Brasilien will mit OAS brechen

Das geplante drittgrößte Wasserkraftwerk der Welt Belo Monte im Amazonasgebiet sorgt für Spannungen zwischen der brasilianischen Regierung und der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS), nachdem deren Menschenrechtskommission, die CIDH, eine sofortige Aussetzung des Genehmigungsverfahrens und der Bauarbeiten für das Projekt am Rio Xingu gefordert hatte. Am 1. April war der Regierung eine Frist von 15 Tagen zur Beantwortung der Fragen der CIDH gesetzt worden, die auf Ersuchen Brasiliens bis zum 26. April verlängert worden war. Da Brasilien Mitglied der völkerrechtlichen Organisation OAS und Unterzeichnerin der ILO-Konvention 169 zum Schutz der indigenen Bevölkerung ist, muss das Land auf die Vorwürfe der Organisation reagieren. Mittlerweile liegt eine Stellungnahme vor, die jedoch nicht öffentlich ist.<br /><br />
| von Laura Thies

Die Menschenrechtskommission hat das Staudammprojekt wegen Missachtung indigener Rechte ungewöhnlich scharf kritisiert und im April dieses Jahres sogar eine einstweilige Verfügung erwirkt, aufgrund derer die Bauarbeiten vorübergehend ausgesetzt werden mussten. Die vorbereitenden Arbeiten für den rund 40 km von der Stadt Altamira entfernt geplanten Staudamm liefen vor wenigen Wochen an. Für die Staubecken sollen mehr als 500 Quadratkilomenter überflutet werden. Kritiker bezweifeln die Wirtschaftlichkeit des Projekts und fürchten, dass mehr als 50.000 Menschen umgesiedelt werden müssen. Zudem rechnen Umweltschützer wegen der schwerwiegenden Eingriffe durch Umlenkung und Aufstauung des Flusses mit unvorhersehbaren Folgen für das Ökosystem des Rio Xingu, insbesondere für die Fischbestände.

Auch der brasilianische „Rat für den Schutz von Menschenrechten“ (CDDPM) hat am vergangenen Mittwoch in Brasília in Anwesenheit der Ministerin des Sondersekretariats für Menschenrechte das Staudammprojekt scharf kritisiert. Der Vizepräsident des Rates, Percílio de Sousa Lima Nelo, warf dem Baukonsortium „Norte Energia“ vor,die „absolute Abwesenheit des Staates“ vor Ort auszunutzen. Firmenmitarbeiter würden sich als Staatsbeamte ausgeben und die lokale Bevölkerung unter Druck setzen ihr Land aufzugeben.

Die Reaktionen der Regierung, die mit der Konfrontation mit den schwerwiegenden Vorwürfen der CIDH einhergingen, lassen eindeutig erkennen, dass sie gewillt ist, Belo Monte um jeden Preis fertigzustellen.

Hohe Mitglieder der Regierung ließen verlauten, sie seien „fassungslos“. Teilweise wurden die Forderungen der CIDH gar als „Einmischung in innere Angelegenheiten“ des Landes bezeichnet. Präsidentin Dilma zeigte verbale Zurückhaltung, veranlasste jedoch das Aussetzen der gegenüber der OAS für dieses Jahr bewilligten Mittel in Höhe von 800 Millionen US$ und kündigte den Austritt Brasiliens aus der Organisation für 2012 an. Zudem rief Dilma bis auf Weiteres den brasilianischen Botschafter in der OAS aus Washington zurück nach Brasilien.