Medienbericht: Agrarreform in Brasilien im Jahr 2017 zum absoluten Stillstand gekommen

Laut UOL-Bericht im Jahr 2017 null Familien im Rahmen der Agrarreform angesiedelt.
| von Christian Russau
Medienbericht: Agrarreform in Brasilien im Jahr 2017 zum absoluten Stillstand gekommen
MST-Besetzung in Espírito Santo. Foto: Christian Russau

Laut dem Bericht des Nachrichtenportals UOL kam in Brasilien im Jahr 2017 die Agrarreform zum absoluten Stillstand: keine ("null") Familien wurde demnach durch das Landreformprogramm angesiedelt. 2016 waren es demnach 1.686 Familien, 2015 waren es 26.335 Familien, 2014 waren es 32.019 Familien, 2013 waren es 30.239 Familien, 2012 waren es 23.075 Familien, 2011 waren es 22.012 Familien, 2010 waren es 39.479 Familien, 2009 waren es 55.498 Familien, 2008 waren es 70.157 Familien, 2007 waren es 67.535 Familien, 2006 waren es 136.358 Familien, 2005 waren es 127.506 Familien, 2004 waren es 81.254 Familien, 2003 waren es 36.301 Familien, 2002 waren es 43.486 Familien, 2001 waren es 63.477 Familien, 2000 waren es 60.521 Familien.

UOL beruft sich dabei auf Auskunft der brasilianischen Agrarbehörde Incra (Instituto Nacional de Colonização e Reforma Agrária). Die Behörde Incra beruft sich laut dem UOL-Bericht auf eine durch den brasilianischen Bundesrechnungshof TCU erlassenen, bis September vergangenen Jahres geltenden Umsetzungsstopp für Ansiedlungsprojekte im Rahmen der Agrarreform sowie auf die Gesetzesänderung Lei 13.465, die am 11. Juli 2017 in Kraft trat und die die Kriterien und die Auswahl der im Rahmen der Agrarreform zu begünstigen Personen änderte. Laut Incra sei aber das diesbezügliche Dekret vom De-facto-Präsidenten Michel Temer bis heute nicht veröffentlicht worden, so dass die Umsetzung der Agrareformpolitikmaßnahmen derzeit nicht erfolgen könne.

Der UOL-Bericht zitiert den Wissenachaftler für Umwelt und nachhaltige ländliche Entwicklung, Professor Sergio Sauer von der Universidade von Brasília, der den absoluten Stillstand bei der Agrarreform allerdings mit mangelndem politischen Willen der Regierung, die Agrarreform durchzuführen, erklärte. "Es stimmt zwar, dass das TCU-Urteil eines der den Prozess blockierenden Elemente war, aber bei weitem nicht das Einzige", so Sauer. "Schon vor 2016 gab es Haushaltsmittelprobleme, es gab aber auch den politischen Willen der Umstrukturierung der Agrarreformpolitik". Die Idee dahinter, so Sergio Sauer, war: "Es sollten mehr Mittel in Entwicklung gesteckt werden, so zum Beispiel in den Ausbau der kleinbäuerlichen Kreditfonds, und dergestalt die konfliktreicheren Programm wie die Agrarreform zurückzuschrauben", sagt Sauer.  Nach dem Amtsenthebungsverfahren Dilma Rousseffs sei die ganze Situation noch viel schlimmer geworden. "Die neue Regierung hat nicht das geringste Interesse daran, auch nur irgendeine Art von Agrarreformprogramm durchzuführen." Bestes Beispiel dafür: Eine der ersten Amtshandlungen des De-Facto-Präsidenten Michel Temer war die Auflösung des Agrareformministeriums, das nun als deutlich weniger bedeutendes Sekretariat dem Präsidialministerium angegliedert ist. "Gab es also vorher [zu Ende der Regierungszeit von Dilma Rousseff] Haushaltsmittelkürzungen, so gibt es nun heute nicht einmal mehr einen letzten Rest an politischen Willen, neue Ansiedlungsprojekte oder die Anerkennung traditioneller Territorien durchführen zu lassen", so der Professor.