In Brasilien bleibt der Regen aus

 Dürre: Viele Flüsse führen kaum noch Wasser. Einer der Gründe könnten die Hurrikane in Amerika sein. Aber auch Rodungen sorgen für den Klimawandel.
| von Roland Knauer (Hamburger Abendblatt)

Brasilia - Feuchtheiße, schweißtreibende Luft und Amazonas-Regenwald gehören einfach zusammen. In diesem Jahr aber ist alles anders. In Brasilien machen sich die Niederschläge rar, die Pegel der Flüsse fallen, mit Waldbränden muß gerechnet werden. Was im Süden aber zuwenig vom Himmel fällt, kommt weiter im Norden überreichlich: Hurrikane überschwemmen mit ihrem Regen Mittelamerika und die Golfküste der USA. Fatalerweise könnten Dürre und Unwetter direkt miteinander zusammenhängen, erklärt Martin Visbeck vom Leibniz-Institut für Meereswissenschaften in Kiel.

Dort untersucht der Wissenschaftler den Nordatlantik, und der ist in diesem Jahr besonders warm. Sind die Wassermassen zwischen der Karibik und der Westküste Afrikas wie in diesem Jahr bereits zwischen Februar und April kräftig aufgeheizt, schaffen es die Wolken seltener als in kühleren Perioden in das Amazonasgebiet und regnen sich weiter im Norden ab. Genau in dieser Zeit aber fallen im brasilianischen Regenwald im Durchschnitt die meisten Niederschläge. Selbst wenn in den späteren Monaten alles normal ist, kann dieser Mangel so leicht nicht mehr aufgeholt werden.

Im Norden dagegen bleibt der Atlantik zwischen Karibik und Afrika auch im Sommer und Herbst recht warm. Wie auf einer gigantischen Heizplatte verdampfen dort riesige Wassermengen und heizen so Hurrikane an. Die aber peitschen nicht nur mit zerstörenden Extremwinden die Fluten auf, sondern setzen eben auch mit sintflutartigen Regenfällen Amerika unter Wasser. Verbrennt die Menschheit Kohle, Öl und Gas, heizt das dabei entstehende Treibhausgas Kohlendioxid die Erde auf. Allerdings stehen wir noch am Anfang dieser Erwärmung, schränkt Wolfgang Lucht vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) ein. Die Dürre hat ihre Ursachen möglicherweise aber auch in normalen Wetterschwankungen, die es auch früher schon gab.

PIK-Forscher Wolfgang Lucht hat trotzdem den Menschen in Verdacht, seine Finger bei der Dürre im Amazonas-Regenwald im Spiel zu haben. Überall schlagen Menschen Schneisen in den Regenwald, planieren Straßen und Pisten und brennen Bäume nieder, um Weideland für Rinder zu schaffen. Während bisher die Feuchte unter dem Blätterdach des Regenwaldes blieb, entweicht sie jetzt durch die Waldränder neben den Pisten und Weiden. Vorher völlig undenkbare Waldbrände werden durch diese schleichende Austrocknung möglich, und genau davor warnen die Behörden in Brasilien.

Der Klimawandel verstärkt dieses Austrocknen durch Roden wohl noch. In Zukunft könnte es sogar noch viel schlimmer kommen. Teile des Amazonas-Regenwaldes könnten zur Wüste werden, warnt Richard Betts vom britischen Hadley-Zentrum für Klimaprognosen und Forschung. Eine El Nino genannte Klima-Anomalie tritt in seinen Modellen bei steigenden Temperaturen häufiger auf und senkt die Niederschläge im Amazonasgebiet. Fehlt den Bäumen das Wasser, stirbt der Wald, und eine Savanne entsteht. Obwohl dort die Temperaturen steigen, verdunstet weniger Wasser, und es fällt noch weniger Regen. Ein ähnlicher Kollaps des Regenwaldes könnte auch passieren, wenn wärmeres Atlantikwasser nicht nur die Hurrikan-Saison anheizt, sondern auch die Niederschläge weiter im Norden hält. Oder der Regenwald ist so stabil, daß der Klimawandel ihm in absehbarer Zukunft nichts anhaben kann. Auch das könnte nach Meinung von Klimaforschern passieren.