Solidarküchen des MTST gegen den Hunger in Brasilien – Monika Ottermann zu Besuch in Freiburg

Auf Einladung der Brasilieninitiative Freiburg kam Monika Ottermann während ihres Deutschlandaufenthalts auch nach Freiburg zu Besuch. Die Aktivistin und Religionswissenschaftlerin lebt seit Ende der 80 er Jahre in Brasilien. Inzwischen wohnt sie in São Bernardo, in der ABC Region der Metropole São Paulo und engagiert sich in der brasilianischen Wohnungslosenbewegung MTST (Movimento dos Trabalhadores Sem Teto). Der persönliche Kontakt zur Freiburger Brasilieninitiative hat während der Coronapandemie zu einem erfolgreichen Spendenaufruf geführt, der auch von KoBra Gruppen und Mitgliedern unterstützt wurde.
| von Uta Grunert
Solidarküchen des MTST gegen den Hunger in Brasilien – Monika Ottermann zu Besuch in Freiburg
Monika Ottermann vom MTST bei KoBra in Freiburg

Auf Einladung der Brasilieninitiative Freiburg kam Monika Ottermann während ihres Deutschlandaufenthalts auch nach Freiburg zu Besuch. Die Aktivistin und Religionswissenschaftlerin lebt seit Ende der 80 er Jahre in Brasilien. Inzwischen wohnt sie in São Bernardo, in der ABC Region der Metropole São Paulo und engagiert sich in der brasilianischen Wohnungslosenbewegung MTST (Movimento dos Trabalhadores Sem Teto). MTST-Aktivist*innen sind sowohl Wohnungslose, also Menschen, die irgendwann mal in einer Besetzung gelebt haben, als auch Menschen aller Schichten und Berufe, die kein Wohnungsproblem haben. Letztere sind der MTST Bewegung beigetreten, um dort ihre Fähigkeiten usw. einzubringen, ohne notwendigerweise in einer Besetzung gelebt zu haben.

Der persönliche Kontakt zur Freiburger Brasilieninitiative hat während der Coronapandemie zu einem erfolgreichen Spendenaufruf geführt, der auch von KoBra Gruppen und Mitgliedern unterstützt wurde.

Für KoBra ist Monika seit einigen Jahren eine wichtige Hilfe, da sie bei der Übersetzung von Texten für das Brasilicum häufig eine der Schnellsten ist, die sich zurückmeldet und ihre Unterstützung anbietet. So nutzten wir ihren Besuch auch für ein persönliches Kennenlernen und einen kurzen Austausch im KoBra Büro. Dabei wurde schnell klar, dass sie selbst eine große Netzwerkerin ist und Kontakte nicht nur zum MTST, sondern auch in die Gewerkschaftsbewegung und andere zivilgesellschaftliche Gruppierungen hat, viele davon mit katholischem Hintergrund. Sie hat eindrücklich von der aufgeheizten Stimmung rund um Lulas Verhaftung und dem Kampf auf der Straße gegen diese Ungerechtigkeit berichtet, den sie hautnah miterlebt hat. Ganz klar ist, dass sie gemeinsam mit den städtischen Bewegungen die Kandidatur Lulas unterstützen wird.

Das MTST existiert seit 25 Jahren. Inzwischen hat die Bewegung ihren Schwerpunkt auf Gesundheitsvorsorge, Coronabekämpfung und die gesunde Ernährung der Stadtbevölkerung in den Peripherien ausgeweitet. 33 Millionen Brasilianer*innen leiden unter Hunger, wie eine aktuelle Studie des Rede PENSSAN belegt. Dies bedeutet einen Anstieg von 14 Millionen innerhalb eines Jahres. Diese marginalisierte Gruppe identifiziert sich überwiegend als PoC (people of colour), ihre Situation wurde durch die Pandemie und die Regierung Bolsonaros verschärft.

Hier setzen die 31 Solidarküchen des MTST an, die mittlerweile in 12 Bundesstaaten aufgebaut wurden. Mit Hilfe von Spenden und Produkten aus eigenen urbanen Gärten im öffentlichen Raum versorgen sie Familien in Stadtrandlagen mit gesunder Nahrung, eine Aufgabe, die eigentlich der Staat erfüllen müsste.

Ursprünglich lag der Fokus des MTST, einer Abspaltung des MST, auf dem Recht auf Stadt und würdigem Wohnen. In Brasilien leben inzwischen etwa 9 Millionen Menschen in prekären und menschenunwürdigen Verhältnissen. Häufig sind sie vom Leben auf der Straße bedroht. Menschen, die auf der Suche nach Arbeit und einem Auskommen vielleicht einst als Binnenmigrant*innen in den großen Städten Brasiliens ankamen, können sich im MTST organisieren und ungenutzte Frei-Flächen im urbanen Raum besetzen. Diese urbanen Besetzungen sind in Brasilien durch Art. 5 der Verfassung abgedeckt, der für Grundstücke usw. eine Sozialfunktion vorsieht. Beim MTST organisieren sich die Bewohner*innen in solchen Gemeinwesen, da die Stadt oder der Staat dieser Aufgabe häufig nicht nachkommt. Es gelten Voraussetzungen und strenge Regeln (kein Alkohol, keine Waffen, keine Drogen; Beachtung der Corona-Maßnahmen), um in einer Besetzung aufgenommen zu werden. Die Begleitung geht bis zum sozialen Wohnungsbau für Familien. Dies konnten zum Beispiel 216 Familien im März letzten Jahres erleben. Im Osten von São Paulo wurde das Sozialwohnungsprojekt Dandara fertiggestellt und die Schlüssel vom MTST übergeben. Seit 2015 hatten die Besetzer*innen zuvor immer wieder dafür gekämpft, dass diese Siedlung und ihr neuer Wohnraum im Rahmen des Wohnungsbauprogramms Minha Casa, Minha Vida (Mein Haus, mein Leben) gebaut werden konnte.