Gewerkschaftsdachverband CUT ruft zum Generalstreik gegen Regierung Temer auf

Der Bundesvorstand des größten brasilianischen Gewerkschaftsdachverbandes CUT (Central Única dos Trabalhadores) hat am 30.5. eine Resolution unter dem Titel „Den Generalstreik vorbereiten um den Putsch zu stoppen“ auf seiner Homepage veröffentlicht. Das ist ein Meilenstein in der Geschichte der CUT und könnte das politische Klima in Brasilien wieder zuspitzen.
| von Christoph Hess
Gewerkschaftsdachverband CUT ruft zum Generalstreik gegen Regierung Temer auf
Fahne des Gewerkschaftsdachverbandes CUT

Die CUT ging Anfang der 80er Jahre zusammen mit der Arbeiterpartei PT aus den großen Streiks in der Region São Paulo hervor und hat sich in den 90er Jahren als größter Gewerkschaftsdachverband etabliert. Sie ist traditionell eng mit der PT verbunden und hat aktiv deren Präsidentschaften unter Lula und Dilma unterstützt – auch wenn der Verband zuletzt im zweiten Mandat von Dilma den Ton wegen deren Wirtschaftspolitik verschärft hatte. Dilma hatte nach der gewonnen Wahl 2014 auf einen „wirtschaftsfreundlicheren“ Kurs gesetzt um die Opposition gegen sie einzudämmen. Das ging von Flexibilisierungen des Arbeitsrechts, einer angekündigten „Haushaltsanpassung“ (ajuste fiscal) bis zu einer Kabinettsumbildung welche dem Bündnispartner PMDB mehr Ministerien und Einfluss brachte.

Genützt hat´s im Endeffekt nichts, wie wir inzwischen wissen. Die PMDB hat Anfang dieses Jahres die PT bzw. Dilma endgültig fallen gelassen und das Amtenthebungsverfahren (Impeachment) im Parlament durchgesetzt. Dilma wurde abgesetzt und deren Vize-Präsident Michel Temer (PMDB) wurde (vorrübergehender) Präsident – und hat eine Koalitionsregierung aus Oppositionsparteien gegründet. Seine ersten Maßnahmen zielen alle darauf ab das (nationale und internationale) Unternehmerlager freundlich zu stimmen und so das Wirtschaftswachstum wieder anzukurbeln. In der Logik der brasilianischen Eliten heisst das: Arbeitsrechte flexibilisieren und abbauen, staatliche Ausgaben massiv senken, Privatisierungen weiter führen, und u.a. eine Rentenreform durchzuführen.

Die CUT ist von alledem alles andere als begeistert. Wenn sie sich auch bisher relativ zurückgehalten hat scheint jetzt das Maß voll zu sein. In der Resolution erklärt der Vorstand:

„Die angekündigten wirtschaftlichen Maßnahmen der illegitimen Regierung zeigen die wahren Ziele des Putsches auf: Rechte der Arbeiterklasse abbauen, die Löhne massiv senken, Investitionen und Aktionen des Staates in Bildung, Gesundheit und dem sozialen Bereich reduzieren, öffentliche Unternehmen privatisieren und die Ausbeutung unserer Reichtümer, wie dem Pré-Sal (Tiefsee-Erdölvorkommen, Anm.d.Verf.), den transnationalen Unternehmen zum Plündern aushändigen.“

Und deshalb:

“Um den Putsch und seine neoliberale Politik zu besiegen wird die CUT, über all die bereits realisierten Demonstrationen hinaus, jetzt den Prozess zur Vorbereitung des Generalstreiks einleiten.“

Dafür sollen Gewerkschaftsversammlungen an der Basis und Plenarien auf Ebene der Bundesstaaten bis Ende Juni durchgeführt werden. In der ersten Juli-Hälfte wird dann eine erweiterte Bundesvorstandssitzung über die Situation und die Vorbereitung beraten und ggf. den Streik beschliessen. Die CUT hat auch angekündigt den Vorschlag mit anderen Verbänden zu diskutieren und eine verbandsübergreifende Versammlung einzuberufen.

Damit dürfte das politische Klima für die neue Interimsregierung Temer rauer werden. Bereits zwei Minister der neuen Regierung mussten wegen Skandalen zurücktreten, weshalb der Start der neuen Regierung von vielen Analysten als durchwachsen angesehen wird. Sollte der Generalstreik der CUT erfolgreich vorbereitet und durchgeführt werden könnte das eine erste ernsthafte Prüfung für die Regierung werden.