Dilma – Wandel oder Kontinuität?

<p>Kirsten Bredenbeck spricht im Interview mit radio z, dem alternativen Sender in Nürnberg, über die neue Präsidentin Dilma Rousseff.<br /><br />Interview vom 27. Januar 2011.<br /><br /><a href="http://www.freie-radios.net/portal/content.php?id=38688" target="_blank">http://www.freie-radios.net/portal/content.php?id=38688</a></p><p> </p><hr />Am ersten Januar 2011 trat Dilma Rousseff als erste Frau das Amt der brasilianischen Präsidentin an. Auf sie warten einige Herausforderungen: vor allem der Druck, das Wirtschaftswachstum in Kombination mit einer Einkommensumverteilung aufrecht zu erhalten. Darüber hinaus stehen eine Reihe struktureller Reformen an: das Gesundheits- und Bildungswesen, das soziale Sicherungssystem und das Steuersystem. Dilma Rousseff tritt als Nachfolgerin des nach Umfragen beliebtesten Präsidenten Brasiliens an und übernimmt damit ein schweres Erbe. Lula konnte mit seiner ursprünglichen Verankerung innerhalb der sozialen Bewegungen und der Arbeiterklasse trotz aller Kritik von dieser Seite bei breiten Bevölkerungsschichten punkten. Dilma Rousseff hat als Frau der Mittelklasse diesen Bonus nicht.  <br /><a href="http://www.freie-radios.net/portal/content.php?id=38688" target="_blank"></a>
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Wie Lula hat Dilma Rousseff die Interessen einer vielfältigen Regierungskoalition auszugleichen – zehn Parteien haben ihre Kandidatur unterstützt. Dabei wird Dilma Rousseff weniger Verhandlungsgeschick nachgesagt als Lula. Sie zeichnet sich eher durch technische Kompetenz in ihren Schwerpunktbereichen (Wirtschaftspolitik, Energiepolitik) aus. Insofern bleibt abzuwarten, wie Dilma der Spagat des Interessensausgleichs innerhalb der Regierungskoalition gelingen wird. Lula konnte sich auch auf internationalem Parkett großer Beliebtheit erfreuen und hatte (allerdings nicht nur hierdurch) ein hohes Gewicht bei Verhandlungen. Noch ist offen, ob Dilma Rousseff bei internationalen Zusammenkünften soviele Sympathiepunkte erreichen kann wie ihr Vorgänger.
In ihrer Antrittsrede versprach Dilma Rousseff, die Politik der Armutsbekämpfung unter Lula fortzuführen. Gleichzeitig hob sie stark hervor, dass dies ohne wirtschaftliche Stabilität nicht zu erreichen sei. Darüber hinaus betonte sie, dass sie vor allem die Bereiche Gesundheitspolitik und Bildungspolitik bearbeiten wolle. Auch dem Thema Energiepolitik wolle sie Prioriät einräumen. Andere Politikbereiche wie Umweltschutz erwähnt Dilma Rousseff nur mittelbar, die Landfrage, Indigenenpolitik, bestimmte Großprojekte wie die Ableitung des Rio São Francisco und auch frauenpolitische Fragen bleiben bei ihrer Antrittsrede gänzlich außen vor.

Wirtschaftspolitik
Die Bestätigung des Finanzministers Guido Mantega aus der alten Regierungsriege spricht ebenso für Kontinuität in der Wirtschaftspolitik wie die Ernennung des liberalen Finanzexperten Alexandre Tombini zum Chef der Zentralbank. Wirtschaftliche Stabilität, das machte Dilma Rousseff bei ihrer Amtseinführung sehr deutlich, hat für ihre Regierung absolute Priorität. Preisstabilität begreift die Präsidentin als Basis dafür, den Prozess des wirtschaftlichen Wachstums und der Armutsbekämpfung beibehalten zu können. So kündigte der brasilianische Finanzminister Guido Mantega bereits Kürzungen im Staatshaushalt an . Er begründete dies damit, dass solche Kürzungen, und damit eine rückläufige Staatsnachfrage, einer Zinssenkung durch die Zentralbank entgegenwirken könnten. Die Auditoria Cidadã da Dívida geht von einer Kürzung des Staatshaushaltes um 30 Mrd R$ aus, andere Quellen sprechen davon, dass eine Zahl von 35-40 Mrd aus dem Finanzministerium nach außen gedrungen sei . Dies entspricht einer drastischen Kürzung des Staatshaushaltes zwischen 4,3 und 5,8% . Darüber hinaus verfügte Dilma, dass bis zur endgültigen Festlegung des Haushaltes monatlich nur 1/18 des vorgesehenen Budgets freigegeben werde. Härtere Zeiten sind also zu erwarten.
Dilma Rousseff betont zu allererst, dass die Qualität der öffentlichen Ausgaben zu verbessern sei. Kürzungen finden allein im konsumptiven Bereich statt: Für die Einsparungen sollen die öffentlichen Gehälter eingefroren werden. Das Planungsministerium hat sogar einen Vorschlag zur Verfassungsänderung, der ein Ausgabenlimit für Personalkosten vorsieht. Weitere Kürzungen sieht Dilma über die Erhöung des Mindestalters für Rentenbezug und die Reduktion der Abführungen in die Rentenkasse vor. Darüber hinaus will die neue Regierung ein Veto gegen die Erhöhung des Mindestlohnes von derzeit monatlich 540 R$ einlegen, so dies im Kongress beschlossen wird. Dilma Rousseff spricht von einer maximal möglichen Erhöhung um 5 R$ . Der scheidende Präsident Lula hatte dieses Vorhaben noch an seinem vorletzten Amtstag auf den Weg gebracht.
Zugleich ist Dilma Rousseff bekannt dafür, dass sie einer starken Rolle des Staates bei der Investitionsnachfrage einen hohen Stellenwert beimißt. Folgerichtig betont sie in ihrer Antrittsrede in klarer Kontinuität zur Regierung Lula einen hohen Stellenwert des Wachstumsplans PAC. Hier sind somit keine Kürzungen zu erwarten.
Der neue Zentralbankpräsident Alexandre Tombini reduzierte jüngst das Inflationsziel für 2011 von 4,5% auf 3% . Der Zinssatz der Zentralbank wurde von 10,75% auf 11,25% erhöht. Die Hochzinspolitik unter Lula führt Dilma also fort. Aufgrund der hohen inländischen Staatsverschuldung in Brasilien binden hohe Zinsen einen beträchtlichen Teil der Staatsausgaben, die ansonsten für andere Dinge genutzt werden könnten: Das Land zahlt bereits etwa 5,4% des PIB an Zinsen für die interne Verschuldung . Dieser Prozentsatz steigt bei einer Zinserhöhung, so dass wiederum an anderer Stelle Einsparungen im Staatshaushalt erforderlich werden. Hohe Zinsen stehen zudem einer effektiven Umverteilungspolitik entgegen, da sie de facto eine Einkommenserhöhung für Kapitaleigner darstellen. 80% der Zinszahlungen des brasilianischen Staates gehen an nur etwa 20.000 Kapitaleigner . Durch die Zinszahlungen auf die interne Verschuldung findet ein Kapitaltransfer und damit eine Umverteilung von Unten nach Oben statt. Die zum Teil geäußerten Vermutungen, Dilma Rousseff werde stärker auf ein Ende der Hochzinspolitik hinarbeiten und baldmögliche Zinssenkungen veranlassen, bewahrheiten sich somit zumindest kurzfristig nicht.
Veränderungen beim Steuersystem bezeichnet Dilma Rousseff als nicht aufschiebbar, geht bislang jedoch nicht weiter darauf ein, was sie hiermit im Einzelnen meint. Die brasilianischen Staatseinnahmen fußen vor allem auf indirekten Steuern wie der Mehrwertsteuer, die von ihrem Wesen her regressiv wirkt, während Einkommenssteuern, über die eine gerechtere Einkommensverteilung ermöglicht werden könnte, eine sehr geringe Rolle spielen. Nach einer Erhebung des Conselho de Desenvolvimento Econômico e Regional von 2009 haben BrasilianerInnen mit einem Einkommen unter zwei Mindestlöhnen eine Steuerquote von 48,8% auf ihr Einkommen, während für diejenigen, die mehr als zehn Mindestlöhne erhalten, nur eine Steuerquote von 26,3% anfällt . Bleibt abzuwarten, ob die neue Präsidentin dieses heiße Eisen wirklich anpacken wird.

Armutsbekämpfung / Sozialpolitk
“Ich werde nicht ruhen, solange es noch Brasilianer gibt, die kein Essen auf dem Tisch haben” , knüpft die frischgebackene Präsidentin Brasiliens direkt an Lulas Versprechen zu Beginn seiner Amtszeit an. Dilma Rousseff will sich laut ihrer Antrittsrede für die Universalisierung und Qualifizierung der Basis-Sozialleistungen einsetzen. Hierzu soll die Regierung einen „PAC gegen die extreme Armut“ (PAC contra a miséria) erarbeiten, der ähnlich wie der Agrarreformplan von Lula konkrete Ziele enthalten soll. Angesichts der Tatsache, dass der Wirtschaftswachstumsplan PAC die zweite Amtszeit des Präsidenten Lula sehr stark prägte, weist Dilma dem Plan mit dieser Namensgebung einen entsprechenden Stellenwert zu.
Am 07. Januar gab es ein interministerielles Treffen, um die Grundlage für den Plan zur Armutsbekämpfung zu legen. Dilma will nach eigenen Angaben die Basissozialleistungen für alle Bedürftigen zugänglich machen, zugleich aber den Fokus der Förderung bei den extrem Armen darauf richten, die Kapazität der Einkommenserzielung zu stärken: durch Bildung, Ausbildungsverbesserung, Kreditmöglichkeiten, etc. Hierzu sollen die Kanäle des Programms Bolsa Família genutzt werden . In ihrer Antrittsrede beschwor die Präsidentin ihre Vision einer Mittelklasse mit starkem Unternehmertum für die gesamte brasilianische Gesellschaft. Und so geht auch der Fokus bei der Bekämpfung der extremen Armut in eine etwas andere Richtung als zuvor unter Lula.
Dem erklärten Willen zur Ausweitung der Sozialpolitik allerdings stehen derzeit die drastischen Kürzungen im Staatshaushalt und die Hochzinspolitk entgegen. Entscheidende Entlastungen beim Schuldendienst, die für einen Ausbau der Sozialpolitik genutzt werden könnten, ließen sich nur durch substantielle Zinssenkungen erreichen. Diese jedoch sind derzeit nicht in Sicht. Stattdessen setzt Dilma viel Hoffnung in den Fundo Social, einen Fonds, in den Gewinne aus dem Pré-Sal fließen sollen, den vor der brasilianischen Küste entdeckten Ölvorkommen.
Insofern verspricht Dilma zwar Kontinuität und Weiterentwicklung in der Sozialpolitik. Die stärkere Austeritätspolitik allerdings macht deren tatsächliche Umsetzung schwierig.

Gesundheits- und Bildungspolitik
“Ich will die Präsidentin sein, von der man sagt, dass sie das Gesundheitssystem konsolidiert hat und es zu einem der weltweit größten und besten öffentlichen Gesundheitssysteme gemacht hat“ , visionierte Dilma in ihrer Antrittsrede. Wie sie im Einzelnen dieses Ziel erreichen möchte, bleibt bislang allerdings offen. Zwar verspricht sie, mehr Geld für  Gesundheitspolitik bereitzustellen. Kurzfristig soll hierfür eine Finanztransaktionssteuer wieder eingeführt werden, die allerdings nur einen kleinen Betrag hierzu leisten kann. Angesichts der Einschnitte im Staatshaushalt ist fraglich, woher weitere Gelder kommen sollen. Daher betont Dilma, dass vor allem die Qualität der Ausgaben verbessert werden müsse. Ein weiteres Versprechen ist der Bau von 500 Gesundheitsstationen (unidades de pronto atendimento). Die Herausforderungen des maroden brasilianischen Gesundheitssystems jedoch werden mit solchen Einzelmaßnahmen noch längst nicht gelöst.
Ähnliches gilt für das Bildungssystem. In Dilmas Wahlkampf spielte es kaum eine Rolle. In der Antrittsrede nun schrieb sich die neue Präsidentin auf die Fahnen, die Qualität des Bildungssystems verbessern zu wollen, u.a. auch über eine stärkere Anerkennung der Leistung von LehrerInnen. Auch die öffentlichen Universitäten wolle sie weiter ausbauen, namentlich durch Ausweitung des Programms Prouni. Grundlegende Reformen aber sind auch das noch nicht. Auch hier betonte Dilma vor allem, die Qualität der staatlichen Ausgaben müsse gesteigert werden.
In beiden Bereichen bleibt noch abzuwarten, inwieweit Dilma tatsächlich Reformen in Angriff nimmt. Sollte sie allerdings diese Versprechen einlösen, so wäre dies ein klarer Unterschied zur Regierungszeit Lulas, in der diese Reformen immer weiter aufgeschoben wurden.

Agrarreform
Für eine Fortführung der Agrarreform wird es unter Dilma voraussichtlich keine gesonderten Anstrengungen mehr geben. In ihrem Wahlkampf und Regierungsprogramm erfuhr ein solches Vorhaben keine Erwähnung. Vordergründig unterscheidet sie dies zwar von ihrem Vorgänger – doch hatte Lula sich letztendlich selbst Schritt für Schritt von einer Agrarreform entfernt. So gesehen setzt Dilma nur konsequent fort, was sich bereits unter Lula abzeichnete. In diese Richtung weisen erste Berichte im Zusammenhang mit dem oben erwähnten Sozialplan: Anstatt in neue Ansiedlungen zu investieren, will die neue Regierung sich darauf konzentrieren, die Bedingungen in den bereits bestehenden Ansiedlungen im Rahmen der Sozialprogramme zu verbessern , bspw. durch Bildungsprogramme, Infrastrukturverbesserung, Produktionsförderung und Vermarktungshilfen. Zwar betont der neue Minister für Agrarentwicklung, Afonso Florence, die rechtliche Zuerkennung von Land werde nicht auf Eis gelegt, doch scheint sich ein anderer Umgang mit dem Problem der Landverteilung abzuzeichnen: Es spielt auf der regierungspolitischen Bühne keine Rolle mehr; Strukturen werden nicht mehr angetastet. Wichtigen Kampagnen der sozialen Bewegungen, wie die Anpassung der Produktivitätsindizes oder eine Obergrenze für Landbesitz, wird keine Bedeutung mehr zuerkannt. Auch eine Dichotomie von Agrobusiness und Familienlandwirtschaft sowie die Konkurrenz zwischen beiden Sektoren erkennt Dilma nicht an: „Die Unterstützung der großen Exporteure ist nicht inkompatibel mit der Förderung der Familiären Landwirtschaft und der Kleinstunternehmer“, so der Wortlaut ihrer Erklärung hierzu .
Dilma hat bereits angekündigt, dass sie Großunternehmen, das Agrobusiness und große Exporteure weiter zu stärken gedenkt. Mehrfach betont sie, deren Förderung sei ihr ebenso wichtig wie die der Familienlandwirtschaft. Zu erwarten ist, dass Dilma die Anstrengungen ihres Vorgängers bei der Exportförderung noch übertreffen wird. In diesem Zusammenhang ist sicherlich interessant, dass der ehemalige Gouverneur von Mato Grosso und größte Sojaproduzent Brasiliens, Blairo Maggi, die Wahlkampagne von Dilma Rousseff mit einer Million R$ unterstützt hat . Insgesamt hat die bancada ruralista zwar fast die Hälfte ihrer Abgeordneten bzw. Senatoren verloren, doch haben einflussreiche Abgeordnete, wie Katia Abreu und Aldo Rebelo, wieder den Weg ins Parlament geschafft, so dass von dieser Seite, wenn auch geschwächt, nach wie vor Druck zu erwarten ist.

Indigenen- und Quilombolapolitik
Bei der Indigenenpolitik übernimmt Dilma ein schweres Erbe von der Regierung Lula, die den Prozess rechtlicher Anerkennungen von Indigenengebieten, wie bspw. des Gebiets der Guaraní-Kaiowá, nicht genügend vorantrieb. Ähnliches gilt für die Anerkennung kollektiven Landbesitzes bei Quilombolas. Indigene erwähnt die neue Präsidentin überhaupt nur innerhalb einer Aufzählung ziemlich am Ende ihrer Antrittsrede, Quilombolas kommen gar nicht vor. Erschwerend kommt der Umstand hinzu, dass die Situation der Landverteilung innerhalb der Regierung nicht mehr problematisiert wird (s.o.). So gesehen läßt die Präsidentin für diesen Bereich nichts Gutes erwarten.

Umweltpolitik/ Energiepolitik
Allgemeinplätze aus Dilma Rousseffs Wahlkampf zu Umweltfragen lassen keine ökologische Wende erwarten. Umweltpolitik versteht die neue Präsidentin in erster Linie als Energiepolitik. Wichtige Themen wie Waldschutz und die Ausweisung von Schutzgebieten spielen nur eine marginale Rolle in ihrer Antrittsrede, andere, während der Regierungszeit von Lula umstrittene Bereiche, wie die Ausbreitung der Gentechnik, erwähnt sie überhaupt nicht.
Mit dem Ausspruch “wir haben die sauberste Energiestruktur der Welt” bringt sie ihren wenig kritischen Blick auf die Schwachstellen der brasilianischen Energiematrix zum Ausdruck. Agrotreibstoffe und Wasserkraftwerke verspricht sie weiterhin stark zu fördern. Insofern ist von ihr bei umstrittenen Großprojekten wie Belo Monte oder dem Ableitungsprojekt des Rio São Francisco keine andere Haltung zu erwarten als von Lula. Beide stehen für eine Politik, die diese Projekte zugunsten der Exportökonomie auf jeden Fall durchsetzen will. Es ist Dilma Rousseff ein Anliegen, die Fertigstellung des umstrittenen Staudammprojekts Belo Monte, die für Oktober 2015 vorgesehen ist, zu beschleunigen. Am 12. Januar dieses Jahres trat der Präsident der Behörde, Bayma, zurück, da Baukonsortium, Energieminister und der staatliche Energiekonzern Eletronorte massiven Druck auf ihn ausübten, die Lizenz herauszugeben, ohne dass die von der Umweltbehörde genannten Auflagen erfüllt wären. Bayma war nicht gerade für umweltpolitische Bedenken bekannt. Am 26. Januar vergab die Behörde dann eine spezifische Installationslizenz für Belo Monte, so dass das Konsortium ab sofort mit dem Bau des Stauwerks beginnen kann . Die Vergabe dieser umstrittenen Lizenz war seit Monaten erwartet worden. Dass sie nun bereits knapp vier Wochen nach Amtsantritt der neuen Präsidentin erteilt wurde, weist den Weg für den zukünftigen Umgang mit dem Thema: Keine Rücksicht auf Verluste.
Dasselbe gilt beim Thema Agrokraftstoffe. Als Botschaft an die EU mit ihren Bemühungen um eine Zertifizierung von Agrokraftstoffen ging folgende Grußadresse: „Wir werden nicht das geringste Zugeständnis gegenüber dem Protektionismus der reichen Länder machen“ . Auch hier ist also mit einem „Weiter so!“ zu rechnen.

Soziale Bewegungen
Im Unterschied zu Lula hat Dilma Rousseff keine Verwurzelung in den sozialen Bewegungen. Auch wenn Lula immer wieder die Abkehr von den sozialen Bewegungen vorgeworfen wird, so trug ihnen manche Politik seiner Regierungszeit doch Rechnung: Im Unterschied zu einigen Landesregierungen trieb Lula auf nationaler Ebene die Kriminalisierung der ländlichen Bewegungen nicht aktiv voran. Von der Umsetzung des Programms Bolsa Família und der Vermarktungsförderung für die familienlandwirtschaftliche Produktion profitierten bei aller Kritik eindeutig die ärmeren Schichten.
Durch die fehlende Verankerung Dilma Rousseffs in den sozialen Bewegungen könnten ihr Ausgabenkürzungen zu Lasten der Ärmeren deutliche leichter von der Hand gehen als ihrem Vorgänger. Auf der anderen Seite bedeutet der geringere Bezug zwischen den sozialen Bewegungen und der Präsidentin auch eine Chance für deren Mobilisierungskraft: Dilma Rousseff kann viel leichter als Gegnerin angegriffen werden, als dies bei Lula möglich war. Mit Dilma Rousseff haben die sozialen Bewegungen die Möglichkeit, sich wieder zu emanzipieren und in ihren Kämpfen und ihrer Mobilisierungskraft an Stärke zu gewinnen.