Alte, sich erschöpfende Bohrlöcher, die ihren Produktions-Höhepunkt überschritten haben, wurden unter der Regierung von Jair Bolsonaros privatisiert und werden weiterhin von Unternehmen wie Eneva, Seacrest und Imetame ausgebeutet, wobei immer riskantere und veraltete Technologien zum Einsatz kommen, in Espírito Santo, Bahia, Sergipe, Rio Grande do Norte und Amazonas. Leckagen sind konstant. Diese alten, für die nationale Produktion unbedeutenden Bohrlöcher sollten - statt weiterer Ausbeutung - von Petrobras geschlossen werden, um die Anrainer-Familien und Gemeinden für die jahrzehntelange Verseuchung und Landenteignung angemessen zu entschädigen.
Es gibt beispielsweise keine Entschädigung für die über 1.100 Familien in Topolândia an der Nordküste São Paulos, deren Häuser, Boden, Luft und Wasser durch Petrobras-Öl und -Gas verseucht wurden, wo seit 2008 viele Fälle von Krebs dokumentiert sind.
Das Programm des Menschenrechtsministeriums zum Schutz von Umwelt- und Menschenrechtsverteidiger:innen schützt weder die Anführer noch die Frauen oder die Gemeinden vor der Gewalt der Unternehmen und des Staatapparates. Ölkonzerne engagieren Sicherheitsfirmen, um Kritiker:innen einzuschüchtern. Öffentliches Anprangern von Umwelt- und Menschenrechtsverbrechen der Erdölindustrie wird durch die Komplizenschaft von Exekutive, Legislative und Judikative zum Schweigen gebracht oder durch Greenwashing der Unternehmen unsichtbar gemacht. Bei öffentlichen Anhörungen werden die Rechte der traditionellen Gemeinschaften auf eine vorherige, freie, informierte und entscheidungsbefugte Konsultation gemäß der ILO-Konvention 169 nicht respektiert. In den Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVP-RIMAs) werden keine Konditionen für die Ölförderung, Entschädigungen oder gar Reparationen festgelegt.
In ihrem geopolitischen Bündnis mit der internationalen Ölindustrie schließt die Regierung Lula Alckmin Brasilien an die Kooperation Erdöl- und nicht-Erdölfördernder Staaten (OPEC+) an und hält die Öl- und Gasexporte nach Israel während des Völkermords in Gaza aufrecht. Sie arbeitet außerdem mit dem argentinischen Präsidenten Javier Milei zusammen, um eine Gaspipeline zur weiteren Ausbeutung von Fracking im Vaca Muerta (eine der weltgrößten Lagerstätten fossiler Kohlenwasserstoffe im Neuquén-Becken in den Provinzen Neuquén, Río Negro, La Pampa und Mendoza) und Gas aus dem bolivianischen Amazonasgebiet zu bauen, wo Petrobras indigene Mobilisierungen unterdrückt. Mit Blick auf das Äquatorialbecken sagte der Geschäftsführer von Shell Brasilien 2023, dass "der letzte Tropfen Öl von Shell aus Brasilien kommen wird".
Regierung und Unternehmen argumentieren, dass sie im Namen der Sicherheit oder der Energiewende immer mehr Öl fördern müssten. Gleichzeitig propagieren sie als "Lösungen" gegen den Klimawandel die Kohlenstoffmärkte (den Handel mit CO2-Verschmutzungszertifikaten) und investieren massiv in "grüne" Propaganda unter den Etiketten "kohlenstoffneutral", "kohlenstofffrei", "naturbasierte Lösungen", ESG [die Berücksichtigung von Environment (Umwelt), Social (Soziales) und Governance (Regierungsführung)], "Green Economy" (grünes Wirtschaften) sowie kohlenstoffarme Wirtschaft. Bei der Berechnung ihrer Kohlenstoffneutralität oder des Kohlenstoff-Fußabdrucks schwimmender Öl-Plattformen (150.000 Barrel/Tag) oder eines Hafens (300.000 Barrel/Tag) berücksichtigen die Ölgesellschaften nicht die Anzahl der tatsächlich geförderten, transportierten und gelagerten Barrel - das heißt, sie übernehmen keine Verantwortung für die Emissionen, die sie in Verkehr und die Atmosphäre bringen.
Die Anti-Erdöl-Kampagne fordert abschließend: Die Finanzierung der Energiewende darf nicht durch die Industrie für fossile Brennstoffe und die Förderung von mehr Erdöl erfolgen. Die Expansion muss gestoppt werden und die bereits produzierte Energie gerecht verteilt werden, mit Vorrang für die Familien und die Bevölkerung.