Frauenkampftag in Manaus, Amazônia

Laut, bunt und kämpferisch wird der Weltfrauentag in Manaus und an vielen weiteren Orten Brasiliens begangen. Man sollte eigentlich einen Trauermarsch erwarten, wenn man sich die Situation vieler Frauen in Brasilien vor Augen hält. Aber in Manaus zieht eine Demonstration durch die Altstadt, die ihre Energie in die Zukunft richtet. Begleitet von Trommlerinnen und von einem Lautsprecherwagen, auf dem verschiedene Rednerinnen ihre Kampfreden vortragen. Viele junge Frauen laufen mit, Schülerinnen genauso wie etliche Männer. Feministinnen alle Altersgruppen fordern, dass der Abbau von Sozialrechten gestoppt werden muss, der Frauen besonders hart trifft. Perda de direitos? Eu nao aceito.
| von Uta Grunert
Frauenkampftag in Manaus, Amazônia
Foto: Uta Grunert, Dia da mulher 2018, Manaus

Die Transparente fordern eine Rücknahme der sogenannten Rentenreform reforma da previdencia, die für viele Frauen die sichere Arbeitsarmut bedeutet. Alle sind gegen die Gewalt, die den Alltag von Frauen prägt. Laut Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO liegt Brasilien weltweit an fünfter Stelle, wenn man weltweit Frauenmorde vergleicht. Rassismus spielt in dem Zusammenhang eine zusätzliche Rolle: Alle 23 Minuten wird eine junge Frau schwarzer Hautfarbe umgebracht.

Gerechtere Arbeitsbedingungen werden gefordert: Während im Durchschnitt eine Arbeitswoche von Frauen sich auf knapp 40 Wochenstunden beläuft, umfasst die der Männer im Schnitt nur 13,72 Arbeitsstunden. Hinzu kommen Familienarbeitsstunden, die die Frauen leiten. Diese Daten gelten laut Angaben des Forum permanente dos mulheres de manaus für mindestens 10 Länder Lateinamerikas. Gefordert wird bezahlbarer Wohnraum. In Manaus hat jede dritte Frau kein ausreichendes Einkommen. Die Lockerung der Arbeitsrechte auf Bundesebene und den Ausbau des Subunternehmertums gehen ebenfalls zu Lasten vieler arbeitender Frauen.

Transvestis und Transsexuelle kämpfen für eine Integration von Sexarbeit in den offiziellen Arbeitsmarkt. Religiöse Intoleranz ist ein weiteres Thema, das besonders Frauen betrifft, die afrobralianische Religionen wie Candomblé und Umbanda praktizieren. Allein 2017 wurden über 150 Anzeigen auf Grund von Gewalt wegen religiöser Intoleranz erstattet.

Einige fordern, die Privatisierung der halbstaatlichen Eletrobras zu stoppen, andere die Verschärfung des Abtreibungsrechts. Die Wasserprivatisierung von Manaus und ihre Folgen für Frauen wird thematisiert, mehr Kinderbetreuung, besserer Bildungszugang eingefordert.

Es fängt an zu regnen, aber das hält die Demo nicht auf. Die Reden vom Lautsprecherwagen tönen mitreißend herunter, es wird gesungen und getanzt. Die Frauen haben Power und Lebenslust, sie tragen lila, regenbogenfarben und wehren sich gegen Temer und den Ausbau eines Kapitalismus, der für viele von ihnen nur Ausbeutung und Unterdrückung bedeutet.