; Lula machte hier somit den Bock zum Gärtner. Marina Silva selbst hatte den Plan ursprünglich angestoßen. Ähnlich inszenierte daraufhin Marina Silva ihren Rücktritt: Sie wählte hierfür den Tag vor dem Besuch von Angela Merkel und der Unterzeichnung des deutsch-brasilianischen Energieabkommens. Ihr Rücktrittsschreiben hinterließ die Ministerin im Hause des gerade abwesenden Lulas, um direkt darauf eine Pressekonferenz zu geben. So erfuhr Lula von ihrem Rücktritt aus den Medien.Nachfolger von Marina Silva ist Carlos Minc, PT-Mitglied und Mitbegründer der brasilianischen Grünen Partei. Als Student war Minc an bewaffneten Aktionen gegen die Militärdiktatur Brasiliens beteiligt. Von AktivistInnen wird seine Nominierung zurückhaltend aufgenommen. In Rio hatte Minc Genehmigungsverfahren beschleunigt und eine konzernfreundliche Politik betrieben. Dementsprechend will er nun die Lizenzvergaben des Umweltministeriums beschleunigen. Zu Agrotreibstoffen äußerte der neue Minister sich prinzipiell positiv. Mit Marina Silvas Rücktritt wird das Scheitern der brasilianischen Umweltpolitik augenfällig. Lula setzte einen Nachfolger ein, der den Expansionsbestrebungen des Agrobusiness auf Kosten von Umwelt und Gesellschaft voraussichtlich kaum etwas entgegen zu setzen vermag. Damit ist eines der wenigen noch bestehenden Hindernisse innerhalb der Regierung beseitigt, das dem massiven Ausbau von Agrotreibstoffen noch entgegen stand.

1. Folha de São Paulo, 16. Mai 2008, S. A4.