Fischern und Fischen an den Kragen

Brasiliens Agrarministerin Kátia Abreu streicht Kleinfischern die sozialen Ausgleichszahlungen für die Schonzeit - und zum Ausgleich wird die Schonzeit für die Laichzeit der Fische gleich mit abgeschafft.
| von Christian Russau
Fischern und Fischen an den Kragen
Brasiliens Kleinfischerei geht es an den Kragen.Photo: Christian Russau

Seit einigen Monaten ist die Preisträgerin von 2010 des Ruhm- und Ehre-Titels "Goldenen Motorsäge", Kátia Abreu, Chefin des Landwirtschaftsministerium, das seit einiger Zeit auch die Regie über das Fischereiministerium übernommen hat und somit die agrar-, vieh- und fischerwirtschaftlichen Belange Brasiliens unter ihrer Fuchtel hat. Und nun hat Abreu den rund eine Million Kleinfischern im Lande die letzten verbliebenen Ausgleichszahlungen - die während der Schonzeit der Fische zum Laichen als soziale Kompensation an die Kleinfischern gezahlt wurden - ersatzlos gestrichen. Dies gilt für die nächsten 120 Tage. Bereits im März dieses Jahres hatte Brasiliens Regierung das Dekret 8.424 zur Neuregelung des Schonzeitenausfallgelds veröffentlicht und im Juni mit der Vorläufigen Durchführungsbestimmung MP 665/2014 nachgelegt, die auch für die Kleinfischer weitere massive Einschnitte bei sozialrechtlichen Bestimmungen wie Bolsa Família beispielsweise für ihre Berufsgruppe vorsah.
Abreu argumentiert nun zur Begründung, dass die 3,4 Milliarden Reais, die im Jahr 2015 in Form von Schonzeitausgleichszahlungen an die Fischer ausgezahlt wurden, auf eine Gesamtempfängerzahl von rund eine Million Kleinfischer hindeute - eine Zahl, die den statistischen Erhebungen des Zensus widerspreche. Um den von der Ministerin daraus abgeleiteten Mißbrauch vorzubeugen, hat sie nun flugs die Schonzeitausgleichszahlungen gleich als Ganzes gestrichen. Damit entfällt den Kleinfischern des Landes ein Schonzeitenausfallgeld in Höhe eines gesetzlichen Mindestlohnes je Monat von 788 Reais (umgerechnet 184 Euro).

Dass das Fischereiministerium selbst den eigenen Zahlen zufolge seit Jahren immer von der Zahl von einer Million Kleinfischern im Lande ausgeht, ließ die Ministerin unerwähnt. Um den Fischern aber ihre Lebensgrundlage nicht vollends zu entziehen, so schaffte Ministerin Kátia Abreu - hier der Bericht des Portals jusbrasil zur Verkündung im offiziellen Diário da União Brasiliens  - die Schonzeit für die Fische für die nächsten Monate gleich komplett ab. Dies gelte für einen Großteil der brasilianischen Gewässer. Ob den Fischern damit geholfen ist, ist wohl mehr als fraglich: Schonzeiten während der Laichzeiten sind essentiell für den Erhalt der Populationen - und somit auch für die Zukunft der Kleinfischerei an sich. Aber die Ministerin der "Goldenen Motorsäge" setzt auch hier ihre Kettensäge an.