Änderung des Código florestal findet Zustimmung in Gremien des Senats

Die Entscheidung über die Änderung des Waldschutzgesetzes Código florestal wanderte im Lauf des Novembers durch drei Kommissionen des Senats und hat dabei kleine Änderungen erfahren: Die Wissenschaftskommission CCT sowie die Agrarkommission CRA des Senats stimmten mit 27 zu einer Stimme für die Änderung des Código florestal. Der Gesetzestext passierte anschließend auch die Umweltkommission und wird in Kürze dem Gesamtsenat zur Abstimmung vorgelegt.
| von Uta Grunert

Eine Analyse der Kleinbauernorganisation Via Campesina1 vom zehnten November belegt unter anderem, dass die kritisierten Inhalte auch nach diversen Überarbeitungen gleich geblieben sind: Die Amnestie der Verursacher von Entwaldung bis zum Jahr 2008 bleibt. Bergkuppen dürfen trotz Erosionsgefahr in Weideland umgewandelt werden. Der vorgesehene Schutzwaldgürtel in den Flussauen wird schmaler. Dadurch steigt die Gefahr, dass Agrargifte und genetisch veränderte Substanzen ins Wasser gelangen (siehe auch www.rededasaguas.org.br). Gesetzliche Schutzwaldzonen (APP) verlieren diesen Status, wenn Rodungen für Stadien-Bauvorhaben im Rahmen der internationalen sportlichen Großereignisse (Fußballweltmeisterschaft 2014 und Olympiade 2016) notwendig werden. Es bleibt erlaubt, dass kompensatorische Aufforstungen innerhalb der Reserva legal (die eigentlich vor Entwaldung geschützt ist) zur Hälfte mit exotischen Baumarten erfolgen. Die Zellstoffindustrie kann, laut Einschätzung von Via Campesina, dafür sorgen, dass Eukalyptus-Monokulturen in Maranhão, im Nachbarbereich des Amazonasgebiets und in der Savannenlandschaft der Cerrados von Piaui auf den Reserva Legal-Flächen entstehen. Als problematisch stuft Via Campesina auch die neue Waldschutzsignatur CRA (Cota de Reserva Ambiental) ein. Sie versieht jeden Hektar Privatwald der Reserva Legal mit einem Titel, der später an der Wertpapierbörse registriert werden kann. Damit wird der Wald zur spekulativen Masse des Finanzsektors. Das Ganze gipfelt für die Kleinbauernorganisation in der Tatsache, dass die Verursacher von Entwaldung selbige kompensieren können, indem sie den Wald, den sie schützen sollten, an anderer Stelle über ein Wertpapier erstehen. Eine entsprechende Finanzdecke macht Entwaldung damit räumlich sehr flexibel. Schlechtere Karten haben Kleinbauern mit weniger Kapital. Wenn ein Landwirt, der mit seinem Wald in das Wertpapiersystem eingestiegen ist, seine Meinung ändert, kann er seinen Wald von der Börse nur zurückerhalten, wenn der Käufer ein anderes, vergleichbares Objekt findet.  
Der neue Text unterteilt den Código florestal in Dauer- und Übergangsregelungen2. Letztere sorgen für Rahmenbedingungen zur Behebung von bereits erfolgter Entwaldung in den Schutzwaldzonen (APP). Bezüglich der Dauerbestimmungen soll die Politik nach sechs Monaten ein Programm vorlegen, das  finanzielle Fördermaßnahmen zur Erhaltung und Wiederherstellung der natürlichen Vegetation enthält.
Der WWF3 warnt, dass durch die Ratifizierung des neuen Gesetzes insgesamt 76,5 Millionen Hektar Wald in Brasilien massiv bedroht seien. Diese Fläche habe das Institut für Angewandte Wirtschaftsforschung (IPEA), das dem brasilianischen Präsidialamt unterstellt ist, ermittelt. Sie entspricht der Fläche von Deutschland, Österreich und Italien zusammen. Außerdem würden bis zu 28 Milliarden Tonnen CO2-Äquivalent freigesetzt. Die Gesetzesinitiative hat das Ziel, die Umwandlung von Wald zu Agrarland für Grundbesitzer zu vereinfachen und verspricht eine Amnestie für zurückliegende illegale Abholzungen. Zufriedengestellt werden mit dem neuen Gesetz vor allem die Regierung und die Agrarlobby.
Die Umweltorganisation SOS Mata Atlantica u.a. sehen durch die Änderung des Código Florstal Brasiliens Eigendarstellung als Klimaschützer beim Erdgipfel Rio+20 in Gefahr, da das Gesetz kontraproduktive Grundlagen für Waldschutz und Emissionsbekämpfung schaffe.
Der Entscheidungsprozess ist im Detail über die Website www.florestafazadiferenca.org.br dokumentiert. Unter diesem Namen veröffentlichen 200 Gruppen aus dem Umfeld von Universitäten, Gewerkschaften, Kirchen, Umweltgruppen und anderen zivilgesellschaftlichen Akteuren ihre Analysen und Proteste, die den Änderungsprozess begleiten. Der Senat soll über die Plattform den gesellschaftlichen Druck gegen die geplanten Änderungen spüren.