Monsanto Tribunal in Den Haag

Am Freitag, den 14.Oktober 2016 wird der Prozess gegen Monsanto in Den Haag eröffnet. Fünf international renommierte Richter werden 30 Zeugen und Experten aus 5 Kontinenten anhören.
| von Monsanto Tribunal
Monsanto Tribunal in Den Haag
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Kontext des Projekts:

Kritiken gegen Monsanto zufolge hat der multinationale Konzern bislang Wege gefunden, die durch seine Erzeugnisse verursachten Schäden an Mensch und Umwelt zu ignorieren und seinezerstörerischen Praktiken mittels einer Strategie systematischer Verdeckung von Tatsachen (Lobbyismus bei Aufsichts- und Regierungsbehörden, Lügen und Korruption, Finanzierung betrügerischer wissenschaftlicher Studien, Ausübung von Druck auf unabhängige Wissenschaftler, Manipulation von Presseorganen usw.) weiter zu verfolgen.

Das Projekt beruht auf der Feststellung, dass zivilrechtliche Verfahren gegen den amerikanischen Großkonzern heute die einzige Möglichkeit darstellen, eine Entschädigung der Opfer einzufordern. Diese Verfahren bergen zahlreiche Hürden für die Opfer, die zögern, Zeit und Geld in einen Prozess mit ungewissem Ausgang zu investieren. Wenn sich ein Unternehmen wie Monsanto angeklagt wird, strebt es eine gütliche Beilegung der Streitigkeiten an, um eine Rechtsprechung zu seinen Lasten zu verhindern.

Bis heute gibt es kein Rechtsinstrument, das die strafrechtliche Verfolgung von Unternehmen wie Monsanto und seiner Geschäftsführer als Verantwortliche für Verbrechen gegen die menschliche Gesundheit oder gegen die Integrität der Umwelt ermöglicht.

Jedes Jahr stellt Monsanto kolossale Summen zurück, um rechtlichen Schritten entgegenzuwirken, die von Menschen eingeleitet werden, die seinen Erzeugnissen zum Opfer gefallen sind. Dies jedoch bewegt das Unternehmen nicht dazu, seine Praktiken zu ändern. Solange es sich für die Anteilshaber rentabler gestaltet, die Gesellschaft Risiken auszusetzen - und im Gegenzug von Zeit zu Zeit einige Opfer zu entschädigen, falls ein Verfahren eingeleitet wird - werden diese Praktiken weiter bestehen bleiben.

Die Geschichte von Monsanto ist somit ein Paradigma der Straffreiheit transnationaler Unternehmen und ihrer Geschäftsführer, die zum Klimawandel und zur Störung der Biosphäre beitragen und die Sicherheit des Planeten gefährden.

Das vorliegende Projekt richtet sich also nicht ausschließlich an Monsanto. Neben diesem Unternehmen steht das gesamte agroindustrielle System im Fokus des Tribunals. Über Monsanto hinaus geht es darum, mit diesem Prozess ein Exempel zu statuieren, um alle multinationalen Konzerne und Unternehmen, die mit ihrem unternehmerischen Verhalten die durch ihre Entscheidungen hervorgerufenen Schäden an Gesundheit und Umwelt unbeachtet lassen, zur Verantwortung zu ziehen.


Allgemeine Zielsetzung des Tribunals:

Bewirkung eines Urteils, wenngleich symbolisch, gegen das Unternehmen Monsanto durch ein aus öffentlich befähigten Richtern bestehendes Tribunal gemäß der Funktionsweise eines internationalen Gerichtshofes und Förderung der Implementierung internationaler Mechanismen, die Opfern multinationaler Konzerne ermöglichen, gegen dieselben rechtliche Schritte einzuleiten.


Spezifische Zielsetzung:

  • Bewertung der dem Unternehmen Monsanto vorgeworfenen Tatsachen und Beurteilung der durch den Großkonzern im Hinblick auf die geltende internationale Gesetzgebung verursachten Schäden;
  • Bewertung der Tätigkeit von Monsanto bezüglich des Tatbestands des Ökozids, dessen Einbeziehung in das internationale Strafrecht von Bürgerbewegungen eingefordert wird;
  • Untersuchung der Möglichkeit einer Reform des Römischen Statuts zur Schaffung des internationalen Strafgerichtshofs, um den Tatbestand des Ökozids in dasselbe aufzunehmen und die strafrechtliche Verfolgung natürlicher und juristischer Personen, die dieses Verbrechens verdächtigt werden, zu ermöglichen.


Angestrebte Ergebnisse / Resonanzen des Tribunals:

Die öffentlichen Meinungsbildner und politischen Entscheidungsträger werden genauere Kenntnisse über die Praktiken des Unternehmens Monsanto und ihre Auswirkungen auf die Umwelt und die grundlegenden Menschenrechte erhalten.

Das Tribunal wird zur Sensibilisierung bezüglich der Gefahren der industriellen und chemischen Landwirtschaft und der Notwendigkeit, das landwirtschaftliche Paradigma zu ändern, beitragen.

Das Tribunal wird die laufenden Diskussionen anregen, um zu verdeutlichen, was es bedeutet, ein Unternehmen für die Verletzung von Grundrechten, wie unter anderem des Rechts auf Nahrung, des Rechts auf Gesundheit und des Rechts auf Information, zur Verantwortung zu ziehen.

Die Arbeit des Tribunals wird ermöglichen, Opfern und ihren rechtlichen Vertretern juristische Argumente und Grundlagen zur Verfügung zu stellen, um die gerichtlichen Maßnahmen gegen das Unternehmen Monsanto auf nationaler Ebene zu erleichtern.

Das Tribunal wird auf die Notwendigkeit einer Reform des internationalen Rechts aufmerksam machen, um Menschen, die den Praktiken transnationaler Unternehmen zum Opfer fallen, einen tatsächlichen Zugang zur Justiz zu ermöglichen. Das Tribunal wird am Beispiel des Unternehmens Monsanto aufzeigen, warum es von grundlegender Bedeutung ist, den Tatbestand des Ökozids im internationalen Recht aufzunehmen.


Funktionsweise des Tribunals:

* Zur Bewertung des Verhaltens des Unternehmens Monsanto stützt sich das Tribunal auf die Leitprinzipien der Vereinten Nationen für Wirtschaft und Menschenrechte, die im Juni 2011 vom UN-Menschenrechtsrat verabschiedet wurden, und auf das Römische Statut zur Schaffung des internationalen Strafgerichtshofs (International Criminal Court, ICC) zur Verurteilung mutmaßlicher Urheber von Verbrechen des Völkermords, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen und Verbrechen der Aggression.

In den Leitprinzipien der Vereinten Nationen für Wirtschaft und Menschenrechte sind auf internationaler Ebene die Verantwortlichkeiten von Unternehmen im Hinblick auf die Menschenrechte rechtswirksam dargelegt. Gemäß diesen Leitprinzipien sind Unternehmen zur Einhaltung der Gesamtheit der Menschenrechte, einschließlich des Rechts auf Leben, des Rechts auf Gesundheit und des Rechts auf eine gesunde Umwelt, verpflichtet. Sie legen die Erwartungen der Gesellschaft gegenüber den Unternehmen fest und bilden eine Rechtsgrundlage, auf die sich Beschwerdeführer stützen können, um gegenüber Monsanto eine Wiedergutmachung der aus der Tätigkeit desselben entstandenen Schäden einzufordern. Des Weiteren wird das Tribunal untersuchen, ob bestimmte Praktiken von Monsanto als Straftatbestand behandelt werden können, entweder gemäß dem geltenden internationalenStrafrecht oder auf der Grundlage des Tatbestands des Ökozids, dessen Anerkennung kontinuierlich fortschreitet.

* Im Vorfeld der Sitzung beschäftigen sich Arbeitsgruppen mit der Untersuchung der Auswirkungen der Tätigkeit von Monsanto im Hinblick auf die 6 nachstehenden Referenzgrundlagen:

  • Recht auf eine gesunde Umwelt
  • Recht auf Gesundheit
  • Recht auf Nahrung
  • Freie Meinungsäusserung und wissenschaftliche Forschungsfreiheit
  • Teilhabe an Kriegsverbrechen
  • Tatbestand des Ökozids


Referenzgrundlagen:

1. Referenzgrundlage: Hat das Unternehmen Monsanto durch seine Tätigkeit das Recht auf eine sichere, saubere, gesunde und nachhaltige Umwelt gemäß den internationalen Menschenrechtsnormen (Res. 25/21 des Menschenrechtsrats vom 15. April 2014) im Hinblick auf die Verantwortung, welcher Unternehmen im Rahmen der vom Menschenrechtsrat in seiner Resolution 17/4 vom 16. Juni 2011 verabschiedeten Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte (Guiding Principles for Business and Human Rights) unterliegen, verletzt?

2. Referenzgrundlage: Hat das Unternehmen Monsanto durch seine Tätigkeit das Recht auf Nahrung gemäß Artikel 11 des Internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, gemäß Artikel 24.2(c) und (e) und 27.3 des Übereinkommens über die Rechte des Kindes, gemäß Artikel 25(f) und 28.1 des Übereinkommens zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau im Hinblick auf die Verantwortung, welcher Unternehmen im Rahmen der vom Menschenrechtsrat in seiner Resolution 17/4 vom 16. Juni 2011 verabschiedeten Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte unterliegen, verletzt?

3. Referenzgrundlage: Hat das Unternehmen Monsanto durch seine Tätigkeiten das Recht auf das erreichbare Höchstmaß an Gesundheit gemäß Artikel 12 des Internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, oder das Recht des Kindes auf das erreichbare Höchstmaß an Gesundheit gemäß Artikel 24 des Übereinkommens über die Rechte des Kindes im Hinblick auf die Verantwortung, welcher Unternehmen im Rahmen der vom Menschenrechtsrat in seiner Resolution 17/4 vom 16. Juni 2011 verabschiedeten Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte unterliegen, verletzt?

4. Referenzgrundlage: Hat das Unternehmen Monsanto die zu wissenschaftlicher Forschung unerlässliche Freiheit gemäß Artikel 15 Absatz 3 des Internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte sowie das Recht auf freie Meinungsäußerung gemäß Artikel 19 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte im Hinblick auf die Verantwortung, welcher Unternehmen im Rahmen der vom Menschenrechtsrat in seiner Resolution 17/4 vom 16. Juni 2011 verabschiedeten Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte unterliegen, verletzt?

5. Referenzgrundlage: Hat sich das Unternehmen Monsanto zum Komplizen eines Kriegsverbrechens gemäß Artikel 8 Absatz 2 des Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs durch die Lieferung von Materialien an die Armee der Vereinigten Staaten von Amerika im Rahmen der im Jahre 1962 in Vietnam eingeleiteten Operation „Ranch Hand“ gemacht?

6. Referenzgrundlage: Erfüllen die in der Vergangenheit und Gegenwart erfolgten Tätigkeiten des Unternehmens Monsanto den Tatbestand des Ökozids, eines Verbrechens, das darin besteht, eine schwerwiegende Schädigung der Umwelt oder die Zerstörung derselben zu bewirken, um großflächige Gemeindeländereien oder Ökosystemleistungen, von denen bestimmte menschliche Gemeinschaften abhängig sind, auf verheerende und dauerhafte Weise zu beeinträchtigen?


* Das Monsanto-Tribunal wird relevante Zeugenaussagen und einen umfassenden Datenbestand zusammentragen. Olivier De Schutter, Professor für Rechtswissenschaften an der Université de Louvain, wird gemeinsam mit rund vierzig Studenten die Unterlagen der Opfer durcharbeiten und die Anklagepunkte ermitteln. Sie werden die rechtlichen Schriftsätze erarbeiten, die von den Klägern und ihren Anwälten in ihrem Plädoyer genutzt werden können.

* Hochrangige Juristen, Magistrate, Anwälte und Richter aus den fünf Kontinenten werden für das Gerichtsverfahren des Tribunals mobilisiert. Der Gerichtshof wird von zwei Co- Vorsitzenden geleitet.

* Vor dem Monsanto-Tribunal werden rund 20 Kläger aus Amerika, Europa, Asien und Afrika angehört. Die klagenden Parteien werden durch einen in diesen Fällen erfahrenen Anwalt vertreten.

* Das Tribunal wird sich auf die allgemeinen Grundsätze des Zivilverfahrensrechts stützen. Folglich wird das multinationale Unternehmen Monsanto eingeladen, seine Argumente vorzutragen. Monsanto wird in seiner Rolle als Beklagter die vollumfängliche Möglichkeit geboten, auf die Behauptungen der Kläger einzugehen, die rechtliche Qualifikation seiner Verhaltensweisen in Frage zu stellen und die Forderungen der angeblichen Opfer anzufechten.

* Gleichermaßen wie am Internationalen Gerichtshof nimmt der Vorsitzende die Unterlagen all derjenigen entgegen, die an einer Mitwirkung interessiert sind. Die Rechtsvertreter werden ihre Schlussfolgerungen ausarbeiten und den Richtern vorlegen. Darüber hinaus werden sie vor Gericht erscheinen, um ihre Plädoyers abzuhalten. Die Opfer (bzw. andere bei der Sitzung Anwesende) haben ebenfalls die Möglichkeit, den Richtern ihre Unterlagen vorzulegen, und die Kläger können vor Gericht das Wort ergreifen. Die Richter werden nach einer Beratung zu den 6 Fragen eine rechtliche Meinung formulieren, wobei sie sich auf die von den Anwälten und Klägern vorgelegten Unterlagen stützen werden.

* Der Gerichtshof wird sein Urteil im Dezember 2016 fällen.


Für das Projekt mobilisierte Expertise:

Ins Leben gerufen wurde das Projekt von einer Gruppe aus Persönlichkeiten der Zivilgesellschaft mit vielseitigen fachlichen Hintergründen und umfangreichem Expertenwissen zu den im Zusammenhang mit den im Rahmen des Monsanto-Tribunal behandelten Themen und Streitfragen. Diese Gruppe wird zudem von anderen Vertreter der Zivilgesellschaft unterstützt, die ebenfalls über eine für das Projekt relevante Expertise verfügen. Diese Personen bilden das  Organisationskomitee des Monsanto-Tribunals, mit der Verpflichtung, ihre Expertise im Wesentlichen auf ehrenamtlicher Basis dem Projekt zur Verfügung zu stellen (vgl. vollständige Mitgliederliste des Organisationskomitees im Anhang).

Im Hinblick auf die Expertise ist zudem hervorzuheben, dass sich die Studenten mehrerer Universitäten in die Forschungs- und Fallstudienphase einbringen werden:

  • Université de Louvain (Belgien)
  • Yale University (USA)
  • Université de Bordeaux (Frankreich)


Organisationen der Zivilgesellschaft, die das Projekt unterstützen: Siehe Liste im Anhang

Organisationen der Zivilgesellschaft der fünf Kontinente werden aufgerufen, bei der Identifizierung und Auswahl der Richter, Anwälte, Kläger und Zeugen mitzuwirken.

Sie sind eingeladen, sich an der Verbreitung von Informationen über das Projekt in ihren jeweiligen Ländern und der Mobilisierung der Bevölkerung zu beteiligen.

Sie werden mobilisiert, um an der Organisation des Bürgerforums mitzuwirken, das parallel zum Monsanto-Tribunal abgehalten wird.


Zeugnisse

Damit alle Bürger und Bewegungen der Welt die Möglichkeit erhalten, sich im Rahmen dieses beispielhaften Prozesses zu äußern, wird ihnen vom Internationalen Monsanto-Tribunal dieses Formular zur Verfügung gestellt, um Informationen oder Zeugenaussagen zu übermitteln, die vom Organisationskomitee des Monsanto-Tribunals bearbeitet werden.

Wenn Ihr Beitrag für eine Zeugenaussage im Rahmen des Bürgerforums (14. -16. Oktober 2016) oder für die Anhörung vor dem Tribunal (15. und 16. Oktober 2016) in Frage kommt, erhalten Sie von uns eine Benachrichtigung.

Vielen Dank.

Quelle: Website Monsanto Tribunal