Runder Tisch Brasilien 2025 - Erklärung der Unterstützung für das Guarani- und Kaiowá-Volk im indigenen Territorium Guyraroká

| von vini.mendes@kooperation-brasilien.org

Die im Rahmen des Runden Tisches Brasilien, einer Initiative der Kooperation Brasilien-Deutschland (KoBra), vom 24. bis 26. Oktober 2025 in Bad Boll versammelten Organisationen und sozialen Bewegungen bekunden gemeinsam ihre Solidarität mit der Gemeinschaft der Guarani und Kaiowá im indigenen Territorium Guyraroká, im Munizip Caarapó, Bundesstaat Mato Grosso do Sul (Brasilien).

Seit dem 21. September befindet sich die Gemeinschaft in einer legitimen Aktion zur Rückgewinnung ihres traditionellen Territoriums, angesichts der Untätigkeit des brasilianischen Staates, den dauerhaften Einsatz von Agrargiften zu unterbinden, die seit Jahren von Unternehmern des Agrobusiness über das Gebiet und die Gemeinschaft ausgebracht werden. Diese Akteure besetzen den größten Teil des Territoriums Guyraroká mit Exportmonokulturen.

Gleichzeitig äußern die hier versammelten Organisationen ihre tiefe Besorgnis und ihren Protest über die rechtswidrigen Handlungen staatlicher Sicherheitskräfte des Bundesstaates Mato Grosso do Sul gegen die Guarani- und Kaiowá-Gemeinschaft seit Beginn der Rückeroberung. Über Wochen hinweg agierten Sicherheitskräfte ohne richterlichen Beschluss als private Wachdienste, zerstörten die Unterkünfte der Gemeinschaft, vergruben gemeinschaftliches Eigentum, bedrohten die Bewohner*innen und setzten Gummigeschosse gegen sie ein. Darüber hinaus verbreitete der Bundesstaat Mato Grosso do Sul Falschmeldungen, in denen die Indigenen als „Kriminelle“ und „Landbesetzer“ dargestellt werden, obwohl es sich eindeutig um ihr traditionelles Territorium handelt.

Das indigene Territorium Guyraroká wurde im Jahr 2009 vom brasilianischen Staat identifiziert und 2011 offiziell als indigenes Land anerkannt. Der Oberste Gerichtshof (STF) setzte den Anerkennungsprozess 2014 unter Berufung auf die umstrittene „Zeitpunkt-These“ (marco temporal) aus. Im September 2023 erklärte der STF selbst diese These für verfassungswidrig und bestätigte die ursprünglichen Rechte der indigenen Völker auf ihre traditionell besiedelten Gebiete. Die Verabschiedung des Gesetzes Nr. 14.701 durch den Nationalkongress hat jedoch eine neue rechtliche Blockade geschaffen, die die Anerkennung indigener Territorien behindert und Gewalt gegen indigene Gemeinschaften befördert.

Das Territorium Guyraroká wurde mit einer Fläche von 11.400 Hektar anerkannt, doch die Gemeinschaft wurde auf nur 50 Hektar beschränkt. Der Rest des Gebiets ist von Exportmonokulturen besetzt, deren Betreiber das Gebiet und seine Bewohner*innen über Jahre hinweg durch den direkten Einsatz von Agrargiften vergiftet haben – eine Form chemischer Gewalt, die auf ihre Vertreibung aus dem angestammten Land abzielt. Die im September 2025 begonnene Rückgewinnungsaktion ist daher ein Akt der Selbstverteidigung und des Schutzes des Lebens, um neue Vergiftungen zu verhindern, angesichts der Verzögerung des brasilianischen Staates bei der endgültigen Anerkennung des Territoriums.

Diese legitime Handlung der Gemeinschaft ist ein Akt des Protests gegen die historische Gewalt und wird durch die Rechte auf Meinungsfreiheit und Versammlungsfreiheit geschützt.

Wir erinnern daran, dass Deutschland im Rahmen des 4. Zyklus des Mechanismus der Vereinten Nationen für die Allgemeine Regelmäßige Staatenüberprüfung (UPR) eine Empfehlung an den brasilianischen Staat ausgesprochen hat,

„die indigenen Völker vor Bedrohungen und Angriffen zu schützen und ihr Recht auf Land zu gewährleisten, insbesondere durch die Wiederaufnahme und den Abschluss der Demarkationsprozesse, die Bereitstellung angemessener Ressourcen für die Nationale Stiftung der Indigenen Völker (FUNAI), die volle Anerkennung autonomer Konsultationen und der Protokolle für freie, vorherige und informierte Zustimmung sowie die Stärkung von Land-Schutzanordnungen“ (Empfehlung Nr. 149.257).

Angesichts der äußerst ernsten Lage, die die Erfüllung internationaler Verpflichtungen des brasilianischen Staates gefährdet und das Leben und die Unversehrtheit der Guarani- und Kaiowá-Gemeinschaft in Mato Grosso do Sul bedroht, fordern wir:

  • dass die Bundesregierung unverzüglich Maßnahmen zum Schutz des Lebens und der körperlichen Unversehrtheit der Guarani- und Kaiowá-Gemeinschaft und ihres Territoriums in Mato Grosso do Sul ergreift;
  • das sofortige Ende der rechtswidrigen Aktionen der Sicherheitskräfte des Bundesstaates gegen die Gemeinschaft;
  • dass die Bundesregierung die im Rahmen der Vorsorgemaßnahme zur Situation der Guarani- und Kaiowá-Gemeinschaft im indigenen Territorium Guyraroká, die 2019 bei der Interamerikanischen Menschenrechtskommission (CIDH) eingereicht wurde, umgehend bearbeitet;
  • dass die Verbrechen gegen die Gemeinschaft durch staatliche Sicherheitskräfte und Privatpersonen gründlich untersucht und geahndet werden;
  • dass der Oberste Gerichtshof (STF) die Anfechtungsklage Nr. 2686, die die Homologation des Territoriums Guyraroká betrifft, wieder aufnimmt und das rechtliche Patt in Brasilien in Bezug auf die Rechte der indigenen Völker nach der Verabschiedung des Gesetzes Nr. 14.701/2023 abschließend klärt, indem er dessen Verfassungswidrigkeit feststellt und die bereits im Thema 1031 festgelegten Grundsätze über die ursprünglichen Rechte der indigenen Völker bestätigt – und so die endgültige Anerkennung des Territoriums Guyraroká ermöglicht.

Bad Boll, den 26. Oktober 2025

Runder Tisch Brasilien 2025