250 / 251 | Jugend Brasiliens

Mitreden und Zukunft gestalten
| von Brasilicum Redaktion
250 / 251 | Jugend Brasiliens
Titelbild Brasilicum 250/251

Einzelbezug:

Jetzt bestellen

Schließen Sie ein Abonnement ab und unterstützen Sie die politische Bildungsarbeit von KoBra.

 

Inhalt

# Brasilien vor der Wahl
Adriano Martins

# Jugenddiskriminierung - Folge fehlender Sozialpolitik
Regina Leão

# Die Bildung von Paulo Freire bis heute
Delci Maria Franzen

# Nationales Erziehungskollektiv der MST und ITERRA
Roseli Salete Caldart

# Gelegbte Utopie: Ein Bildungsportrait
Suanny Martins

# Indigene Lehre
Georg Grünberg und Kristina Kroyer

# Freiwilligenarbeit in Monte Azul
Tatiane Andrade und Tobias Debald

# Fußball für den Frieden
Ralf Willinger

# Bildung, Gewalt und Jugend im Nordosten
Patrícia da Costa Santos und Ricardo Rian Galdino da Silva

# „Achtung: Der Preis für Gleichgültigkeit ist mein Leben"
Annette Mokler

# Von Ijé Ófè zu Abayomi  - Qilombolajugend in Amazonien
Silke Tribukait und Christina Schug

# AdoleScER - Veränderung und Perspektive beginnt bei der Jugend in den Favelas
Christina Schug

# Alternativer Journalismus in Brasilien
Lana Souza

# „Agro ist Pop“ als Kampf um kulturelle Hegemonie
Thomas Fatheuer

 

Editorial


Seit Monaten dreht sich in Brasilien alles um die Wahlen. Wer wird neuer Präsident oder Präsidentin? Wie werden die politischen Kräfteverhältnisse für die kommenden Jahre ab Mitte Oktober 2018 aussehen? Was bedeutet das für die Kämpfe der sozialen Bewegungen, die schon in den Jahren nach dem Impeachment ihre Errungenschaften dahinschwinden sahen? Werden die politischen Divergenzen im Rahmen demokratischer Strukturen fair ausgetragen? Schließlich wurden auf der Straße, in den sozialen Medien und in offiziellen Wahlkampfsituationen extreme politische Positionen sichtbar. Für und gegen Bolsonaro – auf dieses einfache Schwarz-Weiß-Muster wurde der Wahlkampf zuletzt reduziert. Für die einen ein Heilsbringer, für die anderen eine zivilisatorische Bedrohung. Im ersten Wahlgang erhielt er mit 46 % mit großem Abstand die meisten Stimmen. Ist das allein mit der Suche nach der vermeintlich starken Hand zu erklären? Oder mit Politikverdrossenheit? 40% der Jungwähler*innen dürfen zum ersten Mal wählen, laut Gesetz ab dem Alter von 16 Jahren.
Wir wollten uns bei der Planung des Runden Tisch Brasilien 2018 bewusst nicht nur auf die Analysen und Debatten nach einer erhitzten Wahl konzentrieren. Stattdessen haben wir das Thema „Jugend Brasiliens– Mitreden und Zukunft gestalten“ auf die Agenda gehoben. Neben der Wahlkampfanalyse wollten wir den Blick auf junge Menschen lenken: Ihre Bedürfnisse und Zukunftsvisionen, ihre Vorstellungen von einer gerechteren Gesellschaft und ihrem Beitrag dazu. Aber auch auf die schwierige Ausgangslage in einer diskriminierenden Gesellschaft mit gewalttätigen Alltagsszenarien und mühsamen Bildungsbiographien. Bewusst lenken wir den Blick auf Projektansätze, die sich dagegen auflehnen und erreichen, dass Jugendliche und junge Erwachsene sich emanzipieren und für eine andere Zukunft eintreten können.
Dabei wurde schnell klar, dass „die brasilianische Jugend“ aus vielen unterschiedlichen Gesichtern besteht und wie die brasilianische Gesamtbevölkerung eine sehr plurale ist. In Brasilien spricht man daher auch von „Jugenden“. Sie sind alle jung und wollen die Zukunft ihres Landes mitgestalten, aber ihre Voraussetzungen für Bildungszugang, Teilhabe an politischer Mitgestaltung, selbstbewusstem Eintreten für eigene Interessen sind sehr unterschiedlich. Quotenregelungen an staatlichen Hochschulen und Instituten hatten beispielsweise noch unter der Regierung Rousseff sichergestellt, dass auch Menschen mit indigener oder afrobrasilianischer Abstammung einen höheren Bildungsabschluss erzielen konnten. Das Stipendienprogramm war jedoch unter der Regierung Temer eingestellt worden, statt 2.500 Studierenden sollten nur 800 mit finanzieller Unterstützung studieren können.
Wie auch immer die Wahl ausgehen mag, die neuen politischen Kräfte werden die schwierige Aufgabe haben, ein gespaltenes Land zu einen und konstruktive Zukunftsperspektiven für ihre Jugenden zu schaffen.


die Redaktion