Total außer Kontrolle: Die Situation bei Genmais

In diesen Tagen beginnt in Brasilien die Maisernte, und damit auch die erste Genmaisernte mit zugelassenem Genmais. Bei Genmais liegt das Risiko der Kontamination ungleich höher als bei Soja, da die Befruchtung über Pollen stattfindet.
| von admin

Die brasilianischen Abstandsregelungen sind mit 100 Metern bzw. nur 20 Metern Sicherheitsabstand sehr gering. Viele Bauern fürchten die Verseuchung ihrer Felder durch Pollenflug. Erst in ihrem jüngsten Bericht forderte die Abteilung des Agrarentwicklungsministeriums für Agrarstudien und ländliche Entwicklung (Núcleo de Estudos Agrários e Desenvolvimento Rural), Nead, die CTNBio auf, die Abstandsregelungen zu revidieren, um die Bauern nicht zu gefährden.

Doch die Auskreuzung geschieht nicht nur auf dem Feld, sondern inbesondere auch durch gemeinsam verwendete Maschinen und Fahrzeuge bei Pflanzung und Ernte. In der Praxis zeigt sich, dass etliche Produzenten auf die Trennung von Genmais und herkömmlichem Mais verzichten, da sie nicht über die nötige Infrastruktur bei Ernte, Transport und Lagerung verfügen. Diejenigen Bauern, die Genmais anbauen, haben kein gesteigertes Interesse am Erwerb zusätzlicher Maschinen, um eine Verseuchung zu vermeiden – die Leidtragenden sind die Produzenten von herkömmlichem Mais, die entweder zusätzliche Investitionen tätigen müssen, oder sich diese gar nicht erst leisten können. Auch die vom Biosicherheitsgesetz vorgesehene Prüfung wird in vielen Bundesstaaten nicht durchgeführt. Damit ist die Situation beim Genmais völlig unkontrollierbar geworden, so dass die Verseuchung von herkömmlichem Mais in kurzer Zeit vollständig sein wird. Bauern, die herkömmlichen Mais produzieren, können ihren Abnehmern keine Gentechnik-Freiheit mehr garantieren, was deren Existenz gefährdet, wenn hierdurch Verträge nicht eingehalten werden können. Es besteht also die Gefahr eines Bauernsterbens gerade bei denjenigen Bauern, die herkömmlichen Mais produzieren. Auch die Lebensmittelindustrie wird unter den Folgen leiden, da sich ein Grenzwert von 1% gentechnisch veränderten Zutaten so kaum noch einhalten läßt. Auch Genmais als unvermeidbarer Bestandteil der Nahrungskette ist damit nur noch eine Frage der Zeit.

Das Verbraucherinstitut IDEC wandte sich am 7. Mai gemeinsam mit dem FNECDC (Fórum Nacional das Entidades Civis de Defesa do Consumidor) in einem Brief an den Agrarminister, Reinhold Stephanes, und forderten sofortige Maßnahmen zur Überprüfung der genmanipulierten Produktion auf allen Produktionsstufen, inklusive bei der Fleischproduktion. Die Organisationen fordern die Einhaltung der Regelungen zur Information über den Gehalt von Gentechnik in den Lebensmitteln oder Zutaten. Auch wollen sie Informationen über die Maßnahmen zur Überprüfung der Soja- und Maisproduktion. Doch ist aufgrund der Erfahrungen der letzten Jahre in Brasilien kaum anzunehmen, dass diese Aufforderungen irgendeine Wirkung entfalten werden.