Bundesstaatsanwaltschaft veröffentlicht Umsetzungsplan zur Einrichtung einer Nationalen Indigenen Wahrheitskommission

Acht Jahre nach der Empfehlung durch den Abschlussbericht der Nationalen Wahrheitskommission leitet die brasilianische Bundesstaatsanwaltschaft MPF den Weg hin zur Einsetzung der Nationalen Indigenen Wahrheitskommission ein.
| von Christian.russau@fdcl.org
Bundesstaatsanwaltschaft veröffentlicht Umsetzungsplan zur Einrichtung einer Nationalen Indigenen Wahrheitskommission
Gebäude der Bundesstaatsanwaltschaft MPF. Hier: Unterstelle im Bundesstaat Pará, Altamira. Foto: christianrussau [2016]

Die brasilianische Bundesstaatsanwaltschaft MPF veröffentlichte auf ihrer Webseite die am 4. Dezember verfasste sogenannte "nota técnica" zur Einrichtung einer Nationalen Indigenen Wahrheitskommission. Unterzeichnet durch den regional zuständigen Staatsanwalt Marlon Alberto Weichert und den Staatsanwalt Edmundo Antonio Dias wird in dem Dokument gefordert, dass dieser Prozess unter Beteiligung der indigenen Völker Brasiliens und im Einklang mit den Forderungen der Konvention 169 der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) erfolgen müsse. Das MPF fordert in dem Dokument auch, dass die spezifischen Ziele der Nationalen Indigenen Wahrheitskommission festgelegt werden und dass die Definition ihres zukünftigen Mandats, die Art ihrer Zusammensetzung, ihrer Befugnisse sowie Dauer und der Zeitpunkt ihrer Arbeit ebenso wie der Gegenstand ihrer historischen Analyse umfassend zu sein habe.

Die Einrichtung einer solchen Nationalen Indigenen Wahrheitskommission wurde im Abschlussbericht der Nationalen Wahrheitskommission CNV im Jahr 2014 als erster nächster dringend zu erfolgender Schritt für einen breit angelegten kollektiven Wiedergutmachungsprozess für indigene Völker aufgrund der historischen Verletzungen ihrer Rechte empfohlen. Der Abschlussbericht der Nationalen Wahrheitskommission hatte damals darauf hingewiesen, dass die "indigenen Völker in Brasilien in der Zeit zwischen 1946 und 1988 unter schweren Menschenrechtsverletzungen litten", die "systemische Verletzungen darstellten, da sie direkt einer strukturellen Politik des Staates resultierten, der sowohl durch seine direkten Handlungen als auch durch seine Unterlassungen dafür verantwortlich war".

Der Abschlussbericht der Nationalen Wahrheitskommission schätzte damals, dass im Zeitraum der brasilianischen Militärdiktatur (1964-1985) mindestens 8.350 Indigene getötet wurden, dass dies aber wahrscheinlich nur ein kleiner Teil der begangenen Rechtsverletzungen gewesen sei. "Die tatsächliche Zahl der in diesem Zeitraum getöteten Indigenen muss exponentiell höher sein, da nur ein sehr begrenzter Teil der betroffenen Indigenen analysiert wurde und es Fälle gibt, in denen die Zahl der Todesfälle so hoch ist, dass Schätzungen nicht möglich sind."

Die jetzige Entscheidung des MPF folgt auf die Mitte November in Minas Gerais stattgefundende Anhörung der zuständigen Staatsanwaltschaften, bei dem es um die Einsetzung einer landesweiten Indigenen Wahrheitskommission zur öffentlichen Aufklärung der Verbrechen der brasilianischen Militärdiktatur an Indigenen ging, KoBra berichtete. Über die Einsetzung einer Nationalen Indigenen Wahrheitskommission muss gleichwohl die Politik entscheiden.

// Christian Russau