DOPS in Rio: Mahn- und Gedenkort gefordert

Die Bundesstaatsanwaltschaft MPF fordert, aus dem ehemaligen Gebäude des Folterzentrums DOPS in Rio endlich einen Mahn- und Gedenkort zu machen und setzt den Behörden dafür eine Frist von 60 Tagen.
| von Christian.russau@fdcl.org
DOPS in Rio: Mahn- und Gedenkort gefordert
Protest [2016] vor dem Gebäude des vormaligen Folterzentrums DOPS in Rio de Janeiro. Foto: christianrussau

Wenige hunderte Meter westlich der Kathedrale von Rio, im Stadtteil Lapa gelegen, an der Ecke der Rua da Relação und Rua dos Inválidos steht ein monumentales Gebäude, das ab 1908 erbaut und erweitert wurde und auf mehreren Stockwerken mit jeweils rund 2.000 Quadratmetern Fläche und einen Innenhof im Stil des französischen Eklektizismus beeindruckt. Das Gebäude ist in der Tat groß und imposant. Aber es ist auch ein zeithistorisches Gebäude mit langer - und auch brutaler Geschichte.

In der Ersten Republik Brasiliens (1889 bis 1930) beherbergte das Gebäude die Polizeibehörde, die Praktiken wie "Landstreicherei" und "capoeiragem" kontrollieren sollten, Begriffe, die in der Praxis dazu dienten, die Schwarze Bevölkerung und ihre kulturellen Manifestationen in der Zeit nach der Abschaffung der Sklaverei zu kriminalisieren. Ab den 1930er Jahren führte die wachsende Sorge (oder politische gewollte Panik) des Staates vor dem Kommunismus zur Schaffung einer neuen Behörde, der Sonderpolizei für politische und soziale Sicherheit, der Keimzelle des späteren DOPS. Während der Diktatur des Estado Novo, die 1937 von Getúlio Vargas errichtet wurde, spielte diese Polizeistation eine wichtige Rolle bei der Unterdrückung der so genannten politischen Subversiven. Es war auch dieses Gebäude, in dem Luis Carlos Prestes und Olga Benario inhaftiert wurden, bevor Vargas entschloss, Olga Benario an Deutschland auszuliefern. Während der brasilianischen Militärdiktatur war dieses Gebäude das Folterzentrum DOPS in Rio de Janeiro.

Seit 1987 steht das Gebäude aufgrund seiner Rolle bei der politischen Unterdrückung und schweren Menschenrechtsverletzungen während der Militärdiktatur auf der Liste des staatlichen Instituts für Kulturerbe (Inepac). Die Initiative dazu ging auf den Druck von Menschenrechtsgruppen, von Opfern und deren Angehörigen zurück, und es war unter der Amtszeit von Gouverneur Lionel Brizola, dass der Weg hin zur Umwidmung in einen Mahn- und Gedenkort des DOPS beschritten werden sollte. Aber das Gebäude wurde dennoch weiter als Archiv der Zivilpolizei benutzt. 2001 wurde das Gebäude offiziell dem öffentlichen Archiv des Bundesstaates Rio de Janeiro zugesprochen, aber der Übergang des Gouverneur:innen-Postens von Benedita da Silva auf Rosinha Garotinho im Jahre 2003 unterbrach erneut diesen Prozess und das Gebäude blieb weiterhin in den Händen der Zivilpolizei.

2009 begann Petrobras auf Nachbargrundstücken zu bauen, dabei wurden statische Schäden an dem vormaligen DOPS-Gebäude festgestellt, so dass es gesperrt werden musste. Seither ist es zu. Ab dem Jahr 2012 eröffneten die Forschung und Debatten als auch die Veröffentlichung 2014 des Berichts der Nationalen Wahrheitskommission und der staatlichen Landeskomission von Rio de Janeiro für Wahrheit die Diskussion um die Zukunft des Gebäudes. Ab 2013 entsprang aus dem Umfeld des Coletivo RJ Memória, Verdade, Justiça, Reparação e Democracia die Bewegung Ocupa DOPS, die eine Umwidmung des Gebäudes in einen Mahn- und Gedenkort von Staat, Regierung und Behörden vehement einfordert.

Und dieser Forderung hat sich nun die Staatsanwaltschaft MPF mit Nachdruck angeschlossen: Das MPF schlägt die Rückgabe des Eigentums an den Bund vor, um die Geschichte der Opfer der Repression zu bewahren und die Bearbeitung der Dokumente zu gewährleisten. Dazu hat die Bundesstaatsanwaltschaft MPF hat dem Ministerium für Management und Innovation im öffentlichen Dienst MGI und dem Bundesvermögensamt SPU empfohlen, innerhalb von 60 Tagen die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die Immobilie der ehemaligen Abteilung für politische und soziale Ordnung (DOPS) in das Eigentum des Bundes zurückzugeben. Das Gebäude in der Rua da Relação, 38/40, im Zentrum von Rio de Janeiro, soll für die Einrichtung eines Gedenkzentrums zur Verteidigung der Menschenrechte und der sozialen Gruppen, die Opfer staatlicher Gewalt wurden, genutzt werden.

// Christian Russau

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