264 | Brasilien hat eine große Vergangenheit vor sich

Hunger, Covid-19, Demokratieabbau - die Liste der Krisen in Brasilien ist lange. Die Beiträge in diesem Heft beschäftigen sich mit aktuellen Entwicklungen, dem Stand der Demokratie und der Soli-Arbeit im deutschsprachigen Raum. Das Heft dient außerdem der Vorbereitung unserer KoBra-Frühjahrstagung in Hamburg vom 25. - 27.März 2022 "30 Jahre KoBra - 30 Jahre Brasilien. Wo stehen wir?". Wir treffen uns endlich wieder in Präsenz und freuen uns auf den Austausch! Einige Teile davon werden zusätzlich hybrid übertragen, eine Online-Teilnahme ist also auch möglich.
| von tilia.goetze@kooperation-brasilien.org
264 | Brasilien hat eine große Vergangenheit vor sich

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Inhalt:

Die Reformen zur Verfestigung des Prekariats und die Resistenz der brasilianischen Gewerkschaftsbewegung
Waldeli Melleiro

Die UN-Klimakonferenz (COP26) in Glasgow 2021: Brasilien und Widerstand der Zivilbevölkerung
Claudia Horn

"Brasilien ist mehr als Bolsonaro" - Die Pandemie, das Sistema Ùnico da Saúde (SUS) und der Impfstoff
Lila Sax dos Santos Gomes

Advocacy-Arbeit als Tool für Menschenrechtsarbeit
Camila de Abreu und Christian Russau

Was wären die heutigen Kämpfe ohne das Vermächtnis derjenigen, die sich der Diktatur widersetzten?
Tiago Coelho

Emanzipative Kunst und indigener Aktivismus auf der 34. Biennale in Sao Paulo - ein Nachruf auf Jaider Esbell
Uta Grunert

+1C@fé - Im Gespräch bleiben
Fabian Kern

Hungerkrise in Rios Peripherien - ein Aufruf zur Unterstützung
Jan S. Hutta und Frank I. Müller

Editorial

Wir schreiben den 30. Geburtstag von KoBra, ein Grund zurückzublicken auf die bewegte Geschichte Brasiliens und der Soliarbeit. Das soll auf unserer Frühjahrstagung passieren. Ein Blick auf die derzeitige Situation lässt wenig Anlass zum Feiern. Die Zeit im Wahljahr 2022 scheint zurückgespult: Menschenrechte und Demokratie sind seit dem Amtsantritt von Bolsonaro so bedroht, wie seit dem Ende der brasilianischen Militärdiktatur nicht mehr. Seit dem Putsch 2016 werden Demokratie und öffentliche Sicherungsmaßnahmen abgebaut. Errungenschaften, für welche die Gewerkschaftsbewegung seit der Militärdiktatur gekämpft hatte, wurden mit der aktuellen Regierung überschrieben.

Auch die derzeitige Hungersituation katapultiert uns zurück in die Vergangenheit. 31 Millionen Menschen sind betroffen, es handelt sich vor allem um die marginalisierte Bevölkerung in den Peripherien. Wo die Regierung der Bevölkerung keine Grundsicherheit gewährleistet, werden soziale Bewegungen aktiv und unterstützen mit Nahrungsmittelpaketen oder Aufklärungen zum Impfangebot. Hier spielt auch das öffentliche Gesundheitssystem SUS eine starke Rolle. Die hohen Impfraten lassen sich in Brasilien auch durch den Konsens in der Gesellschaft erklären, dass es keine Alternative zur Impfung gibt. Entgegen der Propaganda des Präsidenten.

Zum Glück ist Brasilien mehr als „Bolsonaro“. Dennoch erlebt das Land die Zuspitzung in sozialer, wirtschaftlicher und politischer Hinsicht spätestens seit dem Beginn der COVID19-Pandemie. Hinsichtlich der Umwelt ist die Klimakrise inzwischen im Bewusstsein vieler Menschen angekommen. Auch in Brasilien ist sie deutlich spürbar und hat sich mit starken Regengüssen und Überschwemmungen in diesem Januar wieder gezeigt. Die Konsequenzen treffen in Brasilien wie überall auf der Welt die ärmsten Teile der Bevölkerung. Wohl gerade deshalb zeigten sich auf der COP26 Regierung und Zivilbevölkerung gespalten, denn das von Brasilien unterzeichnete Waldabkommen steht im Widerspruch zu Bolsonaros Plan, Bergbau in indigenen Gebieten zuzulassen.

Dieses Heft zeigt, wie wichtig die Kontinuität sozialer Bewegungen und der Soliarbeit ist. Das brasilianische Geschichtsbuch setzt sich aus Blättern zusammen, die gewendet werden können, so wie dies in der Vergangenheit möglich war. Die Konsequenzen der Regierungen Temer und Bolsonaro können nicht gelöscht oder vergessen werden, die sozialen Bewegungen und die künftige Regierung können jedoch durchaus neue Kapitel schreiben.

Die Redaktion