Richterliche Entscheidung verhindert Festnahme der Mörder von Aktivisten-Ehepaar Silva

<strong>Marabá, 19. Juli 2011.</strong> Nach gut zwei Monaten schließt die Polizei des Bundesstaates Pará die Ermittlungen im Falle Silva ab. Das Ehepaar Silva, welches sich seit Jahren gegen den illegalen Holzeinschlag engagierte, wurde Ende Mai in Nova Ipixuna, Marabá erschossen (KoBra berichtete). Als Auftraggeber des Mordes identifizierte die Polizei nun den Farmer José Rodrigues Moreira. Dessen Bruder und ein weiterer Komplize führten gemeinsam den Anschlag auf das Ehepaar durch. Obwohl alle drei als Täter identifiziert wurden, wurden sie aufgrund der Entscheidung eines Gerichts in Marabá nicht inhaftiert, sondern befinden sich nach wir vor auf freiem Fuß und halten sich an einem nicht bekannten Ort auf. <br />
| von Comissão Pastoral da Terra - Übersetzung von Phillip Andrae


Im Laufe der Ermittlungen wies die Polizei die vorläufige Festnahme der drei Angeklagten an, die jedoch aufgrund der Entscheidung des Richters Murilo Lemos Simão nicht vollstreckt werden konnte. Nach neuen Erkenntnissen über die Schuld der Angeklagten bat die Polizei erneut um deren Inhaftierung, um einer eventuellen Flucht entgegen zu wirken. Doch trotz der Empfehlung der Staatsanwaltschaft lehnte der Richter auch das zweite Gesuch der Polizei ab. Kurz vor Beendigung der Ermittlungen wendete sich die Polizei in einem dritten Inhaftierungsgesuch an das Gericht. Doch bevor dieses eine Entscheidung gefällt hatte, wurden die Namen der Angeklagten bei einer öffentlichen Pressekonferenz kundgetan.

Die Entscheidung des Richters ist also maßgeblich dafür verantwortlich, dass die drei Täter aus der Region fliehen konnten und dass deren Inhaftierung sich nun sehr schwierig gestaltet. Bereits in den zahlreichen anderen Fällen von Landkonflikten, die sich im Bundesstaat Pará in den vergangenen Jahren erreigneten (Gabriel Pimenta, Irmã Adelaide, Massaker von Eldorado, José Dutra da Costa, Irmã Dorothy) trug der Richter Murilo Lemos Simão dazu bei, dass die Täter straffrei davon kamen.

Seit Beginn der Ermittlungen beschuldigen Zeugen und Zeuginnen den Farmer José Rodrigues Moreira als den Drahtzieher im Falle Silva. Er würde mit anderen Farmern und Holzhändlern der Region unter einem Hut stecken und beabsichtige seine Viehzucht auf ein seiner Farm angrenzendes Gebiet auszuweiten. Er behauptete dieses Gebiet gekauft zu haben, jedoch war es  bereits von drei Familien bewohnt, die dort kleinbäuerliche Landwirtschaft betrieben. Um die Familien aus dem Gebiet zu vertreiben, tauchte er dort mit Vertretern der Zivil- und Militärpolizei auf, verjagte die Personen und setzte eines ihrer Häuser in Brand. Er nahm einen der Arbeiter fest und nahm ihn daraufhin zur Polizeiwache von Nova Ipuxina mit. Der Arbeiter wurde dort von Rodrigues Moreira und den Polizisten gezwungen, einen Vertrag zu unterschreiben, der ihn dazu verpflichtete, die Arbeit auf dem besagten Grundstück einzustellen und sein Anwesen aufzugeben.
Das Aktivisten-Ehepaar José Claudio und Maria zeigten die illegalen Aktivitäten der Polizei beim Nationalen Institut für Kolonisierung und Agrarreform (INCRA) an und unterstützten zudem die Siedler_innen bei der Rückkehr in deren Gebiete.

Einige Monate vor ihrer Ermordung machte das Ehepaar auf die Morddrohungen aufmerksam, die sie von seiten der Farmer und Holzhändler erhielten. Die dutzenden Aussagen, die im Laufe der Ermittlungen gesammelt wurden, verwiesen darauf, dass weitere Personen an der Ermordung des Ehepaares beteiligt waren. Aus diesem Grund wird von den Unterstützer_innen von José Claudio und Maria die Fortführung der Ermittlungen gefordert. Sie hoffen, dass die Verhöre, die von der Bundespolizei im Falle Silva durchgeführt werden, weitere Erkenntnisse zu Tage fördern, die die Festnahme weiterer Beteiligter vorantreiben.

Die Kommission für Landpastorale (CPT) fordert die Festnahme und die unverzügliche Inhaftierung aller Angeklagten, ein Ende der Straffreiheit und den Abschluss der Ermittlungen im Falle der Morde an Arbeiter_innen, die sich nach der Ermordung an Jóse Cláudio und Maria in der Region ereigneten.