Das Wasserkraftwerk Belo Monte

Noch während der Militärdiktatur wurde durch die Anlage neuer Straßen und den Bau großer Wasserkraftwerke die Grundlage geschaffen für die Zerstörung der Amazonasregion. Und im Erbe der Mitlitärdiktatur fand man Pläne für Wasserkraftwerke an fast allen großen Flüssen. In diesem Kontext war die Wiederherstellung der Demokratie Mitte der 80er Jahre eine Hoffnung für die, die sich damals schon um das Schicksal des größten tropischen Regenwaldes der Erde sorgten. Die Freude war aber von kurzer Dauer, denn auch für die demokratischen Regierungsvertreter war die Idee der Energiegewinnung im Amazonasgebiet attraktiv.
| von Rodolfo Salm


Derzeit dreht sich die Diskussion hauptsächlich um den Bau des Wasserkraftwerks Belo Monte am Xingu-Fluss. Die Bundesregierung hat schon für September oder Oktober die Ausschreibung für den Bau von Belo Monte angesetzt, obwohl die anthropologische Komponente der Umweltverträglichkeitsprüfung noch nicht abgeschossen ist. Hier geht es um die Auswirkungen des Kraftwerks auf die Anrainer, größtenteils Indigene. Die Justiz von Altamira hat mittlerweile angewiesen, dass die Ausschreibung für Belo Monte ausgesetzt werden muss, bis die Umweltverträglichkeitsprüfung komplett fertiggestellt ist, wie es das Gesetz vorsieht. Im Grunde ist aber klar, dass das nur ein kurzer Aufschub sein wird. Denn Umweltminister Carlos Mic hat bereits angekündigt, dass er diese gerichtliche Verfügung aus der Welt schaffen wird und dass das Wasserkraftwerk die Umweltgenehmigung rechtzeitig erhalten wird, um die Ausschreibung im September noch veröffentlichen zu können?
Außerdem sind in der Stadt Vitória do Xingú schon Männer aufgetaucht, die die Gebiete absteckten, wo 2.500 Häuser für die Bauarbeiter entstehen sollen. Darüber hinaus wurde in der Region Volta Grande bereits mit Planierungsarbeiten begonnen. Das ist antidemokratisch und verletzt die Verfassung. Die Regierenden sagen, dass sich die sozialen Bewegungen vor der Demokratie drücken, aber diese wissen genau, was sie tun, wenn sie das Theater boykottieren, das die Machthaber Volksbefragung nennen.

Die Presse hat die Entscheidung des Gerichts in Altamira lediglich als Kurznachricht auf der Wirtschaftsseite gebracht. Die Folha de São Paulo hat die indigene Frage als “Hindernis” für den Bau des Kraftwerks disqualifiziert und wiederholt, dass Belo Monte 11.181 MW produzieren werde. In Wahrheit kann dieser Wert nur in einem kurzen Zeitraum des Jahres erreicht werden. Wegen der ausgedehnten Trockenzeiten in der Region wäre Belo Monte die meiste Zeit des Jahres das größte unproduktive Wasserkraftwerk der Welt, betrachtet man die Relation zwischen der tatsächlich erreichten Energieproduktion und der installierten Kapazität.

Der Xingu ist in Brasilien der große Fluss der Indigenen, hier haben sie mehr Territorium zugesprochen bekommen als anderswo. Das geschah allerdings nicht aus einem Wohlwollen der Eroberer heraus, sondern bedingt durch die Entschlossenheit dieser Völker zum Widerstand, wenn es um die Verteidigung ihrer Ländereien geht. Und jetzt werden sie sich erneut erheben. Eine Regierung, die darauf besteht, Belo Monte zu bauen, wird unweigerlich traurige Szenen produzieren wie die, die man kürzlich erst aus Peru gesehen hat, wo Indigene von Polizeikräften aus dem Hubschrauber heraus erschlagen wurden.

Warum also investiert die Ministerin Dilma Roussef so viel in den Bau von Belo Monte? Die politische Kraft der Ministerin kommt von Lula, der seine größte Unterstützerbasis im Nordosten hat. Belo Monte ist ein fundamentales Stück des Plans der Eroberung und Kolonisierung Amazonies durch die Transamzônica, die der Eingang vom Nordostens aus in die Amazonasregion ist, anders als die Bundessstraßen BR-163 und BR-363, die von Süden nach Norden führen. So ist dieses Kraftwerk für Frau Roussef fundamental geworden, um ihre Kanditatur zur Präsidentschaft zu fördern. Rein politisch gesehen wäre es besonnener, schon um noch mehr Szenen von Massakern an Indigenen zu vermeiden, zuerst in den Bau der Kraftwerke am Rio Madeira zu investieren. Diese befinden sich in einem fortgeschritteneren Stadium, hier ist bereits klar, dass sie unter Umweltgesichtspunkten ein großes Desaster sein werden. Nur schwer wird die Regierung gleichzeitig eine andere Katastrophe wie Belo Monte schultern können. Frau Roussef ist dennoch völlig fixiert auf diese Idee.

Neben den sozialen und Umweltkosten, die diskutiert werden, sind die rein ökonomischen Kosten von Belo Monte in unglaubliche Höhen gestiegen. Die neueste Schätzung beläuft sich auf 30 Mrd. R$. Schon jetzt geben die Unternehmen, die sich an der Ausschreibung beteiligen wollen, zu, dass die Energiekosten viel höher sein werden als bei den Kraftwerken am Rio Madeira. Das wird noch klarer werden, wenn die Unternehmen und Banken anfangen, die Rechnung unter realistischen Gesichtspunkten zu machen. Zukünftig wird Belo Monte der Name für eine fehlgeleitete sogenannte Entwicklungsplanung in Brasilien sein.  

* Rodolfo Salm ist Professor an der Bundesuniversität des Staates Pará