Flussumleitung vorläufig eingestellt

Am vierzehnten Fastentag von Dom Luiz Cappio kam es zu einer entscheidenden Wende im Tauziehen um das Flussumleitungsprojekt des Rio São Francisco.
| von CPT - Juazeiro

Richter Souza Prudente vom Oberverwaltungsgericht der Region (Nordosten) hat abends zuvor, am 10. Dezember, einem Einspruch der Bundesstaatsanwaltschaft gegen die Resolution 47/2005 (17/1) des Beirats für Wasserressourcen (Conselho Nacional de Recursos Hídricos, CNRH) stattgegeben. Diese seit 2005 erwartete Entscheidung bedeutet, dass das Umleitungsprojekt bis auf weiteres durch richterlichen Erlass suspendiert ist.

Der Beirat für Wasserressourcen hatte im Jahr 2005, ganz im Sinne der Regierung, die Wasser- Ableitung bewilligt. Daraufhin argumentierte die von den Projekt-Gegnern angerufene Staatsanwaltschaft, dieser Beirat hätte mit seiner Entscheidung die Kompetenzen des Komitees für die Anliegen des Rio-São-Francisco-Tals (Comitê da Bacia Hidrográfica da Bacia do Rio São Francisco, CBHSF) missachtet; in diesem Komitee war das Projekt aufgrund der überwiegenden Ausrichtung auf Bewässerungszwecke vorher abgelehnt worden. Daraus entstand eine Patt-Situation, die mit der Entscheidung vom 10. Dezember zu Gunsten der Projekt-Gegner überwunden ist. Allerdings muss nun damit gerechnet werden, dass die Regierung bei der übergeordneten Gerichts-Instanz Einspruch gegen die Entscheidung erheben wird. Also gilt es, den endgültigen Spruch des Obersten Gerichtshof Brasiliens abzuwarten.

Dementsprechend vorsichtig war die Reaktion von Dom Frei Luiz Cappio. In einem Fernseh-Interview am frühen Morgen bekräftigte er, dass er sein Fasten nur dann abbreche, wenn das Militär tatsächlich von den Baustellen an den Kanalbauarbeiten abgezogen werde und das Wasserumleitungsprojekt definitiv archiviert worden sei.

„Ich treffe in meinem Leben normalerweise keine überstürzten Entscheidungen“, meinte Dom Luiz, „doch empfangen wir diese Entscheidung mit großer Freude, denn sie ist ein wichtiges Zeichen der Hoffnung. Aber wir sind noch nicht am Ziel.“

Für den 12. Dezember ist ein Treffen zwischen Lula und Vertretern der brasilianischen Bischofskonferenz angesetzt. Dom Luiz sprach bereits am Morgen per Telefon mit Kardinal Dom Geraldo Lírio, der den Vorsitz der brasilianischen Bischofskonferenz innehat. In diesem Telefonat versicherte der Kardinal, dass er dem Präsidenten Lula die Bedenken der Bischofskonferenz zum Projekt der Flussumleitung vorbringen werde. „Er hat uns seinen Beistand ausgesprochen“, so der freudige Kommentar Dom Frei Luiz nach dem Telefonat mit Dom Geraldo.

Unterdessen nimmt in Sobradinho die Unterstützung der sozialen Bewegungen zu. Am Dienstagnachmittag empfing Dom Frei Luiz den national und international renommierten Koordinator der Landlosenbewegung MST, João Pedro Stedile und Lucina Genro, Bundestagsabgeordnete der Linkspartei PSOL.

Am Montag rief die Via Campesina, ein nationales und internationales Netzwerk von sozialen Bewegungen im Kampf für soziale und ökologische Gerechtigkeit in ländlichen Regionen, im ganzen Land zu Protestveranstaltungen auf. Die Proteste richteten sich gezielt gegen die Umleitung des Rio São Francisco wie auch gegen den geplanten Staudamm am Rio Madeira in Amazonien. Besonderes Aufsehen erregte die Besetzung der nationalen Elektrizitätsbehörde ANEEL in Brasília, die schließlich durch den gewaltsamen Eingriff eines mächtigen Polizeiaufgebots beendet wurde.

Anm. d. Red.: Dom Luiz Flávio Cappio, der Bischof der Diözese Barra (Bahia), ist am 27. November in seinen nunmehr zweiten Hungerstreik gegen die Flussumleitung gegangen. In einem offenen Brief an den Präsidenten Lula hatte der Bischof verkündet, diesen erst dann zu beenden, wenn das Militär von der Baustelle der beiden Kanäle abgezogen werde und das Projekt der Flussableitung endgültig gestoppt werde (zum Hintergrund siehe ausführlicher Bericht in Brasilicum Nr. 163 vom Oktober 2007).
Der erste Hungerstreik des Bischofs gegen das Umleitungsprojekt liegt nunmehr gut zwei Jahre zurück. Damals hatte Präsident Lula schließlich auf die Protestbewegung reagiert und zugesagt, er würde das Projekt aussetzen und einen umfassenden Dialog zwischen Regierung und Zivilgesellschaft beginnen, um Alternativen für die nachhaltige Entwicklung der ganzen semi-ariden Region zu suchen. Daraufhin hatte der Bischof das Fasten abgebrochen. Mit der Wahlkampfphase fand der Dialog ab Mitte 2006 jedoch sein Ende. Nachdem der Bischof Lula zu Beginn dieses Jahres mehrmals aufgefordert hatte, den Dialog weiter zu führen, ließ Lula die Bauarbeiten zur Umleitung durch das brasilianische Militär beginnen.