Die Lateinamerika Nachrichten werden 50 Jahre alt

Am 28. Juni 1973 erschien die erste Ausgabe der Chile-Nachrichten. Seitdem produziert ein ehrenamtliches Redaktionskollektiv jeden Monat eine Ausgabe der später in Lateinamerika Nachrichten (LN) umbenannten Zeitschrift. Was damals in Solidarität mit der Regierung der Unidad Popular in Chile begann, hat sich in den vergangenen fünf Jahrzehnten verstetigt. Heute sind die LN eine Institution in der deutschsprachigen Berichterstattung zu Entwicklungen in Lateinamerika und der Karibik. Sie berichten in Form gut recherchierter Beiträge, Reportagen, Interviews mit Expert*innen vor Ort, Analysen und Meinungstexten – immer kritisch, immer solidarisch, immer unabhängig.
| von hannah.dora@kooperation-brasilien.org
Die Lateinamerika Nachrichten werden 50 Jahre alt
Quelle: https://lateinamerika-nachrichten.de/

// Solidarisch in die nächsten 50 Jahre!
Der bis heute spärlichen und oft oberflächlichen Lateinamerika-Berichterstattung vieler großer
Medien im deutschsprachigen Raum setzen die LN seit 50 Jahren eine differenzierte und
kritisch-solidarische Berichterstattung entgegen. Susanne Brust, seit mehreren Jahren Teil
des Kollektivs der Lateinamerika Nachrichten, erklärt, dabei gehe es nicht nur darum,
Informationsquelle zu sein: „Die kritisch-solidarische Berichterstattung bedeutet für uns auch, die gesellschaftlichen Verhältnisse in Lateinamerika genau zu analysieren und zu hinterfragen.“ Dass das durchaus Widerhall in Diskussionen in der BRD hatte, zeigt die Aufklärung über enge
Verbindungen bundesdeutscher Politiker*innen wie Franz Josef Strauß zum Pinochet-Regime in
Chile. Auch waren es die LN, die im deutschsprachigen Raum mit als erste über die Verbrechen
in der deutschen Sektensiedlung Colonia Dignidad berichteten und das auch weiterhin tun.
In den LN haben Artikel über soziale Bewegungen und Einzelpersonen aus Lateinamerika,
die sich für eine gerechtere und herrschaftsfreie Welt engagieren, einen festen Platz. Neben
Texten zu politischen Themen gibt es in jedem Heft einen Kulturteil. Hinzu kommen Dossiers zu
Schwerpunktthemen, zuletzt zur neuen progressiven Welle in Lateinamerika, Protest-
bewegungen in Lateinamerika und Perspektiven auf und gegen patriarchale Gewalt.
Im Bewusstsein ihrer 50jährigen Geschichte versteht sich die LN-Redaktion als Teil linker
Bewegungen. Das wird auch in der Organisationsstruktur deutlich: Bis heute wird die Zeitschrift
von einem Kollektiv von 20 bis 25 Redakteur*innen in ehrenamtlicher Arbeit produziert – eine
Besonderheit in der deutschsprachigen Medienlandschaft. Als offenes Kollektiv bleibt die
Redaktion immer „jung“, ohne das vorhandene Wissen zu verlieren. Antonella Navarro ist erst
seit kurzem dabei. Sie erzählt: „Als ich zum ersten Mal zu LN kam, fühlte ich mich in die 1970er
Jahre versetzt. Nicht nur wegen des Privilegs, ein Archiv voll alter Zeitschriften über
Lateinamerika zur Verfügung zu haben, sondern auch wegen des Gefühls, Teil einer
unterstützenden und engagierten Gemeinschaft zu sein.“ Unterstützt wird die Redaktion von
einem wachsenden Netzwerk von Autor*innen und Fotograf*innen in Lateinamerika.
Auch 50 Jahre nach dem Erscheinen der ersten Ausgabe ist die Berichterstattung der LN
unverzichtbar. Gemäß dem Motto „Solidarisch in die nächsten 50 Jahre!“ soll das Jubiläum
zum Anlass genommen werden, darüber nachzudenken, was Solidarität heute bedeutet und wie
die Zukunft der LN aussehen kann. Im Zuge dessen hat die Redaktion Anfang des Jahres damit
begonnen, sich stärker mit Kollektiven der lateinamerikanischen Diaspora in Deutschland zu
vernetzen und diesen in der Berichterstattung ein stärkeres Gewicht zu geben.
Anlässlich des Jubiläums bringen die LN im Juni ein Sonderheft heraus, das ganz der bewegten
Geschichte der Lateinamerika Nachrichten gewidmet sein soll. Komplett in Farbe gedruckt setzt
sich die Redaktion mit für die deutsche sowie lateinamerikanische Linke zentralen
Fragestellungen der vergangenen 50 Jahre auseinander. Zudem werden Interna ausgeplaudert.
Auch Herausforderungen für die Arbeit der LN und Zukunftsperspektiven solidarischer
Pressearbeit werden beleuchtet. Erscheinungsdatum ist der 20. Juni 2023.